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Ela Minus

Teddy Fitzhugh

Der Song zum Sonntag: Ela Minus - „dominique“

Hier kommt die Aufwärmübung zum Lockdown 2.0: Ela Minus spielt uns mit „dominique“ den Selbstisolations-Electro-Blues. Am Freitag ist das hervorragende Debütalbum „acts of rebellion“ der Musikerin aus Bogotá erschienen.

Von Christoph Sepin

Die Gedanken im Kopf können so laut sein, wenn niemand da ist, mit dem oder der man sie teilen kann. Man kann sie aber auch natürlich einfach aufschreiben und dann, noch besser, in ein Lied verpacken. Ela Minus hat das gemacht, wir sollten uns das anhören, damit uns ihr „dominique“ sanft durch den kalten Winter trägt.

Geboren in Bogotá und lebend in Brooklyn hat Ela Minus Jazz-Schlagzeug und Synthesizer-Design studiert (eine Kombination, mit der man wohl nur herausragende Musik machen kann) und ist Schlagzeugerin in einer Hardcore-Band gewesen. Diesen wundervollen Mix der tanzbaren Schwermut bringt sie in ihre elektronische Solomusik mit, am Freitag ist ihr durchgehend großartiges Debütalbum „acts of rebellion“ (eine weitere Platte des Jahres) erschienen.

Wenn man aufwacht und die Augen öffnet und draußen ist es Nacht, dann ist das eine unwirkliche, seltsame Erfahrung, die gar nicht so einfach zu beschreiben ist. Ela Minus versucht das auch gar nicht, sondern stellt uns und sich selbst vor vollendete Tatsachen: „Today, I woke up at 7 PM“, heute bin ich um sieben am Abend aufgewacht, mit der argen Realisierung beginnt ihre Geschichte. „My brain feels like it’s going to break.“ Und was macht man nun in der Schwebe zwischen den Tageszeiten?

„dominique“ ist eine Momentaufnahme und eines der autobiografischsten Lieder, in der Mitte von „acts of rebellion“ eingebettet: Sie sei während dem Schreiben der Platte einmal am Abend aufgewacht, hat sich vor ein Instrumental gesetzt, das da am Computerbildschirm auf sie wartete, und einfach begonnen ihre Gedanken niederzuschreiben, so Ela Minus.

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Persönliche Gedanken, die besonders in diesem Jahr 2020 allgemeingültig werden: Wenn sie davon spricht, dass sie seit Tagen niemanden gesehen hat, dass sie sich daran erinnert, als ihr Boyfriend da war und ihr zumindest Abendessen gemacht hat, und jetzt hat sie nur Kaffee und Alkohol daheim, wenn sie Zeilen flüstert wie: „I am afraid I forgot how to talk to anyone else that’s not myself“, dann erinnert das an Selbstisolation und Lockdown, an Dinge, die dieses Jahr dominierten.

Relatability in Coronavirus-Zeiten kann wohl genauso funktionieren, wie es in „dominique“ zu hören ist. Und der Minimalismus der Instrumentierung vertont all diese Gefühle, die Verwirrungen, die Seltsamkeiten, so gut es geht, wenn Zeit und Raum der Einsamkeit verschuldet unwirklich werden und aus der Hand gleiten.

Ela Minus

Teddy Fitzhugh

In einer Welt, in der alles gut wird, spielt Ela Minus am 27. Februar 2021 im B72 in Wien.

Ein Album für die großen Clubs, deren Tanzflächen schon seit Ewigkeiten leer sind, ist „acts of rebellion“ nicht unbedingt, wohl eher ein Album für die Afterhour, wenn es sowas irgendwann wieder gibt. Oder aber zum Anhören für drinnen, in der eigenen, kleinen Welt.

Zwischen all diesen sanften Akten der Rebellion ist „dominique“ der sanfteste, vielleicht aber auch dank seiner universellen Thematik der zugänglichste. Das ist Musik, die unterstützend unter die Arme greift, jede Menge Introspektion und wunderbare Realisierungen: „The world is made for those who sleep at night“, teilt Ela Minus noch am Ende des Songs mit. Die Welt ist für all jene Menschen gemacht, die in der Nacht schlafen können. Wir dürfen nur darauf leben.

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