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Der Song zum Sonntag: The Weather Station - „Robber“

Mit The Weather Station hat Tamara Lindeman aus Toronto vier Alben rausgebracht, mit „Robber“ veröffentlicht sie ein Lied der groß gedachten Metaphern.

Von Christoph Sepin

Das Saxophon ist ein seltsames Instrument. Es kann kitschig und blumig klingen, dann wieder ernst und disruptiv, es kann zum Lachen bringen und traurig machen, kann nostalgische Gefühle entstehen lassen oder wieder mysteriös und futuristisch wirken, kann ganz klein und zerbrechlich werden, dann wieder riesengroß und aufgeblasen. Das passiert auch alles in „Robber“ der Kanadierin Tamara Lindeman, Bandzentrum von The Weather Station. Bis es soweit ist, vergeht aber doch etwas Zeit.

Zuerst wird dem Instrumental-Intro noch einiges an Platz gegeben, dazu stehen Protagonist*innen im Musikvideo herum, wie in einem Film der Duplass-Brüder und schauen im Wald Bäume und sich gegenseitig an - Hipsterironie möchte man zuerst vermuten, dass dem allen aber nicht so ist, stellt Tamara Lindeman mit ihren Lyrics klar, die nach einer knappen Minute beginnen.

Da geht es um Dinge, die sie einmal geglaubt hat, um Erinnerungen an früher und um gelerntes Wissen, dem sie sich sicher war - alles in Retrospektive: „I never believed in the robber“, beginnt Lindeman ihre Textzeilen. Früher, da habe sie nie an Räuber bzw. Räuberinnen geglaubt, habe aber gelernt, dass das alles doch ein bisschen komplizierter ist. „Robber“ das ist für sie eine große Metapher für etwas schwer Greifbares und Erklärbares, von der sie vieles ableitet: Beziehungen, Institutionen, sogar das gesamte System.

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Dann folgen Erklärungsversuche: Der „Robber“, für was auch immer der Begriff steht, der kann (mit guten Absichten) frei gewählt sein („He had permission, permission by words, permission of thanks, permission of laws, permission of banks“) - dann wird Lindeman konkreter und zählt bekannte Bilder auf: Convention Center, weiße Tischdecken, „echte“ und „unechte“ Welt: „Make real imagination, make unreal that which can be taken“.

Das ist groß gedacht, beschäftigt sich mit Widersprüchen und Differenzierungen: Sie habe früher einmal gelernt das System zu lieben und sprichwörtlich mit ihm zu tanzen („When I was young, I learned how to make love to the robber, to dance with the other“) und habe gar nicht bemerkt, dass ihr dadurch etwas weggenommen wurde („Nobody taught me nothing was mine“), so Lindeman. Es ist ein großes, kompliziertes Lied, das gab es zum Release von „Robber“ auf dem Social-Media-Account von The Weather Station zu lesen. Das Lied, auf das Lindeman bis jetzt am stolzesten ist. Das Lied, über das sie viel zu sagen habe, aber noch nicht möchte.

Da kann man sich beim Hören selbst Gedanken machen, über den symbolischen, titelgebenden „Robber“ und wie man das alles definieren möchte - oder aber nur die Instrumentierung für sich sprechen lassen, alle vorsichtig ausgewählten Noten und wie sie, auch in übersteigerten Momenten zum Finale des Songs hin, miteinander harmonieren. Und als Center Piece in all dem: das Saxophon mit seinen vielen Bedeutungen.

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