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Liebe auf Schwizerdütsch mit Faber, Sophie Hunger und Dino Brandao

Die Schweizer Lockdown-Supergroup bestehend aus Faber, Sophie Hunger und Dino Brandao hat gemeinsam ein Album auf Schwizerdütsch aufgenommen. Die Platte „Ich liebe dich“ ist ein schlichtes aber eindrucksvolles Liebesmanifest.

von Alica Ouschan

Cover

Two Gentlemen/Rough Trade

Ich liebe dich ist am 11. Dezember bei Two Gentlemen/Rough Trade erschienen.

Was bekommt man, wenn drei Schweizer Musiker*innen während einer Pandemie in Zürich stranden? Ein unverhofftes Album voller Liebesgeständnisse und Herzensleid in allen Farben und Formen und das alles in einer Sprache, die für einige ihrer Fans großteils unverständlich ist. Aus Faber, Sophie Hunger und Dino Brandao ist während des Lockdowns eine regelrechte Supergroup geworden. Im Sommer hat diese in nur einer Woche das Album „Ich liebe dich“ aufgenommen.

Weil Mundart-Pop mehr sein kann

Mundart-Pop hat in den 2010er Jahren in Österreich eine regelrechte Renaissance erlebt. Künstler*innen wie Voodoo Jürgens, Kreiml & Samurai, Hunney Pimp oder Granada haben bewiesen, dass Mundart-Musik in Österreich weit mehr sein kann, als Volksmusik oder Schlager. Österreich ist aber nicht das einzige deutschsprachige Land mit großartigen Dialekten und toller Dialekt-Musik. Faber, Sophie Hunger und Dino Brandao sind drei großartige Musiker*innen aus der Schweiz, die nicht nur ihre Nationalität, sondern auch ihre Liebe zum eigenen Dialekt verbindet.

Trotzdem haben die drei in ihren eigenen Musikprojekten - bis auf einige wenige Ausnahmen - größtenteils auf Englisch oder Hochdeutsch getextet und gesungen. Als die drei sich zu Beginn der Pandemie schlecht gelaunt und ohne Pläne, aufgrund von abgesagten Touren und verschobenen Releases quasi durch Zufall gefunden haben, entstand der Plan eines Albums auf Schwizerdütsch ebenso zufällig und wie von selbst.

Ein Liebesmosaik

Die insgesamt 12 Stücke sind meist von einer Person getextet und von den jeweils anderen beiden musikalisch begleitet und sollen die Liebe in all ihren Farcetten abbilden und zeigen, wieviele verschiedene Bedeutungen der eine Satz „Ich liebe dich“ haben kann. So gibt’s auf dem Album gleich drei Tracks, mit dem Titel „Ich liebe dich,“, jeweils gewidmet an eine*n der drei. Fabers Liebeslied sieht die Liebe als Bestimmung, als unausweichliches Schicksal. Sophie besingt in ihrem Liebeslied die Liebe als das Maß aller Dinge und darüber, dass sie ach so oft zu hoch bemessen wird. Dinos Lovesong ist ein zerrissenes, verzweifeltes Eingeständnis, dass die Liebe als alles heilendes Glück manchmal unerreichbar scheint, vor allem dann, wenn sie nicht erwidert wird.

Unerwartete und offensichtliche Perspektiven vereinen sich auf „Ich liebe dich“ zu Fragmenten eines einzigen Gefühls, das auf so viele Arten ausgedrückt werden kann: Liebe als Achillesferse, als Grund für Verrat, Liebe als Illusion oder spontane Laune, der man unbedingt nachgehen muss, Liebe als die stärkste Form der Revolution. Die Platte ist ein regelrechtes Liebesmosaik, musikalisch gibt es auf „Ich liebe dich“ aber keine Überraschungen. Die Songs bewegen sich alle in derselben Soundästhetik, die die Fans schon aus den Einzelprojekten der drei kennen und lieben - was in diesem Fall aber viel mehr von Gespür und Spontanität zeugt, als von Eintönigkeit.

Nicht hinhören, sondern reinspüren

Auch wenn selbst bei genauem Hinhören und dem Nachlesen des Songtexts, der ein oder andere Satz für nicht Schwizerdütsch-sprechende Menschen unverständlich bleibt, schaffen Hunger, Faber und Brandao es trotzdem, Bedeutung, Dramatik und Verletzlichkeit durch ihre Musik zu transportieren. Außerdem wirken viele Sätze und Phrasen, die auf Hochdeutsch ausgesprochen vielleicht hyper-romanisch klingen und einem vor lauter Kitsch den Mund verkleben, auf Dialekt irgendwie authentischer und tiefgründig. Vielleicht ist es sogar auch genau das kognitive Unverständnis, das das Hörerlebnis dieser Platte so speziell macht - weil man eben nicht immer genau weiß, worum es geht oder was es ist, spüren kann man es aber trotzdem - genau wie die Liebe (okay, das war jetzt mega cheesy, sorry dafür!).

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Nadia Tarra

Selbst diejenigen, die dem vielfältigen Genre des Dialekt-Pops eher abgeneigt gegenüberstehen, könnten an dieser Platte möglicherweise großen Gefallen finden. Die erste Zusammenarbeit des Trios bestehend aus Dino Brandao, Faber und Sophie Hunger ist wie gemacht für die kalte Jahreszeit, um sich eingekuschelt auf der Couch von den verschiedenen Emotionsfluten berauschen zu lassen. Die Platte kann ruhig auch einen ganzen Tag im Loop laufen, ohne eintönig zu werden und das obwohl sich derselbe Vibe konsequent durch alle zwölf Songs zieht. „Ich liebe dich“ ist eine durchwegs positive Überraschung, die beweist, dass harte Zeiten durchaus auch Schönes hervorbringen können und weder Mundart noch Liebe in der Musik abgedroschen oder fad sind, sondern gerade in dieser speziellen Kombination zum kompletten Gegenteil werden.

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