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„Earth To Dora“ von Eels soll Trost spenden

Der US-Songachreiber Mark Oliver Everett veröffentlichte vor 24 Jahren sein erstes Album unter dem Namen Eels. Auf „Beautiful Freak“ folgten bisher elf weitere Alben. Nun ist sein dreizehntes Album erschienen: „Earth To Dora“ ist eine melodische, tröstende, ja, sogar erhebende Platte, trotz schwieriger zwischenmenschlicher Angelegenheiten - und Covid-19.

Von Eva Umbauer

Alle Songs auf „Earth To Dora“ von den Eels sind vor der Covid-19-Pandemie entstanden, bis auf einen, nämlich „Are We Alright Again“. Das Stück ist eine Art Tagtraum von Mark Oliver Everett, eine Fantasie, dass alles nur ein Albtraum war und wir wieder rausgehen können, durch die Straßen ziehen und fröhlich sind. Weil es sich aber eben nicht bloß um einen Albtraum handelt, sondern um die Realität, möchte Mark Oliver Everett, kurz Mr. E genannt, Trost spenden mit seinem neuen Album.

Er bittet um Geduld, Geduld und nochmals Geduld, aber er weiß, es wird alles wieder besser. Wem glauben, wenn nicht ihm. Erfahrung mit schwierigen, ja, unerträglichen Situationen hat Mark Oliver Everett ja genug. Mit 19 fand Mark seinen Vater tot am Wohnzimmerboden liegen. Herzinfarkt mit Anfang 50. Seine Mutter ist an Krebs verstorben, seine Schwester hat Suizid begangen, was er auf dem zweiten Eels-Album, „Electroshock Blues“, 1998 erschienen, verarbeitet hat, mit Songs wie „Cancer For The Cure“ oder „Elizabeth On The Bathroom Floor“.

Marks Schwester Elizabeth war es, die ihrem kleinen Bruder viel Musikbegeisterung vermittelt hatte, sie spielte Gitarre und hatte eine Plattensammlung. Ihren Tod hat Mark Oliver Everett nur schwer verkraftet. Auf „Electroshock Blues“ ging es darum, dass das Licht am Ende des Tunnels, nach einem langen, dunklen Weg umso heller ist, wenn man dann endlich am Ende des Tunnels angelangt ist. Ein Thema, das sich auch auf dem neuen Eels-Album findet.

Die Anfänge der Eels

Mark Oliver Everett wuchs in Virginia, außerhalb von Washington D.C, auf. Schon im Alter von sechs Jahren fing Mark mit dem Schlagzeugspielen an, später kamen weitere Instrumente hinzu, die Gitarre etwa, die, auf der er das Spielen lernte, sie gehörte seiner Schwester.

Anfang der 1990er Jahre veröffentlichte Mark Oliver Everett unter dem Namen „E“ zwei erste Alben, „A Man Called E“ und „Broken Toy Shop“. Außerdem ging er mit Tori Amos auf Tour. Nach diesen ersten Alben entließ ihn aber die Plattenfirma. Im selben Jahr traf Mark Oliver Everett in Los Angeles, wohin er von Virginia gezogen war, den Drummer Jonathan „Butch“ Norton. Als dann Bassist Tommy Walter hinzu kam, entstanden die Eels.

Das Debütalbum der Eels erschien 1996, für manche*n Eels-Liebhaber*in ist es so, als ob es gerade gestern gewesen wäre. Irgendwo angesiedelt zwischen Pavement und Beck, mit einer großen Liebe zu den Beatles, traf „Beautiful Freak“ den Alternative-Rock-Nerv der damaligen Zeit. Der Song „Novocaine For The Soul“ machte die Band sogleich international bekannt. Seither befindet sich Mark Oliver Everett mit den Eels auf seiner künstlerischen und spirituellen Reise.

Auf einem Level wie die ganz Großen

Auf einem Song vom neuen Eels-Album - dem düsteren, aber gleichzeitig auch letztlich optimistischen „OK“ - klingt Mark Oliver Everett ein wenig wie Lou Reed, oder auch wie der späte Johnny Cash. Den Vergleich mit großen Namen braucht Mr. E nicht zu scheuen, er ist, mit inzwischen 57 Jahren, längst selbst einer der Großen der Musikwelt.

