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Szene aus George Clooneys aktuelles Sci-Fi-Epos und der neuesten Stephen-King-Verfilmung

CBS/Netflix

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„The Midnight Sky“ und „The Stand“: Apokalypse Mau

Die Welt steht nicht mehr lang: George Clooneys aktuelles Sci-Fi-Epos und die neueste Stephen-King-Verfilmung präsentieren altbekannte Untergangsszenarien.

Von Christian Fuchs

Im Jahr 2049 schaut es für die Menschheit tatsächlich noch entschieden schlechter aus als Anfang 2021. Welche Katastrophe die letzten Überlebenden in unterirdische Bunker zwingt, das erfahren wir nicht am Anfang dieses Films. Stattdessen ist der Blickwinkel ganz auf einen einzelnen Mann konzentriert. Der Astronom Augustine Lofthouse bleibt nach einer Massenevakuierung freiwillig in einer Wetterstation in der Arktis zurück.

In diesem ersten Drittel überzeugt „The Midnight Sky“ zumindest Fans elegischer Sci-Fi-Filme mit seiner Atmosphäre. Isolation wurde im Pandemiejahr für viele zum Alltag, George Clooney, der als Dr. Lofthouse auch die Hauptrolle in seiner neuen Regiearbeit übernommen hat, ist aber noch einsamer als wir alle.

Mitten in die alltäglichen Rituale des bärtigen Einsiedlers platzt eine Begegnung. Ein kleines Mädchen (Caoilinn Springall) hat sich in der schneeverwehten Wetterstation in der Küche versteckt. Das mysteriöse Kind namens Iris verweigert die Sprache, Augustine wird schnell in die Beschützerrolle wider Willen gedrängt.

The Midnight Sky

Netflix

Melancholischer Endzeitfilm mit Fehlern

Würde sich George Clooneys neuester Film auf das Verhältnis von Augustine und Iris beschränken, dann hätte das wohl einen schönen melancholischen Endzeitfilm ergeben. Denn die Bilder der arktischen Tristesse funktionieren.

Aber der Film bringt eine zweite Story ins Spiel, parallel zum Geschehen auf der Erde. Ein NASA-Raumschiff kehrt nach einer 5-jährigen Mission zurück, am Bord sind unter anderem Felicity Jones und Kyle Chandler. Die Astronauten sind guter Dinge, haben sie doch einen erfolgreich den Jupitermond K23 auf Bewohnbarkeit überprüft. Als jedoch jeglicher Kontaktversuch mit der Erde scheitert, kippt die Stimmung an Bord.

The Midnigt Sky

Netflix

Zu diesen beiden Handlungssträngen kommen auch noch Rückblenden in Augustines Vergangenheit dazu. „The Midnight Sky“ verzettelt sich dabei immer wieder - und der elegische Flair, der die besten Teile des Films durchzieht, wird sabotiert. Erst wenn am Ende alle Stränge zusammenkommen, macht das Konstrukt einigermaßen Sinn. Bis dahin ist der teure Netflix-Blockbuster aber eine unergiebige Mixtur aus früheren Clooney-Weltallausflügen wie „Solaris“ oder „Gravity“, ohne deren Klasse zu erreichen.

Die letzten Tage der Menschheit

Genau vor einem Jahr ist der Streaminginstitution HBO etwas sehr Rares gelungen: Eine perfekte Stephen-King-Adaption. Die Miniserie „The Outsider“ funktionierte auf der Charakterebene ebenso umwerfend wie punkto Spannung. Vor allem wurde das übersinnliche Grauen weitgehend nur angedeutet, was den Gänsehautfaktor noch verstärkte. Vergessen waren erfolgreiche, aber filmisch missglückte Horrorspektakel wie „It“ oder „Dr. Sleep“, mit ihren peinlichen digitalen Tricks. Auch wenn sich denen der aktuelle King-Boom verdankt.

The Midnight Sky“ ist via Netflix erschienen. „The Stand“ ist bei Starzplay und Amazon Prime zu sehen.

The Stand“, die neueste Miniserie nach einem alten Bestseller des Autors, kommt qualitativ nicht annähernd an die abgrundtiefe, realistisch anmutende Finsternis von „The Outsider“ heran. Sehenswert ist diese Weltuntergangsvision dennoch. Denn im Gegensatz etwa zur Apokalypse Mau von „The Midnight Sky“ machen die letzten Tage der Menschheit in „The Stand“ durchgehend Spaß.

The Sky

Robert Falconer/CBS

Die Serienrunner Josh Boone und Benjamin Cavell schocken zwar im ersten Moment mit einem mysteriösen Grippe-Virus, der fast die komplette Bevölkerung des Planeten tötet. Aber bevor sich ernsthafte Covid-Assoziationen ergeben, steckt man schon drin in einer epischen Geschichte über Gut und Böse, aufgepeppt mit Splattereffekten und Soap-Opera-Momenten, Action und Kitsch. Ein Armageddon-Szenario als eskapistisches Entertainment, bis in kleine Nebenrollen prominent besetzt, flott abgespult, handwerklich glatt.

Kratzen an der Oberfläche

Auf der anderen Seite ist „The Stand“ nicht irgendein Buch von Stephen King. Für Fans gilt der 1978 veröffentlichte apokalyptische Roman als absolutes Schlüsselwerk des Vielschreibers. Wurde zunächst nur eine gekürzte Version zum globalen Bestseller, veröffentlichte King in den 90er Jahren eine Langfassung, die den Rahmen von 1.000 Seiten locker sprengte. Auch im deutschen Sprachraum erlangte „Das letzte Gefecht“ in dieser Form einen Kultstatus, mit dem wenige andere Horrorbücher mithalten können.

The Sky

Robert Falconer/CBS

Nach einer enttäuschenden, billigen Fernsehfassung anno 1994 erwarteten King-Jünger*innen den Versuch des Sender CBS, den Stoff ambitioniert und aufwändig aufzurollen, voller Skepis und Hoffnung zugleich. Ist die Saga rund um eine religiöse Heilsbringerin (Whoopi Goldberg), ihren satanischen Widerpart (Alexander Skarsgård) und die Virus-Überlebenden doch vollgestopft mit Popreferenzen, mystischen Ideen und ausgefeilten Personen-Portraits.

Die Miniserie „The Stand“ nimmt sich, zumindest in den ersten drei Episoden die zur Sichtung vorlagen, für all das nicht genügend Zeit. Sie kratzt an der Oberfläche des Romans, allerdings, wie gesagt auf durchaus unterhaltsame Weise. Eine Krisenserie als Ablenkung von der Krise, kann man zwischendurch vielleicht auch mal brauchen.

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