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Stefan Eberharter am Rad

Stefan Eberharter

Pros & Profiles

Stefan Eberharter fährt die unglaublichsten Wege mit dem Mountainbike

Stefan Eberharter erschließt mit seinem Mountainbike Wege, die man bisher für unfahrbar gehalten hat, schmale Berggrate etwa, die auf beiden Seiten hunderte Meter abfallen. Die Videos von diesen Befahrungen lösen Gänsehaut und Kopfschütteln aus.

Von Simon Welebil

Selbst vor dem Computerbildschirm kann das Herz schneller schlagen und eine Gänshehaut aufziehen, wenn man die Videos des 31-jährigen Zillertalers Stefan Eberharter ansieht. Einmal holt er kurz mit dem Mountainbike Schwung, bevor er ganz knapp am metallenen Gipfelkreuz vorbeifährt, auf einen Grat, den viele nur auf allen vieren bewältigen würden. Stefan aber befährt diesen Grat, der auf beiden Seiten hunderte Meter abfällt, mit dem Mountainbike, ohne den Fuß einmal abzusetzen, oder besser, er erarbeitet sich diesen Grat Meter für Meter, versetzt Vorder- oder Hinterrad, springt von Fels zu Fels und lässt dann wieder laufen. „It’s probably not the best place to make a mistake“, erklärt er dazu lakonisch im Video zur Fahrt.

Die Skills für solche Aktionen hat er sich beim Bike-Trial geholt, quasi der Geschicklichkeitsdisziplin des Radfahrens, in der Eberharter 2015 sogar Europameister und Vize-Weltmeister geworden ist. Nach diesen Erfolgen hat er sich vom Wettkampfsport verabschiedet und versucht, die Sachen, die er im Trial Sport gelernt hat, mit dem Mountainbike in hochalpinem Gelände umzusetzen.

„Wenn’s ausgesetzt ist, bekommt man relativ viel Aufmerksamkeit.“

Das mit dem scheinbaren Risiko der Aktionen die Aufmerksamkeit zunimmt, hat Stefan Eberharter schnell erkannt. Das beschäftigt ihn auch stark, auch weil er dafür Kritik einstecken muss, für Klicks und Likes alles zu machen. Doch das tut er nicht. Wenn es allein um Likes geht, dann staubt er mit kurzen, spontanen Clips auf Instagram, die er rund um sein Dorf aufgenommen hat, viel mehr ab.

An seiner „Traumline“ hingegen hat er über zwei Jahre lang gearbeitet, bis er sie in einem Guss und „clean“, also ohne abzusteigen, durchfahren konnte. Gerade am Anfang sei das eine ziemliche Challenge für den Kopf gewesen, sagt er, wo er noch überhaupt nicht sicher gewesen ist, ob diese Stellen überhaupt fahrbar seien. Langsam hat er sich an den Grat herangetastet, bis er immer sicherer und flüssiger geworden ist, die Zwischenhüpfer weniger. Dann ist er einmal mitten in der Nacht aufgestanden, um zum Sonnenaufgang vom Gipfel losfahren zu können und ihm ist der perfekte Run geglückt.

Stefan Eberharter am Rad

Felix Seichter

Steckbrief Stefan Eberharter

Stefan Eberharter ist 31 und wohnt in Strass im Zillertal. Bereits seit 23 Jahren fährt er Trial Bike, ist in dieser Disziplin jahrelang internationale Wettkämpfe gefahren und hat sich 2015 mit dem Europameister- und dem Vizeweltmeistertitel aus der Wettkampfszene verabschiedet.

Seither versucht er, seine Einflüsse aus dem Trial aufs Mountainbiken umzusetzen, auch im hochalpinen Gelände.

Sein Leben als Bike-Profi ruht auf drei Säulen: Trial-Shows bei Messen oder großen Veranstaltungen machen einen großen Teil seines Einkommens aus, der im Corona-Seuchenjahr aber ziemlich wegbricht. Mountainbike-Workshops und -Fahrtechnik-Camps, sowie seine Sponsoren sind seine anderen Einkommensquellen.

