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"Mario Kart Live: Home Circuit" am Wohnzimmerboden

Robert Glashüttner

Beim neuen „Mario Kart“ fährt man durchs eigene Wohnzimmer

Nintendo setzt außerhalb seiner Videospiele immer wieder auf haptische Innovationen. Nach Wii-Bewegungssteuerung, Balance Board, Ring Fit und Nintendo Labo folgt nun der nächste Streich: „Mario Kart“ als physisches Rennen mit ferngesteuerten Miniautos.

Von Robert Glashüttner

Es gibt sehr wenige Spiele, die man mit quasi jeder Person spielen kann, egal, wie alt jemand ist, wieviel Talent und Vorwissen mitgebracht wird: „Mario Kart“ geht immer, und es ist immer lustig. Ein sehr guter Beweis dafür ist unser FM4 Spielekammerl-Sternstunden-Moment von der Game City 2019, als Wiens Bürgermeister Michael Ludwig mit uns gespielt hat.

„Mario Kart“ ist - wie so viele ihrer anderen Spieleserien und -charaktere ebenfalls - eine langjährige Erfolgsgeschichte für den japanischen Gameskonzern Nintendo. Das bunte Seifenkistenrennen ist neben der spielerischen Zugänglichkeit und audiovisuellen Freundlichkeit auch noch eines der geselligsten Videospiele überhaupt, da bis zu vier Spieler*innen darin gleichzeitig antreten können.

Die einzige Herausforderung als Markeninhaber ist, immer wieder neue Produkte nachzuliefern, die am vorigen Erfolg anknüpfen, aber doch auch neue Elemente hinzufügen. Diese Balance zu halten ist schwierig. Kein Wunder also, dass das letzte „echte“ „Mario Kart“ bereits über sechs Jahre alt ist. Und es erklärt, warum das vor einem Jahr für Smartphones erschienene „Mario Kart Tour“ trotz seines etwas frechen Abomodells so ein Erfolg war. Die Menschen bekommen einfach nicht genug vom bunten Seifenkistenrennen. Bleibt nur eines: Die Go-Karts aus dem Computerspiel holen und sie in den realen Raum bringen.

Das Wohnzimmer als Rennstrecke

„Mario Kart Live: Home Circuit“ ist ein erstaunlich sperriger Name für ein simples Konzept: Wir steuern unser kleines ferngesteuertes Auto mit einer Switch durch unser Wohnzimmer (oder wo sonst genügend Platz ist). Möglich wird das durch eine Kamera, die am Auto montiert ist und das Geschehen aus der gewohnten Perspektive, die wir aus den Videospielen kennen, überträgt. Switch und Kart kommunizieren via Bluetooth, vier Tore aus Pappkarton, die am Boden verteilt werden müssen (und die - ebenso wie die Strecke - im Spiel mit digitalen Elementen ergänzt werden), sorgen dafür, dass die physische mit der virtuellen Welt immer richtig verbunden bleibt.

Der Ersteindruck bei einem Test daheim zu dritt ist großartig: Als wir das Kart zum ersten Mal mittels (mobiler) Konsole durchs Wohnzimmer steuern, spüren alle eine kindlich-verspielte Begeisterung. Das funktioniert wirklich gut! Vorausgesetzt, die Strecke ist einigermaßen sinnvoll gebaut. Hier beginnen die Widersprüche: Denn obwohl es nur vier Tore gibt, durch die die Karts fahren müssen, kann die Strecke wesentlich komplexer sein. Nachdem sie einmal abgefahren (abgesteckt) ist, wird sie auf der Switch gespeichert. Allerdings überprüft das Spiel nicht, wenn wir später Abkürzungen nehmen. Folglich sollte die Strecke mit physischen Grenzen (Bücher, Tischbeine, Boxen, etc.) ausgestattet werden.

"Mario Kart Live: Home Circuit" am Wohnzimmerboden

Robert Glashüttner

Der Teppich mit dem hohen Florgewebe ist als Fahrfläche ungeeignet. Zwischen bzw. hinter den Toren 3 und 4 befindet sich ein Esstisch mit Stühlen, die sich ideal als „Straßenbegrenzung“ eignen.

Kurz mal das Zimmer umbauen kann schon recht rasch vonstatten gehen und macht vor allem Kindern Spaß. Aber es ist dennoch ein Aufwand, den man nicht alle 20 Minuten wiederholen will. Trotzdem fordert uns das Game immer wieder auf, neue Strecken zu bauen. Seriously? Jetzt liegen die Bücher doch gerade so gut.

Ich seh’ dich, ich seh’ dich nicht

Ein zweiter Widerspruch liegt in der Größe der Strecke. Erst mal stellt sich die Frage, wer überhaupt so viel Wohnraum zur Verfügung hat, dass er oder sie ohne größeres Umräumen genügend freie Fläche nutzen kann. Zu verwinkelt sollte eine Strecke nämlich nicht sein, und zu klein natürlich sowieso nicht.

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Polygon.com berichtet, dass aufputschende Elemente des „Mario Kart“-Soundtracks neuerdings dazu genutzt werden, Hausarbeiten möglichst schnell runterzutippen.

Großzügig durch die ganze Wohnung bauen ist aber auch kaum möglich, weil es dann ein Problem mit der Bluetooth-Verbindung gibt. Sobald nämlich keine direkte Funkverbindung mehr gegeben ist, wird die Spielsteuerung schlecht oder bricht ab. Theoretisch die beste Lösung wäre, in die Mitte eines größeren, aber mäßig möblierten Raums einen hohen Schiedsrichterstuhl zu platzieren, von dem aus man spielt - so behält man immer den Überblick und die Verbindung bricht nie ab. Das ist allerdings auch kein Setup, das viele standardmäßig bei sich daheim haben.

Carrera-Bahn reloaded?

„Mario Kart Live: Home Circuit“ wäre kein würdiger Teil der Spieleserie, wenn man es nicht gemeinsam mit- bzw. gegeneinander spielen könnte. Das funktioniert zwar, allerdings braucht man dafür nicht nur zwei mal das Produkt (weil in einer Packung nur ein Kart ist), sondern auch zwei Switch-Konsolen. Das ist insofern ärgerlich, da es auch möglich sein könnte, dass eine Person im Handheld-Modus spielt und die zweite mit einem externen Fernseher/Monitor. Wofür ist die Flexibilität dieser Hybridkonsole denn sonst gut, wenn nicht für solche Anwendungen?

Diese Erschwernisse beim Mehrspieler*innen-Modus sorgen dafür, dass das Real-Life- bzw. Augmented-Reality-„Mario Kart“ nur etwas für gut betuchte Eltern sein wird. Immerhin kostet ein Paket gut 100 Euro, und trotz der wirklich amüsant und technisch gelungen umgesetzten Idee stellt sich die Frage, wie oft und wie lange man motiviert ist, den eigenen Wohnraum regelmäßig auf den Kopf zu stellen.

"Mario Kart Live: Home Circuit" am Wohnzimmerboden

Robert Glashüttner

Neben den Toren gibt es auch Kurvenmarkierungen mit Pfeilen aus Pappkarton. Schade ist, dass man nicht mehr oder weniger als genau vier Tore pro Strecke verwenden darf. Alle Pappelemente sind faltbar und lassen sich rasch auf- und abbauen.

Bleibt als Spielort nur noch der Dachboden - doch da steht schon die Carrera-Bahn. Super Mario und Co. haben in den letzten 35 Jahren wirklich viel erreicht, doch um den traditionellen Spielzeugautorennbahnen Konkurrenz zu machen, braucht es noch wesentlich mehr Anstrengung.

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