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FM4 Wortlaut - Die großen Zehn

Diese zehn Kurzgeschichten haben die Jury überzeugt. Diese besten zehn Texte sind im Sammelband von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb.

Von Zita Bereuter

„Eine gute Kurzgeschichte macht aus, dass sie mich berührt. Easy.“ So sagte es Musiker und Juror Ariel Oehl im April. Das Interview fand, wie so vieles heuer, auf Distanz statt. Berührt haben die eingereichten Geschichten dennoch. Vielleicht umso mehr.

Die Jury war von der Longlist äußerst beeindruckt. Die Jury, das waren heuer der Vorjahresgewinner Lukas Gmeiner, die Autorin und Aktivistin Nunu Kaller, der Songwriter und Musiker Ariel Oehl, der Autor und Kabarettist bei Maschek Robert Stachel und die Autorin Anna Weidenholzer.

Logotype Wortlaut 2020

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„Kontakt“ war 2020 das Thema von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb.

Über 1.200 Kurzgeschichten wurden eingereicht. Hier ist die Longlist.

Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet beim Thema „Kontakt“ genau der gefehlt hat. Noch nie hatten wir so wenig direkten Kontakt zur Jury. Selbst bei der Jurysitzung konnten sich nicht alle treffen. Reisewarnungen führten dazu, dass ein Teil in Wien saß, und Anna Weidenholzer in der Schweiz und Lukas Gmeiner in Berlin nur digital dabei waren. Technisch die bisher komplizierteste Jurysitzung, war das Dank einer äußerst unkomplizierten Jury dennoch machbar. Umso mehr musste konzentriert und geordnet zugehört und diskutiert werden. Und das tat sie lange und ausdauernd.

An dieser Stelle nochmal herzlichen Dank an die großartige Jury! Allesamt waren sie auch beruflich vom Lockdown schwer beeinträchtigt. Dennoch haben sie sich Zeit für Fragebögen und Interviews genommen, die zwanzig Texte gelesen und bewertet - und das alles ohne Honorar, mit viel Engagement für die Sache.

Die Wortlaut-Jury des Jahres

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Die Wortlautjury 2020 von links nach rechts: Ariel Oehl (Foto: Rea Djurovic), Nunu Kaller (Foto: Florian Waitzbauer), Lukas Gmeiner (Foto: privat), Robert Stachel (Foto: Alexi Pelekanos), Anna Weidenholzer (Foto: Katsey)

Die Gewinner*innen 2020 im Überblick:

Leicht hat es sich die Jury nicht gemacht. Anna Weidenholzer schreibt im Vorwort zum Wortlautbuch: „Wir haben lange diskutiert und wieder von vorn begonnen, waren uns bei manchen Texten überraschend einig und bei anderen nicht. Lesen trägt immer auch den Versuch mit sich zu verstehen, was einen ergreift und warum. Manchmal verliert man sich voll und ganz in einer Geschichte, manchmal ist es die Sprache oder Form, die einen einnimmt. Bei einer Jurysitzung wird diese Leseerfahrung noch weitergedreht, die Jurorin oder der Juror soll nicht nur verstehen, sondern auch erklären und werten. In der Literatur eine Reihung wie beim Skifahren zu vergeben, kann für alle Beteiligten grausam sein, formale gegen inhaltliche Kriterien abzuwägen, alles zusammen ein Ding der Unmöglichkeit.“

Schließlich konnten sie sich auf diese zehn Kurzgeschichten einigen, die inhaltlich nicht unterschiedlicher sein könnten: von einer Katzenallergie zu einem Rehkitz auf einem Trampolin, vom demenzkranken Vater zu der neuen Freundin mit Kind, zu einer Kassette mit Opas Stimme zu einem Mann, der sich mehr und mehr zurückzieht, von einer Therapiestunde zu einem blutigen Wochenende, von einer Schwangerschaft zu einem schwulen Frisör. Was alle diese Texte eint: Sie berühren. Und das macht ja eine gute Kurzgeschichte aus. Easy.

