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Alfie Templeman

Sarah Louise Bennett

Alfie Templeman: 17, Brite, Musiker mit möglicherweise großer Zukunft

Alfie Templeman ist siebzehn Jahre alt, wohnt noch bei seinen Eltern in der englischen Stadt Bedford, nördlich von London und kreiert dort Alternative-Pop, der vom Indie-Rock kommt, aber diverse weitere Genres miteinbezieht. Jetzt legt Alfie Templeman mit der EP „Happiness In Liquid Form“ seine bisher stärksten Songs vor.

Von Eva Umbauer

Das Telefon läutet nur kurz, schon hebt Alfie Templeman ab, den Telefonhörer, aber auch im übertragenen Sinn: Seine Songs sind etwas ganz Besonderes in der gegenwärtigen Pop-Landschaft. Alfie „Superstar“ Templeman schon bald? „Ach was“, wiegelt der junge Brite höflich ab, aber, klar, er ist bereit.

Was immer sein oder auch vielleicht nicht sein wird, wenn man die unbändige Leidenschaft hat, Musik zu machen, Songs zu schreiben, Konzerte zu spielen, dann hält einen nichts davon ab, auch wenn das vielleicht heißen könnte „to die by the roadside“, wie Robert Plant von den britischen Rockband-Giganten Led Zeppelin einmal gesagt hat. Und da sind wir auch schon mitten drinnen in der Welt des Alfie Templeman, wo Led Zeppelin einen hohen Stellenwert haben. „I copied Jimmy Page!“, lacht er am anderen Ende der Leitung.

Von Led Zeppelin zu The Vaccines

Alfie Templemans Liebe für und Respekt vor Musik, die vor so langer Zeit entstanden ist, ist herzerwärmend. Alfie Templeman erforscht gerne die Pop- und Rock-Geschichte. Er mag Tim Buckley und dessen Sohn Jeff - manche sagen, Alfie sieht aus wie ein junger Jeff Buckley - , und Bob Dylan oder auch Marvin Gaye, den großen amerikanischen Soul-Sänger. Alfie Templemans Track „Forever Isn’t Long Enough“, einer der Songs seines aktuellen Mini-Albums „Happiness In Liquid Form“, erwähnt dann auch einen der Hits von Marvin Gaye, nämlich „Sexual Healing". Alfie singt: „Marvin sings about healing...“. Alfie Templeman liebt, wie das Schlagzeug in „Sexual Healing“ von Marvin Gaye klingt, und auch die Gitarre, eine Stratocaster.

Das Wort „sexual“ aus „sexual healing“ lässt Alfie Templeman in „Forever Isn’t Long Enough“ weg, so wie Alfie Templeman charmant-entrüstet auf die Frage reagiert, ob denn sein Mini-Album-Titel „Happiness In Liquid Form“ gar etwa eine Drogen-Referenz ist: „Wo denkst du hin“, lacht er, „ich bin doch erst 17 Jahre alt! Orangensaft ist eine Art von ‚happiness in liquid form‘“, lacht Alfie. Seine erste EP hieß „Orange Juice“.

Plattencover zu Alfie Templemans "Happiness in liquid form"

Chess Club Records

„Happiness In Liquid Form“ von Alfie Templeman ist bei Chess Club Records erschienen.

Alfie Templeman stört es nicht, dass ihn alle auf sein Alter ansprechen, auf seine noch so jungen Jahre, oft meinend, wie es denn möglich sei, dass er mit siebzehn Jahren schon so versiert sei, was das Songschreiben, das Singen und Produzieren betrifft, und nicht zuletzt auch sein Multiinstrumentalistentum.

Alfie Templeman setzt mit seiner Musik ein Statement

Auch von ihm hoch respektierte Musiker wie die bereits erwähnten Tim Buckley oder Bob Dylan waren schließlich noch sehr jung, als sie schon tolle künstlerische Arbeit machten. Noch so jung zu sein, aber mit Musik präsent zu sein, ist an sich schon ein Statement, meint Alfie Templeman im FM4-Interview.

Schon mit sieben Jahren begann Alfie Templeman, Schlagzeug zu spielen, mit acht bekam er seine erste Gitarre. Er kommt aus einer musikalischen Familie. Seine Mutter liebt klassischen Soul, sein Vater sucht im Internet nach günstigen alten Gitarren, bastelt dann an ihnen herum, repariert sie, sodass sie dann toll klingen, und auch die Schwester von Alfie Templeman ist musikalisch, spielt Klavier und Trompete. Als eher „working class“ denn „middle class“ bezeichnet Alfie Templeman seine Familie. Er hat immer lange gespart, bis er sich wieder ein Musikinstrument geleistet hat, oder Opa hat ausgeholfen. Der Großvater ist dann auch in einem der Videos zu sehen.

