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Filmstill aus "Sunless Shadows"

This Human World

Das Filmfestival „This Human World“ findet online statt!

This Human World eröffnet online: Das Filmfestival, das bislang in Wiener Kinos stattgefunden hat, findet von 3. bis 13. Dezember online statt! Wie die Stadt Davos für das Weltwirtschaftsforum ihre Kulissen wechselt, ein Aborigine-Bub in Alice Springs mit der Gesellschaft ringt und iranische Mädchen zu Mörderinnen geworden sind – all das und noch mehr kann man sich anschauen.

Von Maria Motter

Geplant war das Festival für die große Leinwand, doch binnen kurzer Zeit hat das Team von This Human World auch die Rechte für on demand geklärt und den Großteil seines diesjährigen Programms ins Internet gestellt.

Menschenrechte sind im Fokus des Festivals, das auf alle fünf Kontinente führt und zuerst gar unglaubliche Lebensgeschichten präsentiert, die jedes Mal für eine große gesellschaftspolitische Thematik stehen.

Viele der Filme werden erstmals in Österreich zu sehen sein. Wir haben vier Empfehlungen für euch und eine große Neugier auf die kommenden Filmfestivaltage beim This Human World!

Ein Jahr in „Davos“

Ein sehr fresher Stil und die Auseinandersetzung mit Kapitalismus, das sind zwei zentrale Elemente der bisherigen Spielfilme von Daniel Hoesl. Der österreichische Regisseur war gleich mit seinem rasanten Regiedebüt „Soldate Jeannette“ am Sundance Festival und hat beim Filmfestival Rotterdam einen der begehrten „Tiger Awards“ gewonnen.

Jetzt hat Daniel Hoesl einen neuen Film: Gemeinsam mit der Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin Julia Niemann hat er einen Dokumentarfilm gemacht. „Davos“ heißt der Film, ganz genau so wie die Stadt in den Schweizer Bergen. Und „Davos“ feierte die Uraufführung schon online beim renommierten Dokumentarfilmfestival Visions du Réel.

Hoch dramatisch und spannend wie ein Thriller beginnt die Dokumentation „Davos“ mit der Geburt eines Kalbs. Ein Bauernehepaar ringt mit unterstützenden Freunden um die Kuh. Es ist stockfinstere Nacht. Der Hof liegt noch höher als die höchst gelegene Stadt Europas: In Davos nehmen tagsüber internationale Kamerateams Aufstellung, weil das jährlich stattfindende Weltwirtschaftsforum naht. Das sprichwörtliche Goldene Kalb, also das Streben nach Geld, ist aber nur ein Motiv des Films.

Filmstill aus "Davos"

European Film Conspiracy Association

„Davos“ ist der Schauplatz des Weltwirtschaftsforums und dann auch wieder ein Ort, an dem ein Bergbauernpaar alles aufgeben muss.

Julia Niemann und Daniel Hoesl haben ein Jahr in Davos verbracht, zwischen einem Weltwirtschaftsforum und dem nächsten. Doch auch wenn sie für ihren Dokumentarfilm den Versuch unternommen haben, zumindest so weit wie möglich hinter die Kulissen dieses Treffens der Mächtigen zu blicken – das Regieduo interessiert sich für die Menschen in Davos. Für wenige Tage wird Davos umgebaut für das Forum.

„Das Jahrestreffen vom Weltwirtschaftsforum ist weltwit das allergrößte und bedütenste Politik- und Wirtschaftstreffen, wo auf privater Initiative stattfinden duat und drum ist die Wertschöpfung über 60 Millionen in Davos“, sagt ein Vertreter des Weltwirtschaftsforums. Ein Bürger widerspricht höflich. Wir gehen fischen mit portugiesischen Einwanderern, auf den Viehmarkt und nehmen an einer Redaktionssitzung teil. Wir sind unterwegs mit einem Geschäftsmann. Wir besuchen ein Punk-Konzert und schauen im Heim für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge vorbei.

