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Der Song zum Sonntag: Jeff Rosenstock - „Caring“

Einmal noch kurz zurück geblickt, aber vor allem nach vorne: Mit „Caring“ wünscht sich der New Yorker Jeff Rosenstock eine Welt, in der sich Menschen ein bisschen mehr umeinander kümmern, und träumt vom Song des Jahres des Jahrhunderts, dem „song of the year of the century“.

Von Christoph Sepin

Mit dem Klang der eigenen Gitarre haben sich wohl so einige Musiker*innen im Jahr 2020 unterhalten müssen, auch wenn sie gerade nicht in der Lage waren, damit neue Musik zu schreiben: „I haven’t written a song in a month“, beginnt der New Yorker Jeff Rosenstock seinen Song „Caring“. „So I’m playing the same chords again“ und fasst damit irgendwie zusammen, wie sich dieses letzte Jahr angefühlt hat: Rewind, replay, repeat.

„Caring“ klingt schlicht und vorsichtig performt, wie mitten in der Nacht per Handy aufgenommen, nicht zu laut, damit man nicht die Nachbarn aufweckt. Dass sich dieser Song trotz seiner Bescheidenheit dann später noch als „song of the year of the century“ beschreibt, ist absurd-humorvolles Overstatement, das dieses Lied zu etwas Besonderem macht.

Jede Menge Schreibblockade hier im Fokus, obwohl Rosenstock sich eh noch erinnern kann, wie man Lieder komponiert: „I know I need to get lost in the moment“, aber es will nicht so richtig funktionieren: „I get lost before it begins.“ Was kann man da also tun, in diesem Lied, das zumindest zu Beginn ein Metasong ist, Musik übers Musikschreiben? Man kann sich Unterstützung holen, in diesem Fall von Musikerin Laura Stevenson, mit der Rosenstock schon früher einmal in einer Band gespielt hat.

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Die ebenfalls aus New York stammende Stevenson, gemeinsam mit Rosenstock Teil des Musikkollektivs „Bomb the Music Industry!“, begleitet ihn dann stimmlich durch den wirklich ganz wunderbaren Refrain: Der erwähnte „song of the year of the century“ kommt da vor, dann gibt es jede Menge Wünsche für das neue Jahr: „I wanna wake in a new country, one without fear of my enemies“ und „one without famine or poverty“.

Auch wenn in „Caring“ große Probleme besprochen werden, ist das ein Song der Introspektion: Rosenstock redet über gute Vorsätze und das Brechen damit. Er sei früh aufgestanden, um die Morgensonne zu sehen, habe dann aber doch einfach getrunken und geraucht. „Forgive yourself for not being good“, teilt er seinen Ratschlag an sich selbst mit uns.

Dann wird „Caring“ auch tatsächlich zum gewünschten „song of the year of the century“, Rosenstock und Stevenson singen gemeinsam die schönste Zeile des Tracks: „Even if we all understand, there’s people that wanna see you again. And don’t care if this fucking place is a shit hole.“

Selbstreferentiell auch das Finale, wenn erklärt wird, wie das so ist mit den größten Hits. Die sind gut fürs nebenbei Anhören, aber im Endeffekt machen sie keinen großen Unterschied: „good if you’re not really listening, bad at affecting reality“. Die Bescheidenheit des Beginns kommt damit auch zum Ende des Songs noch einmal zurück. Ein hoffnungsvolles Lied, ein melancholisches Lied übers Vermissen, das sich aber doch eine schöne Welt von morgen erträumt. Mehr davon gibt’s in den zehn weiteren Songs auf Rosenstocks aktuellster Veröffentlichung zu finden - passend zu letztem Jahr als „2020 DUMP“ betitelt.

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