Das sind die zehn besten Autorinnen und Autoren von Wortlaut 2020:

Die besten 10

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Oben von links nach rechts: Elisabeth Etz (Foto: Tina Reiter/ Tyrolia), Katharina Feist-Merhaut (Foto: Privat), Matthias Gruber (Foto: Miriam Kreiseder), Johanna Hieblinger (Foto: Privat), Tamara Imlinger (Foto: Petra Moser). Unten von links nach rechts: Sannah Jahncke (Foto: Nala Townson), Verena Kandler (Foto: Privat), Nadine Keßler(Foto: Hanna Wolf), Eva Krallinger (Foto: Privat), Tamara Schulz (Foto: Privat)

Elisabeth Etz: „Stadt Land Fluss“

Lebt in Wien und schreibt schon seit längerer Zeit kurze und lange Geschichten – die kurzen gewinnen manchmal Preise, die langen werden inzwischen tatsächlich verlegt. Leben kann sie davon ein bisschen, aber besser geht’s mit zusätzlicher Lohnarbeit – sie unterrichtet Deutsch für Flüchtlinge und hält Workshops mit Jugendlichen an Schulen. Beides macht sie zum Glück sehr gerne. 2016 gewinnt sie den dritten Platz bei Wortlaut. Elisabetz.at

Aber in einer Kleinstadt wie unserer musst du dich entscheiden. Entweder du wirst Friseur oder Tänzer oder Flugbegleiter, oder du wirst schwul. Beides geht nicht.

Katharina Feist-Merhaut: „Jetzt, wo ich weiß, dass ich krank bin, jetzt wäre ich gern“

* in Wien, besuchte bis 2010 die Fotografieklasse der Graphischen in Wien, arbeitete mehrere Jahre als Texterin in Hamburg und Wien, seit 2017 studiert sie am Literaturinstitut in Leipzig und war 2020 Mitherausgeberin der Tippgemeinschaft.

Ein bisserl hat dir gefehlt, etwas Liebe. Ich drücke Pause, spule zurück, drücke Pause, spule zurück. Wieder und wieder Pause und zurück.

Matthias Gruber: „Hinter dem Mond“

Hat Theaterwissenschaft studiert, als man in der Uni noch rauchen durfte und macht seitdem immer irgendwas mit Medien. Vieles hat er dann auch wieder gelassen, aber das Schreiben ist ihm geblieben. Aktuell verbringt er seine Nachmittage auf Kinderspielplätzen und seine Abende mit der Arbeit am ersten Roman.

Und auf der Rückseite vom Mond gab es nichts. Kein Funksignal, keinen Kontakt. Nichts. Er war ganz alleine im Weltraum. Der einsamste Mensch des Universums, haben sie ihn in dieser Doku genannt.

Johanna Hieblinger: „Die Allergie“

* 1981, lebt in Wien. Studierte Betriebswirtschaft und arbeitet als Controllerin in einer gemeinnützigen Organisation. Hat auch privat für alles eine Excel-Liste. In verschiedenen Schreibwerkstätten und AutorInnengruppen aktiv, mag das Feilschen um Worte, das Spritzer-Trinken. Absolventin der Leondinger Akademie für Literatur. Schreibt an ihrem ersten Roman.

„Die Katzenhaare, das geht nicht“, sagt er und beide schauen wir an mir hinunter, mein Pullover heute weiß und flauschig, genau wie Ildikos Fell.
„Ich habe doch gar keinen Kundenkontakt“, sage ich und ärgere mich, dass mir keine bessere Antwort einfällt.

Tamara Imlinger: „Drei Häuser am Waldrand“

* 1985, lebt in Oberösterreich, hat vor drei Jahren während ihrer Bildungskarenz in Leipzig begonnen, das literarische Schreiben zu lernen und anschließend an der Leondinger Akademie für Literatur teilgenommen. Seither arbeitet sie an einem Roman. Sie ist außerdem Musikerin, Redakteurin für die KUPFzeitung, freiberufliche Historikerin und pädagogische Vermittlerin im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim.

Es ist laut.
Lass sie doch, die haben drei Kinder.
Aber in der Nacht?
Vielleicht muss jemand dringend aufs Klo.
Hörst du es auch?
Die sind einfach ein wenig überdreht.
Ja?
Und gerade jetzt, wenn immer alle zu Hause sind
.

Sannah Jahncke: „Glänzende Haare“

* 1990 und lebt in Berlin. 2017 bekam sie den Walter-Serner- und 2020 den Gesund-schreiben-Preis. Sie ist Redaktionsmitglied des Metamorphosen-Magazins und beschäftigt sich derzeit mit wandernden Felsen.