Alle Szenen könnten für sich stehen. Julia Niemann und Daniel Hoesl blicken in unterschiedliche Welten. Vieles wirkt vertraut. All das passiert gleichzeitig, doch es gibt keine tatsächlichen Berührungspunkte, jedoch klarerweise inhaltliche Verweise und symbolkräftige Bilder. Als Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums freiwillig bei einer Art Simulationsspiel mitmachen und in die Rolle von Flüchtlingen schlüpfen, erinnert das an die Schäferspiele Marie Antoinettes um 1780.

Die Dokumentation „Davos“ überzeugt durch ihre Zurückhaltung: Julia Niemann und Daniel Hoesl beweisen sich als kluge BeobachterInnen. Eine Wertung über das Geschehen ist dem Publikum überlassen.

„In my blood it runs“

Der Aborigine-Bub Dujuan ist eine der Persönlichkeiten, die einem beim This Human World begegnen. Der Zehnjährige lebt in Alice Springs, kennt Heilpflanzen in der Wüste und Polizeiwägen von innen. Die Doku „In my blood it runs“ ist mehr als ein wunderbar gedrehtes Porträt eines Kindes im Herzen Australiens. Mit fortgeschrittener Laufzeit des Films wird klar, dass Dujuan kein „Ausreißer“ ist, sondern dass Indigene von Kindesbeinen an nach wie vor diskriminiert werden. „In my blood it runs“ ist ein australischer Beitrag zu den Protesten gegen Polizeigewalt gegen Schwarze.

Filmstill aus "In My Blood It Runs"

This Human World

„In my blood it runs“: Dujuan lebt heute, nach Veröffentlichung des Films, nicht mehr in Alice Springs, das wäre zu gefährlich für ihn.

„Sunless Shadows“

Ein schockierender und toller Frauengefängnisfilm, wie man ihn noch nicht gesehen hat, ist „Sunless Shadows“. Der unabhängige iranische Regisseur und Produzent Mehrdad Oskouei hat seinen neuen Dokumentarfilm in einer Jugendstrafanstalt gedreht.

Die fünf Mädchen und jungen Frauen, die hier vor der Kamera Geständnisse wiederholen, dann wieder plaudern, ein Baby hopperln und hinter Gittern für 7 Dollar im Monat (!) arbeiten, sind des Mordes oder der Beihilfe zum Mord verurteilt. Der Schwager, der Vater, der Ehemann - die Opfer waren alle männliche Angehörige. Die Mütter erwartet die Todesstrafe. Die Schuldfrage beantworten die Frauen und sie geben tiefe Einblicke in ein gewalttätiges patriarchales System.

Filmstill aus "Sunless Shadow"

This Human World

„Sunless Shadows“

„Dope is death“

Von Land zu Land sind es beim This Human World Festival nur zwei Klicks. Es gibt auch einen Festivalpass, mit dem man so viele Filme anschauen kann, wie man will und schafft in diesen ersten Dezembertagen.

Ins New York der 1970er Jahre führt die Doku „Dope is Death“. Mitglieder der Black Panthers und eingewanderte Puerto Ricaner haben damals eine Entzugsklinik für Suchtkranke eröffnet. In „Dope is death“ kommt vieles zusammen: Heroinabhängigkeit, Akupunktur und den Kampf für soziale Gerechtigkeit und kostenlose Gesundheitsfürsorge. Über vierzig Jahre später sind die Themen des Films noch von dringender Aktualität.

„Behind the Blood“

Ein Auftragskiller, ein Priester und ein Journalist in Honduras sind die zentralen Figuren in „Behind the blood“. Erst kann man den Trailer sehen, doch ab 10. Dezember kann man die Doku beim This Human World streamen.

Und wie bei einem Filmfestival in den Kinos, ist auch bei der Online-Edition des This Human World Planung gefragt. Eine Übersicht findet man hier.

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