Mark Oliver Everett hat sein Haus verkauft. Mit seinem dreijährigen Sohn und zwei Hunden lebt er nun in seinem Aufnahmestudio, wo er das neue Eels-Album auch selbst produziert hat und durchaus ein wenig Platz ist, sodass die kleine Wohngemeinschaft nicht unter dem Mischpult schlafen muss, außer vielleicht die Hunde. Scheidungen in Los Angeles sind teuer, und E wollte das Haus, wo er mit seiner Ex-Frau gewohnt hatte, nicht mehr.

Albumcover von Eels: "Earth To Dora"

E Works/PIAS

„Earth To Dora“ von den Eels ist bei E Works/PIAS erschienen.

Mark Oliver Everett verkörpert Resilienz, ein Wort, das man dieser Tage oft hört. Die Resilienz ist das Gegenteil der Verwundbarkeit. Das gelungene Sich-Anpassen an widrige Umstände, die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen. Und diese durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen. Das Leben ändert sich ständig, es kann sich plötzlich komplett ändern, und so sagt Mark Oliver Everett in Interviews zum neuen Eels-Album: „You’ve gotta be open to how life is always changing.“

Freunde sind wichtig, sie können einander helfen und durch Krisen führen. Dora ist so eine Freundin von Mark Oliver Everett. Sie ist die Namensgeberin vom neuen Eels-Album, „Earth To Dora“. Erde an Dora. Dora war einmal Mitglied der Live-Crew der Eels, sie war die Lichttechnikerin der Band. Es ging ihr einmal nicht gut und sie war viel in Verbindung mit E, man schrieb einander Textnachrichten. E wollte sie aufmuntern. Teile dieser Textnachrichten hat E im Songtext zu „Earth To Dora“ verwendet.

Trotz all der Widrigkeiten

Mark Oliver Everett veröffentlichte das neue Eels-Album trotz der Covid-19-Pandemie, auch wenn er damit nicht auf Tour gehen kann. Es ist ein tröstendes Album, ein beruhigendes, ja, ein durchaus erhebendes, ein erbauliches Album, ein zuversichtliches, trotz aller Mühsal und Schicksalsschläge. Der Eels-Mastermind ist sich dessen bewusst, er wollte die Songs nicht in der Schublade liegenlassen und sie erst in besseren Zeiten herausbringen.

Eigentlich handeln die neuen Eels-Songs ja vom Zusammenbruch einer Beziehung, auch etwas, das Mark Oliver Everett gut kennt, aber man muss das Album nicht unbedingt so hören. Es ist auch gar nicht wirklich autobiografisch, zumindest großteils nicht, es geht um Erfahrungen anderer, oder auch um fiktive Dinge. „I chewed her up and threw her out, out on the street“, nein, nein, das war nicht er, das war ein anderer Typ. „She belongs with the gentle souls...she never had a fighting chance“, singt Mark Oliver Everett.

Der Song „Dark And Dramatic“ ist der vielleicht ruhigste Track am Album, samt Violinen. Es geht um „someone who is too dark and dramatic“. Das melancholische „Of Unsent Letters“ - „I’ve got a desk full of unsent letters that I should have sent long ago“ - ist bittersüß, „Fucking Your Ex“ ist bluesig, „The Gentle Souls“ ist Soft Rock, und irgendwo kommt ein Xylophon vor. Das neue Eels-Album ist voller Perlen. Das störrischste Stück, das leidenschaftlichste auf „Earth To Dora“, ist vielleicht „Baby Let’s Make It Real“.

„Earth To Dora“ ist keine innovative Platte, aber eine ideenreiche, eine vergleichsweise wenig exzentrische Eels-Platte, und es ist eine, die Mark Oliver Everett, diesen „geprügelten“ Romantiker mit viel innerer Ruhe, innerem Frieden, ja, gar auf eine Weise glücklich zeigt. Er hat es verdient.

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