Die Namensgleichheit mit der Skilegende Stefan Eberharter ist in seiner Karriere dabei nicht immer vorteilhaft gewesen. Bei seinen Trial-Shows ist das Publikum teilweise enttäuscht, dass ihnen nicht ihr Ski-Star was am Rad vorzaubert.

Stark im Kopf und wissen, wann’s nicht geht

Dass er waghalsig wäre, bestreitet Stefan Eberharter. „Wenn ich weiß, ich hab zwar das perfekte Licht etc., aber ich fühle mich nicht gut, dann muss man einfach so weit sein, zu sagen, heute ist nicht der Tag, und ich muss einfach wieder probieren. Das ist das Wichtige, wenn man so Sachen macht. In dem Moment, wenn ich so eine Line fahre, dann bin ich mir einfach zu 100% sicher, dass ich das auch in dem Moment schaffen werde. Sonst würde ich es auf keinen Fall machen.“

Wenn es mal nicht klappt, dann ist sich Stefan Eberharter auch nicht zu schade, das zuzugeben. Doch wie alle Extremsportler*innen versucht Eberharter natürlich auch, seine Aktionen schlussendlich so locker aussehen zu lassen, als würde er sie jeden Tag machen, obwohl so viel Vorbereitung und Arbeit dahinter steckt. „Tage, an denen man solche Höchstleistungen bringt, gibt es nicht viele. Vielleicht fünf pro Jahr, wenn man was Gefährliches, Ausgesetztes fährt. Das ist auch genug, auch für den Kopf und definitiv keine alltägliche Situation“. Um das klarzumachen, hat er vor kurzem auch seine Youtube-Serie „Cleaned“ gestartet, in der der über die Hintergründe seiner Aktionen spricht.

Wie inszeniert man Mountainbiken auf Social Media?

Stefan Eberharter ist überhaupt nicht einverstanden mit dem medialen Bild, das Mountainbiken oft als Sport zeigt, in dem Adrenalinjunkies rücksichtslos Wege zerstören. Das liege an Bildern aus dem Downhill-Weltcup, wo es hauptsächlich um Geschwindigkeit geht, wo der Dreck spritzt und die Steine fliegen. „Ich versteh’, dass wenn man so einen Wanderweg runterfährt, dass das kein gutes Bild abgibt“, sagt er, aber das sei nicht der Mountainbike-Sport, wie ihn 99% betreiben, zu denen er sich auch zählt, obwohl er doch extremer unterwegs ist. „Wir nehmen Rücksicht auf die Natur und andere Menschen am Berg. Wir versuchen keine Spuren zu hinterlassen, Bremsspuren etwa sind in der Szene verpönt, und das soll in meine Channels einfließen.“

Eine übergeordnete Social-Media-Strategie verfolgt Eberharter nicht, obwohl er seine Kanäle auf Instagram, Facebook und Youtube unterschiedlich bespielt. Während er an Insta-Clips sehr spontan rangeht und das mitnimmt, was ihm am Rande einer Tour einfällt, entwickelt er für Youtube eigene, zeitintensive Projekte, für die er auch oft mit professionellen Filmer*innen zusammenarbeitet. Sein Vorhaben, in kürzeren Abständen Videos zu posten, ist an seinem Qualitätsanspruch gescheitert:

„Erst posten, wenn perfekt gestanden.“

FM4 Draußen: Pros & Profiles - SportlerInnen auf Social Media

Auf Social Media aktiv zu sein ist für SportlerInnen Teil ihres Alltags geworden. Sie müssen nicht nur sportlich erfolgreich sein, sondern sich und ihre Erfolge auch verkaufen können. Unseren Timelines bringt das jede Menge Super-Content, Hochglanzbilder, Actionvideos, Inspirationen? Was aber bedeutet das für die SportlerInnen und ihre Sportart? Empfinden sie Social Media mehr als Chance oder als Belastung? Diesen und anderen Fragen spürt FM4 Draußen in der Porträtserie: „Pros & Profiles – SportlerInnen auf Social Media“ nach.

