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Miley Cyrus

Vijat Mohindra

Miley Cyrus zwischen Glam-Rock und Neubeginn

Power-Hits, ein elektrisierter Glam-Rock-Spirit, die Kunst des Coverns und hochkarätige Features: Miley Cyrus ist in ihrer selbstbewussten Manier mit der neuen Platte „Plastic Hearts“ zurück im bunten Popzirkus.

Von Michaela Pichler

Sie hat eingeschlagen wie eine Abrissbirne, ins künstliche Kartenhaus, das das internationale Musikbusiness ausmacht: Miley Cyrus ist in diesem Popzirkus großgeworden. Vor knapp 15 Jahren begann ihre Karriere, mit der Disney-Channel-Serie „Hannah Montana“ – heute ist die Musikerin und Schauspielerin aus Nashville ihrem Serien-Alter-Ego längst entwachsen.

Spätestens mit dem 2013 erschienen Album „Bangerz“, der Aufreger-Tour und dem Pop-Hit „Wrecking Ball“ hat sie ihr einst so lupenreines Image des US-amerikanischen Mädchens von nebenan abgelegt. Egal ob Charts stürmende Solo-Künstlerin, heimliches Guilty Pleasure oder provokantes Enfant Terrible – in der Popwelt hat Miley Cyrus schon viele Rollen erfüllt und Erwartungen immer wieder gebrochen.

Sie arbeitet mit den Flaming Lips zusammen und setzt sich für das Pro-Choice-Movement ein. Erst im letzten Jahr veröffentlicht sie mit dem Musikvideo zu „Mother’s Daughter“ einen Song voller Parolen. „Every woman is a riot“ und „My body my rules“ wird in großen Lettern eingeblendet. Wer die Grundrechte eines selbstbestimmten Lebens mit Abtreibungsverboten gefährdet, legt sich bei Miley Cyrus mit der Falschen an. Mit der Happy Hippie Foundation gründet sie ihre eigene Organisation, die sich gegen Ungleichheit bei jugendliche Minderheiten stark macht. Nicht nur dafür wird sie auch in der queeren Community gefeiert.

Miley Cyrus

Sony / RCA Recods

„Plastic Hearts“ ist das siebente Studioalbum von Miley Cyrus und ist via RCA Records am 27. November 2020 erschienen.

Happy Birthday

Zum Feiern gibt es diese Woche für Miley Cyrus gleich doppelt etwas. Am 23. November hatte die Künstlerin ihren 28. Geburtstag, dazu schenkt sie sich einfach selbst Musik. Ihr neues Album „Plastic Hearts“ erscheint nur wenige Tage nach ihrem Geburtstag. Ein Geschenk, das Miley Cyrus vielleicht auch ein bisschen tröstet – hatte sie in den letzten Jahren doch einige Tiefen zu verkraften: einen Brand, der ihr Zuhause in Malibu zerstört hat, den Tod ihrer Großmutter und die Scheidung von Schauspieler Liam Hemsworth, die von der ganzen Welt ausgeschlachtet wurde.

Eigentlich hätte ja alles anders kommen sollen. Statt einem ganzen Album hätte ein dreiteiliges Projekt schon im letzten Jahr erscheinen sollen, „She is Miley Cyrus“ lautete der Titel. Drei EPs, drei unterschiedliche Facetten der Sängerin sollten es werden. Doch aufgrund all der Veränderungen in Cyrus’ Leben fühlten sich die neuen Songs nicht mehr richtig an, dazu kommt noch, dass ein Teil der Arbeit im Feuer vernichtet wurde. Mit der einsetzenden Pandemie wurde endgültig alles verschoben. Bis „Plastic Hearts“ als Album schließlich auf einmal fertig war und einen Neubeginn markierte.

Back in the 80s

Miley Cyrus verwandelt sich in ihren Alben jedes Mal zu einer neuen Bühnenpersona. Zuletzt hat sie das mit ihrem Country-inspirierten Album „Younger Now“ 2017 bewiesen – der Country-Schuh hat ihr dann (zum Glück) aber doch nicht so gepasst, deshalb kehrt Miley Cyrus 2020 wieder zurück in ihre wirkliche musikalische Heimat, in die knallende Pop-Welt. Mit einem gehörigen Schlag 1980er Spirit, wie die erste Single „Midnight Sky“ schon veranschaulicht. Produziert wurde das Album von Mark Ronson, Louis Bell, Andrew Watt und Andrew Wyatt.

Aus Plastik wird Glas

Die 1980er manifestieren sich auf “Plastic Hearts“ nicht nur im Sound. Miley Cyrus verwandelt sich in ihren Alben nicht immer nur musikalisch, auch ihr Stil wird dem neu inszenierten Ich angepasst. Für „Plastic Hearts“ gibt es einen platinblonden Pixie-Mullet-Haarschnitt, der ein bisschen an Madonna oder Blondie erinnert. Blondie hat für das neue Miley-Album aber nicht nur als Fashion-Inspiration hergehalten. 2020 scheint das Jahr der großen Cover zu sein. James Blake hat es im ersten Lockdown auf Instagram schon vorgezeigt, Miley Cyrus geht nun auf „Plastic Hearts“ neben eigenen Songs ebenfalls der Kunst des Coverns nach. So wird der Cranberries-Hit „Zombie“ wieder aufgetaut, und auch Blondies „Heart of Glass“ bekommt einen neuen, empfehlenswerten Anstrich, den Miley Cyrus auch schon live beim digitalen iHeartRadio Music Festival im September präsentierte.

Kings & Queens of Rock’n’Roll

Was wäre ein Popalbum in dieser Zeit ohne große Features? Das hat sich auch Miley Cyrus gedacht und sich die beiden Rock-Idole Billy Idol und Joan Jett eingeladen. Mit ersterem entsteht der von einem treibende Beat getragenen Club-Track „Night Crawling“, gesungen wird direkt unter der Discokugel.

I found the meanin’ / Just what I needed / Cut on the bathroom wall / In my reflection / Cravin’ attention / Under the disco ball

Mit Joan Jett verbindet Miley Cyrus schon eine längere Liebesgeschichte. “There isn’t one other person on this planet that’s been an inspiration to me like you have”, meinte Miley Cyrus 2015 über die Runaway-Gitarristin. Immer wieder hat Cyrus Songs ihres Idols in Live-Auftritten gecovert, für die „Happy Hippie Backyard Sessions“ traten die beiden Künstlerinnen auch schon gemeinsam auf. Für Cyrus’ neueste Platte kreieren sie „Bad Karma“, einen hitzigen Song, in dem die Stimme der 28-Jährigen in all seiner dunklen Rock-Attitude zum Vorschein kommt.

Einen Hauch Pop und eine Brise 80s gibt es mit Kollegin Dua Lipa zu hören. Mit dem britischen Popstar ist die Single „Prisoner“ entstanden.

„Prisoner“ ist ein dunkler Hit über das Gefühl, eingesperrt zu sein, emotional in einer Beziehung oder auf andere Weise. Trotzdem ist er ein selbstbewusster Song, der auch dem ganzen Album gerecht wird. Mit „Plastic Hearts“ ist Miley Cyrus wieder zurückgekehrt, aus der Asche der Vergangenheit und bereit, den Pop-Zirkus dieser Welt wieder zu bespielen.

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