Im Gegensatz zu einem anderen jungen britischen Songschreiber und Multiinstrumentalisten, nämlich Declan McKenna, ist Alfie Templeman weniger direkt in seinen Texten und Themen. „Declan macht das super“, sagt Alfie, „wie er Themen, die vor allem, aber nicht nur, junge Menschen betreffen, in seinen Songs anspricht.“ Alfie Templeman hat ebenfalls seinen ganz eigenen Zugang zu Songtexten.

In „Things I Thought Were Mine“ geht es etwa darum, dass man auch Dinge verliert, wenn man seinen Weg geht und dabei eben immer weiter geht, sich vielleicht immer mehr entfernt von Früherem. Das Stück hat kaum Hall auf der Aufnahme liegen, hat einen smoothen Bass und einen tollen Synthesizer und erhabene G-Funk-Elemente, während „Wish I Was Younger“ von einem Mann handelt, der sich wünscht, seine Frau schon früher getroffen zu haben, um mehr Zeit mir ihr gehabt zu haben.

Von besten Freunden, auf die man verzichten kann

Alfie Templeman denkt trotz seiner Jugend viel an die Endlichkeit des Lebens, etwa im Song „Forever Isn’t Long Enough“. Vielleicht hat eine Krankheit dazu beigetragen, denn letztes Jahr wurde bei Alfie Templeman eine seltene Lungenkrankeit diagnostiziert. Sie betrifft junge Menschen, sie beeinträchtigt ihn zwar nicht, aber er muss vorsichtig sein, sich nicht mit dem Corona-Virus anzustecken. Eine schwierige Zeit, ingesamt und insbesonders mit dieser Krankheit, aber Alfie Templeman ist trotzdem voller Energie.

Dennoch empfindet er immer wieder, und besonders zur Zeit, etwas Deprimierendes. Um Gefühle der Depression, die ständig wiederkehren, oder eigentlich latent immer da sind, geht es im Song „Your Best Friend“, einer Zusammenarbeit mit der Musikerin Jess Eastwood von der englischen Newcomer*innen-Band Coach Party, die beim selben Plattenlabel wie Alfie Templeman zuhause ist. „My Best Friend“ ist ein atmosphärischer, melancholischer Track.

Archetypisch britische Musik, up to date

Die musikalische Farbenpalette des Alfie Templeman ist mittlerweile ziemlich groß, sie kann auch schon einmal schreiend und neonfarben sein. Eskapismus mit Mitsing-Refrains, perfekt für Konzerte - die es zur Zeit leider nicht gibt. Man wird schmerzlich erinnert, dass es diesen letzten Sommer keine Festivals gab, wo Alfie Templeman mit den Fingern geschnippt hätte. Er wäre gekommen, hätte gesehen und gesiegt. Es war dennoch ein gutes Jahr für ihn, meint Alfie Templeman, weil er richtig viel schreiben und komponieren konnte.

Alfie Templeman begann mit Indie-Gitarrenpop, hat inzwischen aber allerlei musikalische Einflüsse in seiner Musik verarbeitet, will soviel wie möglich davon unterbringen. Die Tracks mit all seinem eindrucksvollen Songwriting sind nun eklektischer und größer, mutiger und heller. Sie sind verspielter „sweet & easy“-Pop mit solidem Groove, verschachtelten Beats und federleichtem Herzschlag. Manchmal klingen sie nach den US-Bands MGMT oder Forster The People, sind dabei aber immer archetypisch britische Musik, up to date, aber immer auch etwas nostalgisch. Letztlich mehr analog als digital.

Aber auch ein Indie-Pop-Wunderkind kann manchmal ein wenig Unterstützung gebrauchen: den Song „Happiness In Liquid Form“ hat der Bedroom-Musiker Alfie Templeman zusammen mit Justin Young von der Londoner Band The Vaccines geschrieben. Sein Plattenlabel hat ihn mit Justin zusammengebracht, und „"Obvious Guy“ ist zusammen mit Nick Hodgson, dem ehemaligen Schlagzeuger der Kaiser Chiefs, entstanden.

Im Jahr als die Kaiser Chiefs begannen, wurde Alfie Templeman geboren. Ihre Musik kennt er dennoch. Alle in England lieben die Kaiser Chiefs, sagt Alfie Templeman im FM4-Interview. Wer soviel Begeisterung, soviel jugendlichen Enthusiasmus hat, ist wahrlich nicht zu stoppen. Go, Alfie Templeman, go!

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