Folge 1: Freestyle-Fußballer Martin Schopf
Folge 2: Kletterin Babsi Zangerl
Folge 3: Parcour-Athlet Alex Schauer
Folge 4: Downhill Mountainbikerin Vali Höll
Folge 5: Yoga-Lehrerin Sara Ticha
Folge 6: Wakeboarder Philipp Turba
Folge 7: CrossFit-Athletin Vanessa Wagner
Folge 8: Outdoor-Fotograf Tom Klocker
Folge 9: Snowboarder Thomas Feurstein
Folge 10: Skateboarder Chris Pfanner
Folge 11: Snowboarder Clemens Millauer
Folge 12: Freeskier Dennis Ranalter
Folge 13: Freerider Roman Rohrmoser
Folge 14: Bergführer Guido Unterwurzacher und Toni Moßhammer
Folge 15: Trailrunnerin Sandra Koiblmüller
Folge 16: BMX-Flatland-Riderin Irina Sadovnik
Folge 17: Mountainbike-Exfluencer Stevie Schneider
Folge 18: Extrem-Kayaker Andi Brunner
Folge 19: Leichtathletin Ivona Dadic
Folge 20: Extrem Mountainbiker Stefan Eberharter

Da kommt ihm entgegen, dass seine Sponsoren nicht den allergrößten Wert auf seinen Social Media Output legen. Es geht ihnen nicht darum, die Massen zu erreichen, sondern um die Authentizität des Zillertalers und seinen persönlichen Umgang mit Kunden. Stefan Eberharter hat bewusst auf Social Media Klauseln in den seinen Vereinbarungen mit den Sponsoren verzichtet. Das gibt ihm auch die Freiheit einen Mountainbike-Tour zu genießen, ohne den Gedanken, wie viel Social-Media-Output und -Profit er daraus generieren kann.

Stefan Eberharter trägt sein Mountainbike

Daniel Penn

Damit nimmt er eine Sonderstellung in der Mountainbike-Szene ein, in der der Erfolg von Sportler*innen auf Social Media, die Like- und Followerzahlen, den sportlichen Leistungen Erfolgen immer mehr den Rang ablaufen. „Früher war’s wichtig, vor allem besser zu werden. Heute ist Social-Media-Präsenz wichtiger als der Sport, auch für Anfänger“, so Eberharter.

Und wenn man von Social Media und Mountainbiken redet, kommt man um Fabio Wibmer nicht herum, den Trial-Fahrer, der es zum Youtube-Superstar geschafft hat. Stefan Eberharter hat selbst zwei spontane Gastauftritte auf Fabio Wibmers Kanal, die ihm zwar jedesmal eine Menge neuer Follower*innen gebracht hat, aber nicht so sein Ding sind. Vor Fabio hat er allergrößten Respekt, ihn und seinen Erfolg zu kopieren, sei aber aussichtslos. Social-Media-Arbeit nimmt schon jetzt etwa gleich viel Zeit ein, wie das Radfahren selber, und mehr ist er nicht bereit, zu investieren.

Stefan Eberharters Follow-Empfehlungen

Joe Barnes ist ein englischer Mountainbiker. Super Witzig und ganz anders, als was in der deutschsprachigen Youtube-Szene so passiert.“

„Und Chris Akrigg hat den größten Einfluss auf meinen Fahrstil bzw. die Richtung, wo ich hinwill. Mein absoluter Lieblingsfahrer. Er war auch Wettkampf-Trial-Fahrer und der erste, der die Trial-Skills aufs Mountainbiken übertragen hat. Er macht das bis heute in einer Art, die man nicht nachmachen kann: Eigener Fahrstil, eigener Charakter, voll cool.“

Dieses Jahr sollen noch zwei Projekte online gehen, über einen Roadtrip nach Frankreich und Italien, auf menschenleeren Bergen, und auch das zweite würde zu Social Distancing passen. Darüber will er aber noch nicht zu viel verraten.

Stefan Eberharter mit Bike am Berg

Daniel Penn

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