Ich habe ein Brot mit Käse in der linken und eine Gebrauchsanweisung in der rechten Hand, als ich den Anruf aus der Demenz-WG erhalte. Schwester Marie ist dran: Dein Vater steht neben mir und will dringend mit dir reden, sagt sie.

Verena Kandler: „Der Ausschlag“

* 1995 in Graz. Wohnt derzeit auf La Réunion und arbeitet dort als Sprachassistentin. Rückkehr: unbekannt, vielleicht April. Malt mit Worten und mit Stiften, zum Beispiel in mischen, &Radieschen und stereofeder, am öftesten jedoch privat. Ist sehr gerne in Kontakt mit Menschen, Natur und Tieren, ganz besonders mit Katzen.

Ich kann nicht mehr sehen, ob der Ausschlag schon besser geworden ist. Schlimmer: Ich kann dich gar nicht ansehen.

Nadine Keßler: „Einundzwanzig Tage“

* 1990 und lebt seit Urzeiten in München. Ihre heimliche Leidenschaft ist die Lagerung von Obst und Gemüse, worüber sie bei lager-ort.de viel erzählt. Eigentlich studiert sie Gartenbau und schreibt ihre Masterarbeit über die Reduzierung von Lebensmittelverlusten, weil das wichtig ist. In ihrer Freizeit spielt sie Memory mit einer 5-Jährigen, weil das noch wichtiger ist.

Ich denke nach.
Wir lieben, weil wir unvollständig sind.
Sage ich.

Eva Krallinger: „Fleischmachen“

Ist eine richtige Ex-Exil-Salzburgerin. Frankreich, USA, Schweiz – aber nirgends ist es wie zu Hause. Als Mitgründerin vom Salzburger Online-Magazin fraeuleinflora.at tut sie mittlerweile das, was sie liebt: die Leben der anderen kennenlernen.

Seit Tom kein Fleisch mehr isst, benimmt er sich wie ein richtiges Arschloch. Das heißt, eigentlich isst er ja Fleisch, aber bewusster. Das sagt er so. Bewusster. Und deshalb fahren wir am Wochenende raus, um eine Sau zu stechen.

Tamara Schulz: „Dunkelrote Designercouch“

* 1998 in Wien. Studiert Politikwissenschaft mit gutem Gewissen und Wirtschaftsrecht mit schlechtem. Hasst das Patriarchat, liebt Rucola-Pizza. Scheitert täglich an ihrem Anspruch, die Welt zu retten. Kann dafür auf einem Bein jonglieren. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist in die Luft schauen. Deshalb hat sie auch immer ein Paar Ersatzkontaktlinsen dabei.

Wir sind in der Schwebe stecken geblieben, genau zu dem Zeitpunkt, als ich dir das erste Mal gesagt habe, dass Bibi-Blocksberg-Schauen fad ist und dass ich mir dieses Jahr kein Spielzeug zu Weihnachten wünsche, und jetzt wissen wir gegenseitig einfach nichts mehr miteinander anzufangen.

Logotype Wortlaut 2020

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WERBUNG

Ein Auszug aus dem Gewinnertext wird im STANDARD veröffentlicht.

The winner is ...

Die großen Zehn stellen wir bis zum 19. November auch on-air vor. Die ersten drei jeweils in einer Stunde Homebase Spezial.

Platz 3 - Montag, 16. November
Platz 2 - Mittwoch, 18. November
Platz 1 - Donnerstag, 19. November

Buchpräsentation im Literaturhaus Wien

Am Freitag, 20. November, wird das Wortlautbuch präsentiert und die drei Besten lesen. Eigentlich hätte das im Literaturhaus Wien stattfinden sollen. Aus bekannten Gründen ist das aber nicht möglich. Stattdessen zeigen wir euch ein prächtiges Video. Mit den Lesungen der besten drei Texte und Überraschungsgästen. Moderation von Zita Bereuter. Der Vorteil: Ihr müsst keine Plätze reservieren und könnt sitzen, wo ihr wollt. Das Video wird außerdem auf der Webseite vom Literaturhaus Wien gestreamt und auch von der Tageszeitung Der Standard.

Beginn ist um 19 Uhr und danach könnt ihr daheim feiern!

Die Preise

Platz 1: 1.000 Euro
Platz 2: 750 Euro
Platz 3: 500 Euro

Außerdem für die zehn besten Texte:

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