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Antimuslimische Übergriffe nehmen nach dem Anschlag in Wien zu

Der Terror-Anschlag in Wien ist zwei Wochen her und beim Verein ZARA sind bereits mehr als 60 Meldungen von antimuslimischem Rassismus eingegangen. Besonders betroffen davon sind Frauen, die Kopftuch tragen. Wir haben muslimisch gelesene Menschen gefragt, wie sie die derzeitige Situation erleben.

Von Diana Köhler

Beschimpfungen und Drohungen kommen vor allem auf Social Media, aber auch auf der Straße, beim Einkaufen oder sogar vor der eigenen Haustüre vor. Zwei Wochen ist der islamistische Anschlag in Wien nun her. Während alle Wiener*innen versuchen, ihn irgendwie zu verarbeiten, kommt für muslimische Wiener*innen neben Corona noch eine dritte Angst hinzu: die vor rassistischen Übergriffen.

Dieses Phänomen ist bekannt und hat es auch nach anderen islamistischen Anschlägen in der Vergangenheit gegeben. Die EU-eigene Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hat in einer Studie erhoben, dass Hassverbrechen gegen Muslime nach den Bombenanschlägen in London im Jahr 2005 oder dem Attentat im Pariser Bataclan 2015 besorgniserregend gestiegen sind .

Asma Aiad

Ines Mahmoud

Asma Aiad

Asma Aiad ist Bloggerin, Fotografin und Künstlerin. Auf ihrer Website schreibt sie: “Durch Kunst und meine künstlerische Tätigkeit möchte ich der Welt zeigen, dass es viel zu schade ist in Schubladen zu denken.“ Doch gerade diese Schubladen bekommen viele muslimisch gelesene Menschen zurzeit zu spüren:

„Muslime haben Angst, dass die politische Stimmung kippt.“ (Asma Aiad)

In den Tagen nach dem Anschlag haben sich auf ihren Social-Media-Kanälen zahlreiche Frauen gemeldet und von ihren Erlebnissen erzählt. Asma hat die Fälle an den Verein ZARA weitergeleitet. Denn die Fälle auch offiziell zu melden sei unglaublich wichtig. So sieht das auch Nesrin El-Isa, sie ist im Bundesvorstand der Muslimischen Jugend Österreich. Verringert sich die Dunkelziffer, könne mehr Menschen geholfen, der politische Druck erhöht und Forderungen gestellt werden, sagt sie.

Nesrin El-Isa

Asma Aiad

Nesrin El-Isa

Jeder und jede gehe anders mit der Situation um. Manche versuchen es durch Humor oder veröffentlichen ihre Erlebnisse im Netz. Andere wiederum sind eher verängstigt und ziehen sich zurück. Aber reden hilft meistens, da ist sich Nesrin sicher. Sie selbst versucht, Ängste nicht zu sehr an sich heran zu lassen. Ein solches Attentat würde genau darauf abzielen, den Leuten Angst einzujagen, sie dazu bringen, sich zu verstecken. Aber Nesrin will sich davon nicht beeinflussen lassen:

„Ich werde weder Rassisten noch Attentätern den Gefallen tun, zu verstecken wer ich bin.“ (Nesrin El-Isa)

Sophie Haidinger ist Beraterin beim Verein ZARA. Sie betont, dass Muslim*innen schon vor dem 2. November mit Diskriminierung und Rassismus zu kämpfen gehabt hätten. Doch jetzt würden zudem die Äußerungen oft direkt auf das Attentat bezogen. An ZARA aber auch an die Dokustelle für Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus, können sich Betroffene wenden. Auf ihrer Website ruft der Verein dazu auf, Zivilcourage zu zeigen.

Aber für Asma Aiad ist nicht nur Zivilcourage in den jetzigen Zeiten gefragt. Genauso wichtig sei, über eigene Rassismen zu reflektieren und die eigenen Aussagen und Handlungen zu hinterfragen. Betroffenen Personen in einer konkret bedrohlichen oder auch unangenehmen Situation hilft es zunächst einmal, nicht alleine zu sein.

„Es bedeutet so viel, wenn jemand in so einer Situation einfach nur zu einem sagt: ‚Hör dir das nicht an, der ist blöd, komm mit‘ oder auch einfach nur: ‚Wow, super Mantel, steht dir gut!‘ Zivicourage ist gerade jetzt so unglaublich wichtig.“ (Asma Aiad)

Neben Hilfe holen und dem Dokumentieren der Situation braucht es also gar nicht so viel, um die Situation für Betroffene zu erleichtern.

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