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Weimaraner, Long Island, New York, 1955

© Estate of Walter Chandoha

Buch

Oh My Dog! - Walter Chandoha ist der Dogfather der Fotografie

Bei Hundefotos ist es so: Erst kommt Walter Chandoha. Dann lange nichts. Jetzt neu erschienen - der beeindruckende Bildband „Dogs. Photographs 1941–1991“.

Von Zita Bereuter

Man muss sich schon sehr zusammenreißen, damit sich einem beim Durchblättern dieses Bildbands nicht immer wieder mal die Stimme überschlägt und man mit lautem Seufzen „Mah, wie süß!“, diese Fotos betrachtet. Instant Happiness bringen diese Fotos aus 50 Jahren - von 1941 bis 1991. Vom Dackel zum Afghanen, vom Pudel zum Weimaraner, vom Schnauzer zum Beagle – über 60 Hunderassen hat Walter Chandoha fotografiert, schwarz-weiß und in Farbe. Diese Fotos hat er in sechs Kapitel geteilt: Portraitfotos im Studio, eingenommene Posen, Hunde, die unterwegs sind – oft mit Chandohas Kindern, Hundeshows, Hunde in der Stadt und Hunde auf dem Land bzw. in der Natur.

Immer wieder hat man das Gefühl, durch Filmstills zu blättern. Viele dieser Fotos haben Regisseur*innen und Artdirector*innen beeinflusst. Mad Men lässt grüßen. Chandohas Fotos führten zu regelrechten Modehunden. Nachdem er etwa einen Silky Terrier in Szene setzte, wurde der kleine Hund in den 1950ern in den USA äußerst beliebt.

West Highland terriers,New Jersey, 1974

© Estate of Walter Chandoha

West Highland terriers, New Jersey, 1974

Viele dieser Fotos kennt man auch von Produkten. In den 50er- und 60er-Jahren konnte man in den USA durch einen Supermarkt gehen und auf unterschiedlichsten Produkten Fotos von Walter Chandoha finden. Tierfutter ist naheliegend, aber auch Frühstücksflocken, Pralinen, Zigaretten oder Bier warben mit ihm, Film- und Kamerahersteller genauso.

Kodak Colorama, Grand Central Station, New York City, 1956

© Estate of Walter Chandoha

Kodak Colorama, Grand Central Station, New York City, 1956

Wie kaum ein anderer Tierfotograf schaffte es Walter Chandoha, den amerikanischen Traum in Hundefotos mit zu verpacken. Hier scheint die Welt in Ordnung. Hier ist der Hund der allerbeste Freund. Hier spürt man Zuneigung und eine besondere Nähe. Und die Tiere selbst zeigen oft geradezu menschliche Züge, wirken interessiert, nachdenklich, fröhlich, traurig, überlegen oder glücklich. Mit diesen Fotos hat Walter Chandoha eine besondere, stimmige Welt gezeigt. Das mag mitunter kitschig wirken, ist es aber nicht.

Es sind längst Klassiker, die zum kulturellen Bewusstsein gehören. Über 30 Bücher hat er veröffentlicht - heute wäre er ein Instagram-Superstar.

Poodle, beagle, cocker spaniel, and mixed-breeds, New Jersey, 1985

© Estate of Walter Chandoha

Poodle, beagle, cocker spaniel, and mixed-breeds, New Jersey, 1985

Von der Katze zum Hund

Dabei war die Entwicklung von Walter Chandoha zu einem der weltweit wichtigsten Tierfotografen eher zufällig. Walter Chandoha war Kriegsfotograf im Zweiten Weltkrieg. An einem Wintertag in den 1940er Jahren fand er auf dem Heimweg in New York eine kleine frierende Katze auf der Straße und nahm sie mit nach Hause.

Bassett hounds, New Jersey, 1964

© Estate of Walter Chandoha

Walter Chandoha: Dogs. Photographs 1941–1991. Taschen Verlag 2020.

Texte in Englisch/Deutsch/Französisch

Die Katze hatte wohl jeden Abend einen Moment der absoluten Crazyness und schoss durch die Wohnung. Walter Chandoha fotografierte sie und beschloss, sich auf Katzenfotografien zu spezialisieren. Rund 90.000 Katzenfotos soll er gemacht haben. Dazu ist im Vorjahr der prächtige Band „Walter Chandoha. Cats. Photographs 1942–2018“ erschienen.

Es blieb aber nicht bei Katzen – bald kamen Hunde dazu. Walter Chandoha beherrschte das Handwerk und hatte das richtige Auge. Wie kaum ein anderer erkannte er den perfekten Augenblick - und nutzte ihn auch.

Walter Chandoha lebte und arbeitete in einem alten Bauernof - die Scheune bauten er und seine Frau, Maria Ratti Chandoha, in ein Fotostudio um. Maria Ratti Chandoha war nicht nur als erfahrene Tiertrainerin sehr wichtig für die Fotos. Ohne sie hätte er das nie machen können, betonte er immer wieder in Interviews.

Ein universelles Kulturinteresse war immer im Zentrum von Walter Chandohas Leben. In seinem Buch „How To Photograph Cats, Dogs, and Other Animals“ rät er zur unterschiedlichsten Auseinandersetzung mit Kultur. „Geht ins Theater, Kino, Ballett, geht in Konzerte, seht selektiv fern und am allerwichtigsten: Lest, lest, lest!“ Und weiter ergänzt er: „Wer liest und sich ständig mit allen Formen der Kunst auseinandersetzt, wird die Welt um sich herum aufmerksamer wahrnehmen. Er wird unbewusst lernen, mehr zu sehen!“, erfährt man in dem leider sehr kurzen Wortanteil in „Dogs.“

Chandoha in the studio with his rescue dog, 1975

© Estate of Walter Chandoha

Chandoha in the studio with his rescue dog, 1975

Walter Chandoha ist nicht nur der Catfather der Fotografie, sondern auch der Dogfather. Chandoha verstarb 2019 im Alter von 98 Jahren. An der Auswahl für dieses Buch hat er noch mitgearbeitet.

Sein Werk ist einzigartig.
So wie das prächtige Buch „Dogs“. Man muss Hunde nicht mögen um dieses Buch zu lieben.

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