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Jana Perusich

fm4 soundpark weekly

Neue Musik von Clara Luzia, Jansky, no:no, Crack Ignaz u.v.m.

Von Schnee, Sünden und der Schönheit unvollkommener Dinge: die österreichische Musikwoche im Überblick.

Von Lisa Schneider

Farce ist toll, das wissen wir nicht erst, seit sie einen besten Popsongs des Jahres veröffentlicht hat („Subway Surfer“!), aber auch wieder einmal mehr, seit sie in Dalias Late Night Lemonade live aufgetreten ist und da unter anderem einen Song von Clara Luzia gecovert hat. Das gegenseitige Ideen-Zuspielen und Austauschen in der Musik war schon immer eine gute Sache, und die setzt sich aktuell sehr spannend fort.

Ihren Auftritt am letztwöchentlichen Blue Bird Festival musste Clara Luzia wegen eines Covid-19-Verdachts im Bandumfeld leider absagen, aber dafür gibt’s einen neuen Vinyl- und Digitalrelease. „Coverversionen sind ja schon auch eine Art Metapher für’s menschliche Zusammenleben“, erzählt Clara Luzia, und dem ist sie auf ihrer neuen EP „4+1“ genauer nachgegangen. Darauf zu hören sind vier Coversongs und ein Clara-Original.

Clara Luzia EP Cover "4+1"

Asinella Records

„4+1“ heißt die neue EP von Clara Luzia.

Ein Cover holt im besten Fall eine neue Seite eines Lieds hervor, schärft die Aufmerksamkeit dafür, was da noch alles drinnen steckt an Deutungsmöglichkeiten. Und im allerbesten Fall lernt man da über die Arbeit einer oder eines anderen noch etwas über sich selbst: Welche Popsongs einen seit früher Kindheit begleiten, und wieso ("Der erste Popsong, der mich nachhaltig geflasht hat, war „It’s A Sin" von Petshop Boys“). Und welche Menschen man schon auf ein solches Podest erhoben hat, dass man sie im echten Leben gar nicht mehr treffen will („nie, nie, nie, lieber nie“ sagt Clara zur Möglichkeit, einmal PJ Harvey gegenüberstehen zu können).

Die Cover-Version von „It’s A Sin“ kennen Fans und Konzertbesucher*innen von Clara Luzia schon, sie ist ein guter und gut gealterter Wegbegleiter im Liveset. So wie das zum Beispiel hier war, als Drängeln und Springen und Singen von der ersten Reihe bis zur letzten noch erlaubt war:

Die Musikvideoauswahl der Woche:

Jansky - „Fäden“

„Zwischen Lo-Fi-Experiment und Singer-Songwriter-Pop“, so beschreiben Jansky selbst ihre Musik. Man will noch schöne Wörter wie Dark-Freak-Folk hinzufügen. Es ist das Geheimnisvolle, das Dunkle, das die Lieder dieses jungen Duos so seltsam einnehmend macht, mit „Fäden“ ist letzte Woche, passend zum Albumrelease „LP1“, ein weiteres Video erschienen.

„Zeilen“, „Venedig“, „Haut“, „Tür“ - so und so ähnlich lauten die Titel der elf Songs, die wir am Debütalbum von Jansky hören. Es sind klare und kurze Ansagen, gleichzeitig ist dieses Album aber ein großer Raum für Rätsel, Neugier, Vorfreude. Hier ist alles zur Essenz reduziert, auch musikalisch: Mit Gitarre, Percussion und Gesang tragen die Geschwister Anna und Martin Rupp ihre Songs vor, subtil und unaufdringlich. In einer Welt, in der die, die am lautesten schreien, leider oft gewinnen, ist das eine willkommene Wohltat.

Samura Loré & Devaloop - „Stories Of The Ocean (feat. food for thought)“

Da hat mich mein lieber Kollege Stefan Trischler draufgebracht, weil er dieses Duo „immer schon mal einladen wollte, spätestens zum großen Release Mitte September, aber jetzt endlich ist es so weit“. Samura Loré und Devaloop kennen sich aus ihrer Heimatstadt Salzburg, wo vor allem letzter sich schon längere Zeit einen großen Spaß daraus gemacht hat, an guten Beats zu basteln und zu bauen - bis sich langsam das gemeinsame Projekt entwickelt hat. „Of Passionate Nature“ heißt das nu-soulige, vom 90-ies Pop angehauchte erste Album.

„Stories Of The Ocean“: Samura Loré und Devaloop arbeiten mit starkem Rhythmus, starker Erzählstimme aber vor allem auch mit starken Bildern. Selbstbetrachtung und Außenwahrnehmung, eine kurze, einsichtige Abhandlung der eigenen Fehler und Wünsche. Und auch, wenn in diesem Lied einmal mehr klar wird, dass nichts für immer, dass alles im Fluss bleibt - es sind die kleinen Dinge, die Hoffnung in den Alltag bringen: „even fragile flowers got the strength to break concrete“.

no:no - „evolving“

no:no, das ist keine doppelte Verneinung, und schon gar keine doppelte Ablehnung. Es ist der Spitzname, mit dem die oberösterreichische Musikerin Veronika Sterrer schon immer durchs Leben geht. Nono, also Veronika, steht als Keyboarderin und Backgroundsängerin mit AVEC auf der Bühne. Jetzt hat sie ihre erste Solo-Single „evolving“ veröffentlicht.

