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Ein Meerschweinchen schaut groß

CCO / Pixabay Pezibear

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Peter Balkos Debütroman „Zusammen sind wir unbesiegbar“

Kindheitserzählungen erfreuen sich bei Verlagen großer Beliebtheit. In „Zusammen sind wir unbesiegbar“ von Peter Balko läuft eine Bubenfreundschaft geradewegs auf eine Katastrophe zu.

Von Maria Motter

Als Leviathan acht Jahre alt wird, hat er einen Pulli mit Nilpferden, die wie Nashörner aussehen, und Trainingshosen an. Er ist dicklich, die Zielscheibe seines Turnlehrers und der beste Freund von Kapia, der in jeder Pause ein anderes Kind erst in den Würgegriff nimmt und dann verprügelt. Die beiden Außenseiter Leviathan und Kapia heißen eigentlich Peter und Koloman. Sie haben einander neue Namen gegeben, so eng befreundet sind die beiden Hauptfiguren in Peter Balkos Roman „Zusammen sind wir unbesiegbar“ in ihrer Kindheit in den Achtzigerjahren in der slowakischen Stadt Lučenec, nahe der ungarischen Grenze.

Zwei Buben spielen an einem Teich. Das ist am Buchumschlag zu "Zusammen sind wir unbesiegbar" von Peter Balko zu sehen.

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„Zusammen sind wir unbesiegbar“ von Peter Balko ist 2020 im Paul Zsolnay Verlag erschienen. Zorka Ciklaminy hat den Roman aus dem Slowakischen ins Deutsche übersetzt.

Doch kitschig wird diese Kindheitserzählung nicht. Als der Ich-Erzähler Peter sich in ein Mädchen verliebt, das aber in einen anderen verknallt ist, schlägt Leviathan einen Mord als Lösung dieses „Problems“ vor. Ob es sich dabei um kindliche Fantasie nach dem Konsum von zu vielen Filmen mit Jean-Claude Van Damme handelt oder doch um eine unheilvolle Ankündigung, ist zu Beginn des Romans noch offen. Leviathan bringt jedes Tier um, das er in die Hände bekommt, er erledigt sie wie nebenbei. Er wird seinen Vater verlieren, da kauft ihm Kapia ein Meerschweinchen, um es ihm zu schenken. Er könne es töten, so die kindliche Vorstellung in der Hoffnung, der Freund werde sich dann besser fühlen.

Ivan der Schreckliche wird das Meerschweinchen getauft. Murmeltiere, Meer- und Wildschweine, das Königreich Ungarn, die Nazis und Bruce Lee – es tummelt sich vieles auf den 150 Seiten des Romans. Denn Peter Balko, der bislang als Drehbuchautor gearbeitet hat, kommt in seinem ersten Buch ins Fabulieren. Seinen kindlichen Ich-Erzähler lässt er Geschichten in Hefte schreiben. Naturkatastrophen und Kriegstreiben von 1905 bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs brechen in die Erzählung ein. Anekdotenhaft sind Urban Legends festgehalten, Gewalttaten sind teils comichaft überzeichnet. Doch die historischen Verweise bleiben Blitzlichter und berichten wenig über die Geschichte der Slowakei.

Der Autor Peter Balko trägt ein Hemd und hält ein Buch in der Hand

Dávid Koronczi

Peter Balko

In einem zentralen, fulminanten Kapitel geht es um ein Jagdmesser und wer im Besitz dieser Waffe war. In einem anderen um die märchenhafte Figur der Hahnenwitwe und deren grauenvollen Tod. Ihren Fluch will Kapia ein für alle Mal beenden, und hier tut sich eine weitere Überschneidung zwischen Überlieferung von Schauergeschichten und dieser Kindheitserzählung auf. So ganz geht das Konzept allerdings nicht auf. Man wird nicht ganz schlau aus „Zusammen sind wir unbesiegbar“. Die historischen Episoden sind knapp gehalten, es ist ein Gummihüpfen durch die Zeiten, von einer unmöglichen Geschichte zur nächsten.

Sprachlich wirkt Peter Balkos Stil wunderbar und zugleich auch wie aus der Zeit gefallen. Wären da nicht Hinweise auf Actionfilme und Bücher wie die Drei Fragezeichen, wäre das Jahrzehnt schwer zu erahnen. Sehr präzise bringt Peter Balko Situationen auf den Punkt und schafft in wenigen Worten Bilder, auch wenn manche Metaphern eigenwillig erscheinen („Er blickte auf die Straße, die sich vor uns entkleidete und ihre gefrorenen Gliedmaßen offenbarte.“).

Mit seinem Debüt, das in der Slowakei 2014 erschienen ist, wird Peter Balko als eifriger und auch unterhaltsamer Erzähler vorstellig. Die Geschichte, die er in seinem Debüt erzählt, hätte sich allerdings auch als Kurzgeschichte angeboten.

Eine Lesung von Peter Balko in Wien ist für 18. November, 18.30 Uhr, im Slowakischen Institut angekündigt.

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