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Ted Lasso

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„Ted Lasso“ ist die Serie, die wir gerade brauchen

2013 ist der amerikanische Comedian Jason Sudeikis zum ersten Mal in die Rolle des schnauzbärtigen Football-Coachs Ted Lasso geschlüpft. Daraus ist nun eine Serie geworden, in der Ted Lasso einen englischen Fußballclub übernimmt, ohne eine Ahnung von der Sportart zu haben. Die Serie weiß auch Nicht-Fußballfans zu überzeugen.

Von Philipp Emberger

„You are an American who is now in charge of a football club despite possessing very little knowledge of the game." Mit dieser harschen Zusammenfassung des schnöseligen Sportjournalisten Trent Crimm (James Lance) ist Ted Lasso, der Neo-Teamchef des fiktiven englischen Fußballklubs AFC Richmond, gleich bei seiner ersten Pressekonferenz konfrontiert. Wie so oft in der Serie umgeht der schnauzbärtige Ted Lasso, der hervorragend vom Komiker Jason Sudeikis verkörpert wird, dann die Kritik mit einem lässigen Spruch.

Es ist eine Szene, wie sie in der Serie häufiger zu sehen ist, denn Ted Lasso ist mit viel Gegenwind konfrontiert. Nicht zuletzt die Fans des Fußballklubs lassen keine Gelegenheit aus, den neuen Teamchef als Wanker zu bezeichnen, sobald er die Kabine verlässt und das Spielfeld betritt.

Still Ted Lasso

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Jason Sudeikis als Ted Lasso, im Hintergrund Coach Beard (Brendan Hunt)

Die Antipathie ist durchaus verständlich, immerhin ist Lasso ein amerikanischer College-Football-Coach aus Kansas und soll, in England angekommen, nun einen Fußballverein in einer der umsatzstärksten Sportligen der Welt trainieren. Das heißt für Ted Lasso vor allem, dass er die Verantwortung für ein Sportteam hat, von dessen Sport er überhaupt keine Ahnung hat. Sein Fußballwissen hat er sich gemeinsam mit seinem Assistenten, Coach Beard (Brendan Hunt), auf dem Flug nach London angelesen. Das Setting klingt zwar, übrigens ziemlich zurecht, sehr konstruiert, das hindert die Serie aber nicht, Wirkung zu entfalten.

Treffer versenkt für die Charakterzeichnung

Hinter der überraschenden Trainerbesetzung steckt die neue Eigentümerin des Fußballklubs Rebecca Welton (Hannah Waddingham). Nach der öffentlich über Boulevardzeitungen ausgetragenen Trennung von ihrem superreichen Ex-Mann will sie nun sein Allerheiligstes, den Fußballklub, und damit sein Lebenswerk zerstören. Der von Fußball wenig wissende Lasso scheint ihr dafür die Idealbesetzung zu sein. Vor allem aus dem Duo Welton-Lasso entwickelt die zehn Folgen umfassende Serie viel Comedypotenzial.

Ted Lasso, Hannah Waddingham

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Hannah Waddingham überzeugt als Rebecca Welton

Sie sind aber nicht die einzigen gelungenen Charaktere in der Fußballserie. Ganz im Gegenteil: Von Ted Lasso abwärts bis zum von Minderwertigkeitsgefühlen geplagten Platzwart Nathan (Nick Mohammed) sind die Figuren top geschrieben.

Das Landei Lasso mag zwar ein unwissender Fußballcoach sein, entpuppt sich aber in weiterer Folge der Serie als vielseitige Figur und sorgt für lustige und rührende Momente. Die Ted-Lasso-Art wird auch im Umgang mit den Spielern des Fußballklubs deutlich. Interne Konflikte zwischen dem erfahrenden Teamkapitän Roy Kent (Brett Goldstein) und dem arroganten Youngster Jamie Tartt (Phil Dunster) löst er mit viel Weitsicht und Empathie.

Ted Lasso

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Der arrogante Jamie Tartt (Phil Dunster) und Teamkapitätn Roy Kent (Brett Goldstein) sind als Teamkollegen mit Konflikten zu sehen

Ted Lasso

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Die ersten zehn Folgen der Serie sind auf AppleTV+ zu sehen.

Diese Charakterzüge Lassos sind wohl auch ein Mitgrund, warum die Figur, aus der Feder von Sudeikis und dem Scrubs-Erfinder Bill Lawrence, so verdammt gut funktioniert. In einer Zeit, in der sowohl in den USA als auch auf der anderen Seite des Atlantiks despotisch regierende Alphamänner die Führungselite bilden, ist der besonnene und vor allem in jeder Sekunde menschliche Ted Lasso ein willkommener Gegenentwurf. Darüber hinaus überzeugt er mit liebenswertem Humor und einem Blick auf die Welt, der gerade in diesen unsicheren Zeiten Balsam für die Seele ist. Das kommt auch bei den Zuseher*innen an. Die Comedyserie stand in den hauseigenen Apple-Streamingcharts lange auf Platz eins und wurde wohl auch deshalb bereits für eine zweite und dritte Staffel verlängert.

Vom Werbesketch zur Serie

Die Geschichte von Jason Sudeikis als Ted Lasso ist schon einige Jahre alt. Bereits 2013 hat Sudeikis die Rolle für einen Sportsender entwickelt, um den Amerikaner*innen europäischen Fußball mitsamt der dazugehörigen Liveübertragung des Senders näher zu bringen.

Aus dem Werbesketch ist nun eine zehn Folgen starke Serie geworden, die vor allem mit Situationskomik und Dialogwitz überzeugt. „Ted Lasso“ ist eine Feelgood-Serie, bei der man sich Folge für Folge ein Stück mehr in die Charaktere verliebt, ohne dabei viel Fußballwissen zu benötigen. Das mag für Fußballfans enttäuschend sein, aber hey, wenn der Protagonist der Serie kein Fußballexperte ist, müssen die Zuseher*innen erst recht keine sein.

Vielmehr steht bei der Comedyserie das Menschliche im Vordergrund. Die Drehbuchautoren verbinden geschickt das Alberne mit dem Ernsten und Sudeikis nutzt das mit viel Gespür geschriebene Drehbuch, um als ahnungsloser Fußballtrainer mit Hirn, Haltung und Herz zu überzeugen. Oder wie es der Sportjournalist Crimm in einem Porträt über den Neo-Fußballcoach schreibt: „Man kann nicht anders, als ihn anfeuern!“

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