„For this to end and for me to begin“: „evolving“ ist ein schönes Wort und ein gut ausgesuchter Titel für eine erste Single, hält es doch fest, dass da nichts in Stein gemeißelt ist. no:no hat lange getüftelt und arrangiert, bis sie mithilfe von Geräuschen wie Atem, Gläserklirren oder dem Rascheln eines weichen Wollpullovers ihr ganz persönliches Drumkit zusammengebaut hat. Es passt sehr gut, dass es im Video haptisch zugeht, mit versinkenden Stoffen, nach denen man greifen möchte, wo es zuckt und ruckelt, weil das Ganze auf analogem Super-8-Film gedreht worden ist. Keine Perfektion: Es ist schön wie alles, an dem etwas fehlt.

Am 27.11 wird die erste EP von no:no erscheinen, sie heißt „body memories“.

Crack Ignaz - „Nicht von hier“

„Sturm und Drang“ war der Titel von Crack Ignaz' letztem Album, es ist im August erschienen. Mit dem Single-Dropping geht’s trotzdem munter weiter: Nach „Lazy“ hat er jetzt auch eine Videosingle namens „Nicht von hier“ veröffentlicht.

Alles vibey hier, der Beat rollt langsam, das obligatorische „Euda!“ fehlt natürlich nicht. Das hat schon Schmäh, und ist trotzdem ernst: „Von wo kommst du hah / du bist nicht von da“. Es ist die leidige Frage, ob in Vorstellungsgesprächen, auf der Straße oder auf Parties, weil die Menschen lassen ihre Vorurteile auch beim Trinken- und Tanzengehen nicht zuhause.

Earl Mobley - „It’s Always Snowing Around Me“

Er hat uns zum Herbstbeginn schon gemütlich-gute Songs mit Titeln wie „Cuddle Me“ geschrieben, natürlich weiß er auch in der finstersten Jahreszeit, wie man melancholisch angehauchte Gemüter glücklicher macht: unser ehemaliger FM4 Soundpark Act im Oktober, Earl Mobley, hat zu seinem Instrumentalsong „It’s Always Snowing Around Me“ ein sehr schönes Video, gedreht auf 16mm-Film, veröffentlicht. Und: Ein Saxophon macht alles besser.

Auch noch gut und gut zu wissen

  • Ihr seid „The Shining“-Fans? Oder ihr hegt generell eine Vorliebe für schön-alt-kitschige Hotelausstattungen? Siamese Elephants haben genau das richtige Video für euch gedreht: rot getüncht und groovy-langsam, die Single heißt „Heartbreak Hotel“.
  • Das Producer-Duo Mieux ist jetzt im immer guten Haus Affine Records (Cid Rim, Dorian Concept) eingekehrt - als ersten von vielen weiteren Releases haben sie gerade die Single „Params“ veröffentlicht.
  • Sie bezeichnen sich selbst sehr charmant als „die Ritter des Untergrund“ und poltern musikalisch in einer augenzwinkernden Mischung aus Jazz, Pop und Hiphop über die Bühne: hier hat Andreas Gstettner-Brugger die Band Tombadour und ihr neues Album „Kentertainment“ genauer vorgestellt.
  • Es ist die letzte Vorab-Single, bevor wir dann endlich die erste EP von AZE in Händen bzw. auf Plattentellern halten können: „Call Me Back“ ist ein gewohnt smoother Dream-R’n’B-Track mit Fokus auf großer Stimme und gutem guitar-picking.
  • Immer gerne mit Dramatik: die emotionalste Pop-Ballade der Woche kommt von Køleen, einer jungen Künstlerin, die mit „What Am I Waiting For“ ihre Debütsingle veröffentlicht hat.

FM4 Soundpark Weekly

In dieser wöchentlichen Rubrik servieren Lisa Schneider und Andreas Gstettner-Brugger musikalische Häppchen aus Österreich. Neue Bands und Songs, Videos und Konzerthighlights quer durch den stilistischen Gemüsegarten.

  • „I’ll keep you warm“: die Band, die mal von irgendjemandem als „Boygroup on acid“ bezeichnet worden ist, heißt Cloudelvis und hat mit „Carry Each Other“ eine neue Single und das gute Motto für die kommenden Wochen rausgebracht. Im Video huschen allerliebste Kuschelmonster durchs Bild, auch sonst bleibt alles so mysteriös wie immer.
  • Bleiben wir kurz bei maskierten Menschen: Lucy Dreams ist auch so eine Band, die mit der Fassade spielt, und auch die Taktgeschwindigkeit ist ähnlich: „Pacific Shore“, ein Dreampopausflug ans Meer.
  • "Ich hab mir eines nachts hintereinander die Filme „A.I“, „Bladerunner" und dazu noch einige Dokus über künstliche Intelligenz angesehen“, erzählt der Salzburger Musiker St. Kitts - und aus diesen durchwachten Stunden ist ein Song geworden. „Wenn mein Computer träumt“ ist seine Version eines bewusstseinserweiternden Soundtracks.
  • Letzte Woche an dieser Stelle habe ich auch die Band Teenage Angst und ihre gut-polternd bluesige Livesession zum Song „Big Shot Baby“ vorgestellt. Sie haben ein gutes Tempo drauf, und gleich nachgelegt: jetzt ist das Video zu „Lord’s Savoury“ da.

Letzten Donnerstag im Soundpark haben wir in „Kentertainment“, das neue Album von Tombadour hineingehört - inklusive Band-Interview. Ich durfte euch neue Tracks von Blasser Kyren, AZE, Jansky oder KeKe vorstellen und wir haben einmal mehr festgestellt, dass das Blue Bird Festival das beste Singer-Songwriter-Indiefolk-Festival des Landes ist.

Und vergangenen Sonntag waren bei Christian Pausch unter anderem Dacid Go8lin und Squalloscope mit neuer Musik und zum Gespräch zu Besuch.

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