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Unmemory

Patrones y Escondites

Cooles Leserätsel mit Style

Ist es ein Videospiel zum Lesen? Ein Roman zum Spielen? Wurscht: Das originelle Interactive-Fiction-Game „Unmemory“ überzeugt mit Originalität und viel Style.

Von Rainer Sigl

Ich wache auf und erinnere mich an nichts. Im Nebenzimmer liegt eine tote Frau. So beginnt das Mobile-Game „Unmemory“, doch diesem Anfang, den man so oder ähnlich schon in einigen Noir-Filmen und Thrillern gesehen hat, folgt kein 0815-Videospiel, sondern eines der interessantesten Leseabenteuer der jüngeren Vergangenheit.

„Unmemory“ ist ein originelles Stück Interactive Fiction, das heißt, dass ich hier hauptsächlich mit Lesen beschäftigt bin. Eigentlich meinte der Begriff einmal klassische Textadventures, in denen ich per Befehlseingabe - „go north“ - ein Abenteuer vorantreibe, doch das ist hier nicht nötig. Wie in einem normalen Ebook lese ich, was gerade passiert, doch immer wieder tauchen ganz unterschiedliche interaktive Elemente, Audioclips oder Filmschnipsel auf.

Unterwegs mit den Kunst-Riot-Grrls

In „Unmemory“ wird sowohl gelesen als auch gerätselt. Ein Lichtschalter zwischen zwei Absätzen lässt neue Sätze erscheinen, weiter unten im Text finde ich ein Handy, dessen PIN-Code ich mir aus Hinweisen zusammenreimen muss, oder ich muss eine Uhr verstellen, um voranzukommen, und so weiter.

Aus dem Text und diversen interaktiven Elementen ergeben sich in jedem Kapitel knifflige Rätsel, für die ich wie ein echter Detektiv logisch schlussfolgern und aufmerksam nach Hinweisen suchen muss. Schnell stellt sich heraus, dass die ermordete Frau Mitglied einer Gruppe von jungen Konzeptkünstlerinnen war; ihre Spur führt in eine stylische Halbwelt zwischen Kunst und Verbrechen. Weil mein Protagonist ähnlich dem Helden des Kultfilms „Memento“ ein gröberes Gedächtnisproblem hat, versinkt die abenteuerliche Suche nach dem Mörder und Hintergründen bald im Nebel der unzuverlässigen Erinnerung. Wer treibt hier sein Spiel mit mir - und warum?

Unmemory

Patrones y Escondites

Originell und wirklich cool

„Unmemory“, entwickelt vom katalanischen Studio Patrones y Escondites und veröffentlicht von Plug In Digital, ist für iOS, Android sowie Windows, Mac und Linux erschienen.

„Unmemory“ schafft es, seine spannende Geschichte mit Rätseln zu spicken, die mich immer wieder dazu zwingen, mir klassisch auf Papier Notizen zu machen und auch mal um die Ecke zu denken. Zum Glück ist es dabei so logisch, dass ich mit genug Grübeln auch schwierige Herausforderungen früher oder später knacke. Seine Geschichte schafft außerdem das Kunststück, trotz einiger Noir-Klischees überraschend und vor allem in Sachen Setting und Präsentation wirklich cool zu bleiben - die „Killer Kittens“, also jene Girl Gang zwischen Kunst- und krimineller Unterwelt, sind spannende Figuren, deren Geschichte man mit wachsender Faszination aufdeckt.

Wer am Indie-Detektivspiel „Return of the Obra Dinn“ die logische Rätselherausforderung schätzt und am Mobile-Klassiker „Device 6“ das clevere Spiel mit Typografie und Text bewundert, darf mit „Unmemory“ ins Leserätsel einsteigen. Wer etwas für originelle Spielideen übrig hat, sattelfest in Englisch ist und sich wie ein echter Detektiv fühlen will, wird mit diesem stylischen Spiel seine Freude haben.

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