Bei so manchem Pitch wäre ich gerne dabei gewesen

Wie gerne wäre ich Zeuge gewesen, als die Ideen zu fragwürdigen Welthits, katastrophalen Filmtiteln oder idiotischen Produkten zum ersten Mal laut ausgesprochen wurden.

Eine Kolumne von Marc Carnal

Wer sich seine sieben warmen Semmeln mit künstlerischen oder kreativen Talenten verdient, kennt die entsetzliche Situation, andere von den eigenen Ideen überzeugen zu müssen. Und die Verzweiflung, wenn das Gegenüber deren Güte nicht asap gneißt. Noch schlimmer sind Gegenüber im Plural. Vor einer ganzen Gruppe an Menschen zu stehen und stolz eine Idee zu pitchen - sei es ein Song, ein Romantitel, eine Geschäftsidee oder ein Sketch-Script - und dann in ratlose Gesichter starren zu müssen, kann schon ziemlich hart sein.

Umso härter, wenn man sich vor Augen führt, mit welch miserablen Einfällen andere schon hausieren gegangen und auch noch damit durchgekommen sind! Wie zum Teufel ist es all den Songwriter*innen, Werbefuzzis, Drehbuchautor*innen, Erfinder*innen, Regisseur*innen und was da sonst noch so an schöpferischen Geschöpfen herumläuft, bloß gelungen, derart fragwürdige Ideen durchzusetzen? Und wie blöd klingen manche am Ende großartigen oder zumindest erfolgreichen Werke, wenn man sie auf einen Satz runterbricht? Wie gern hätte man bei so manchem Ideen-Pitch Mäuschen gespielt!

“Und glaubt mir bitte eines: Das wird sowas von einschlagen. Aber sowas von! Ich schwöre euch, in ein paar Jahren findest du in Deutschland, ach was sag ich, in ganz Europa findest du kein Kühlregal mehr ohne Schoko-Pizza!”

“Ich hab nochmal drüber geschlafen. Die Nummer ist gut, keine Frage. Aber was würdet ihr davon halten, wenn wir immer nach Dsching-, Dsching-, Dschinghis Khan noch alle gemeinsam HUH HAH rufen?”

“Sorry, Herr Gates, haben Sie mal eine Minute? Finden Sie nicht, dass Solitaire irgendwie... zu wenig ist? Ich glaub ja, es bräuchte unbedingt ein zweites Spiel für Ihr Betriebssystem. Und, Sie werden lachen: Ich hab mir da zufällig was überlegt! Also: Stellen Sie sich so ein Spielfeld vor mit lauter grauen Kästchen. Sie drücken auf irgendeines dieser Kästchen und dann kommt da entweder irgendeine Zahl oder eine Art Tretmine und das Spiel ist vorbei. Glauben Sie mir, Herr Gates, das schlägt ein wie eine Bombe!”

“Ich bitte dich! Wie soll ich mit dem Namen in Hollywood Karriere machen?! Helmut Steinberger, das klingt doch viel zu… deutsch. Viel zu provinziell! Für Hollywood braucht man einen schillernden Namen, der Glamour versprüht! Pass auf, ich nenne mich ab jetzt… ähm… wie wär’s zum Beispiel einfach mit… Helmut Berger?”
“Hm.”

“Ist jetzt vielleicht ein Schnellschuss, aber… was haltet ihr von so einem anlassigen Typen, vielleicht ein bisschen so in Richtung Kobold, aber normal groß, der ur unsympathisch ist, in der Nacht irgendwo einbricht und Käse fladert? Und wir nennen ihn... Schärdigang? Oder… Käsinand?... Irgendwie so halt.”
“Genial.”

“Gut, dass du fragst. Ich hab nämlich gleich zwei neue Hammer-Projekte in der Pipeline. Werden garantiert Welterfolge, das hab ich im Urin! Ich weiß nur noch nicht, was ich zuerst angehen soll. Also entweder mach ich was mit singenden Katzen oder ein Musical, bei dem Menschen auf Rollschuhen Lokomotiven spielen.”
“Äh… ok Andrew, schönen Tag noch!”

“Na gut, von mir aus. Nennen wir uns halt Eiffel 65. So wichtig ist mir der Bandname auch wieder nicht. Darf ich euch endlich meinen neuen Song vorspielen? Da geht es um einen Ich-Erzähler, der blau ist und in einer Welt lebt, in der alles blau ist, zum Beispiel sein Haus oder seine Freundin oder seine Corvette.”

“Nein, tut mir leid Leute, aber das ist doch alles Quatsch! Aber echt hey... Dieser Meterli wird sich niemals durchsetzen. Abstand-Man find ich so mittel. Der Corona-nist geht sowas von gar nicht. Und sorry, Arm-Langos ist auch richtig scheiße. Aber die gute Nachricht ist: Ich hab mir selbst was ausgedacht! Aufgepasst: Wir verkaufen ihnen den… Baby-Elefanten!”
“Äh…”

“Ok Leute, ich weiß, wie wir den perfekten Brückenschlag zwischen Serien-Nostalgie und Streaming-Kultur schaffen. Da kann einfach nichts schiefgehen. Wir machen einfach… und jetzt haltet euch fest… eine Fortsetzung von Full House!”

“Sonst gibt es da notfalls noch ein Manuskript, da geht es um einen Typen ohne Eigengeruch, der junge Frauen umbringt. Und dann äh… Parfum aus ihnen macht. Das kann ja nur ein Weltbestseller werden haha.”

“Geh bitte Burschen, jetzt mal im Ernst. DAÖ klingt doch komplett deppert. Das letzte, was wir brauchen, ist ein lächerlicher Parteiname. Also: Ab morgen heißen wir… Liste Sozialer Demokraten. Oder klingt das zu sehr nach SPÖ?”
“Naja Chef, vor allem die Abkürzung ist vielleicht nicht sooo ideal.”
“Wieso?”
“Äh… LSD?”
“Haha, stimmt! Das hätt ich jetzt gar nicht... Ok, naja, dann machen wir ganz einfach: Team HC.”
“Passt, super Idee!”

“NEIN Dave, verdammt noch mal! Die Zeile heißt ‘Are we human, or are we dancer’. Das versteht doch bitte jeder Idiot!”

“Das ist mir schon klar, dass jeder Trottel weiß, was ein Alien ist. Aber Alien alleine reicht nicht! Glaubt mir das. Außerdem ist das ist immer noch MEINE FIRMA, verdammt noch mal! Und deshalb nennen wir den Film so, wie ICH sage. Also… Bitte mitnotieren… Der Film wird heißen… äh… Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt. Ja. Genau. Das ist gut.”

“Und dann hätten wir da noch ein Drehbuch von einem gewissen Charles Kaufman. Kompletter Müll, wenn ihr mich fragt. Da geht es um einen erfolglosen Puppenspieler, der durch Zufall eine Tür entdeckt, durch die man in den Kopf von John Malkovich gesaugt wird.”
“Hm, naja…”