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Yukon Blonde

Jeff Innes

Feelgood-Pop aus Kanada: Yukon Blonde

Yukon Blonde legen auf ihrem bereits fünften Album alle musikalischen Hemmungen ab. „Vindicator“ zeigt das Quintett aus Vancouver weniger poliert, wilder, irgendwo zwischen Flaming Lips und Phoenix. Feel-Good-Musik im allerbesten Sinn, und wie wir sie genau jetzt brauchen.

Von Eva Umbauer

Irgendwann zuletzt fand ich mich beim Tagträumen wieder, im Kopf eine Liste machend über die besten Bands aus Kanada. Metric waren dabei, Stars, Wolf Parade, natürlich auch Broken Social Scene, und dass es um You Say Party We Say Die ewig schade ist, fiel mir wieder ein.

Bei dieser imaginären Liste hätte ich aber beinahe auf Yukon Blonde vergessen, wie You Say Party We Say Die ebenfalls aus Vancouver. Wie konnte ich nur! Das neue Album des kanadischen Quintetts ist richtig gut gelungen - mit Keyboard-Akrobatik, Synth-Pyrotechnik, coolen Grooves, einem funky Bass, einer Gitarre, die schon mal den Heavyrock liebt, und vermehrt mit Keyboarderin Rebecca Gray an den Lead-Vocals.

Yukon-Blonde-Gitarrist Brandon Wolfe Scott ist gut gelaunt am anderen Ende der Telefonleitung, trotz dem Umstand, dass die Band ein geplantes Livestream-Konzert absagen musste - Lockdown in Vancouver. Da beschlossen die fünf Bandmitglieder von Yukon Blonde, nicht wirklich zusammenzukommen, sondern wie alle, bei denen das geht, zuhause zu bleiben.

Schon im Frühjahr, ebenfalls zu Lockdown-Zeiten, mischte die Band „Vindicator“ ab. Bassist James Younger übernahm diese Aufgabe, nachdem Jeff Innes, Rebecca Gray, Graham Jones, James Younger und Brandon Scott erstmals die gesamte Produktion eines Yukon-Blonde-Albums in Eigenregie gemacht hatten.

Yukon Blonde hatten nach vier Alben genug Erfahrung, um den Schritt des Selbst-Produzierens zu wagen. Und dann kam ja außerdem schon Corona. Es war eine gute Entscheidung, die beinhaltete, nicht die Uhr eines professionellen Tonstudios ticken zu hören, nicht ständig im Kopf zu haben, dass jede Stunde Aufnahmezeit viel kostet. Es hat der Band richtig gut getan.

Das „Wilde“ am neuen Yukon-Blonde-Album kommt vielleicht genau daher, und dass ein*e Producer*in womöglich die Ecken und Kanten der Songs wegpoliert hätte. Dennoch ist „Vindicator“ eine Art „Feelgood-Album“ geworden: einfach loslassen und Musik machen. Was aber nicht bedeutet, dass die Songs nicht etwa komplexe Arrangements hätten.

Die neuen Songs von Yukon Blonde sind opulent. und jeder davon fast ein kleines Abenteuer an sich. Rebecca Gray hat auf „Vindicator“ eine größere Rolle als bisher, ist öfter auch als Sängerin zu hören, etwa bei „In Love Again“, wo sie die Lead-Vocals übernimmt. „Here I am, in love again“, singt Rebecca Gray. Das klingt dann fast ein wenig wie Fleetwood Mac zusammen mit den Cranberries, nur leichtfüßiger. Gitarrist Brandon Scott lacht ob dieses Vergleiches, aber er mag ihn, auch wenn die Band selbst hier eher an Broadcast als Inspirationsquelle denkt, jene britische Electronic/Dreampop/Psychedelic-Band rund um die Sängerin Trish Keenan, die 2011 - infolge einer Lungenentzündung - jung verstorben ist.

Broadcast waren so eine tolle Band, erzählt Brandon Scott, der Yukon Blonde zusammen mit Sänger und Gitarrist Jeff Innes und Schlagzeuger Graham Jones gegründet hat, im FM4-Interview. Broadcast waren experimentell, hatten aber auch ein sensibles Gespür für Popmusik. Das Schlagzeug, die Arrangements, die Stimme von Trish Keenan, Broadcast waren etwas ganz Besonderes für die Bandmitglieder von Yukon Blonde, die gern als die kanadischen Flaming Lips gehandelt wurden, mit dem neuen Album aber eher mehr mit einer Band wie Balthazar oder Phoenix gemeinsam haben.

Albumcover von Yukon Blondes "Vindicator"

Dine Alone Records

„Vindicator“ von Yukon Blonde ist bei Dine Alone Records erschienen.

Die letzten beiden Alben von Yukon Blonde, „Critical Hit“ und „On Blonde“, wurden vom US-Amerikaner Tony Hoffer abgemischt, er produzierte das zweite Album von Phoenix, „Alphabetical“, und Yukon Blonde fanden es wegen seines ganz besonderen Sounds immer so toll.

Yukon Blonde erfinden sich mit dem neuen Album fast ein wenig neu. Der Albumtitel, „Vindicator“ bezieht sich darauf, dass die Band diesmal alles selbst machte. Das Ergebnis bestätigt sie, denn manche rieten ihnen davon ab. Der Ausdruck „to vindicate someone“ bedeutet jemanden zu rehabilitieren, „to vindicate something“ heißt etwas rechtfertigen, etwas verteidigen, oder „to vindicate a theory“ steht dafür, eine Theorie zu bestätigen. Ein*e „vindicator“ ist der oder die Verteidiger*in, oder auch der oder die Beschützer*in.

Im tanzbaren Dreampop-Song „Fickle Feelings" singen Jeff Innes und Rebecca Gray ein Duett, samt schimmernden Harmonien: "...don´t let those fickle feelings go straight to your head...“. „YGGT“ steht für „you got that thing“, „Get Precious“ hat eine französischsprachige Bridge, ein Track heißt „Fuck It“, und „Big Black Cloud“ ist einfach nur hübsch. Alle Songs auf „Vindicator“ ergeben ein zusammenhängendes Ganzes, und dieses hat einen gelungenen „Feelgood-Vibe“. Wohlfühl Indie-Pop/Rock im allerbesten Sinn, und genau das, was wir jetzt brauchen.

P.S.: Der Bandname Yukon Blonde ist ein Spaß und steht für graues Haar. Das Yukon Territory ist nördlich von British Columbia gelegen, jener kanadischen Provinz, deren Hauptstadt Vancouver ist.

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