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Wird es 2021 Konzerte und Festivals geben? It’s complicated.

Ewald Tatar und Harry Jenner von Barracuda Music im Interview über die aktuelle Livesituation und darüber welche Pläne es für das Nova Rock und das FM4 Frequency 2021 gibt.

Von Susi Ondrušová

Seit März 2020 liegt die Livemusik-Industrie lahm. Letztes Jahr wurden Touren noch auf den Herbst verschoben, dann auf 2021 verlegt. Wir befinden uns im Lockdown. Angesichts der Impfstoffe könnte bald schon ein Licht am Ende des Tunnels aufflackern, aber wann genau es wieder ein Konzertleben so wie vor Corona geben wird, ist noch unklar. Wir haben mit Ewald Tatar und Harry Jenner von Barracuda Music über die aktuelle Livesituation gesprochen.

Gigabsagen und Terminverschiebungen

Barracuda Music gehört mit dem Nova Rock Festival, dem FM4 Frequency Festival und Konzertreihen wie Beat The Fish oder der Indiekiste zu den größten Veranstaltern des Landes. Seit März letzten Jahres sind die Mitarbeiter*innen auf Kurzarbeit, beschäftigt war man in den letzten Wochen und Monaten mit Gigabsagen und Terminverschiebungen.

Ewald Tatar geht mit einer positiven Stimmung ins neue Jahr, wie er sagt. „Was auch immer 2021 bringen wird, es wird besser sein als das, was es 2020 gebracht hat“ sagt er im Interview. Er geht nicht davon aus, dass Konzerte vor Mai stattfinden werden: „Erst Juni wahrscheinlich. Das ist momentan meine große Hoffnung. Wird allerdings sehr, sehr stark davon abhängig sein, inwiefern die ganze Impf-Situation in Österreich funktionieren wird. Davon hängt natürlich sehr, sehr viel ab, ob man zu dem Zeitpunkt dann auch schon spielen wird können. Das wird wahrscheinlich der wesentliche Faktor sein.“

Konkretisierung hoffentlich im März

Damit ein Festival wie das Nova Rock das für Anfang Juni angesetzt ist überhaupt stattfinden kann, nennt Tatar den März als entscheidenden Termin: „Wir haben auf jeden Fall in Richtung Regierung signalisiert, dass wir speziell für große Konzerte und Festivals, die im Juni stattfinden sollten, spätestens Anfang März eine Ansage brauchen, ob diese Dinge gespielt werden können, unter welchen Voraussetzungen sie gespielt werden könnten, also das braucht man definitiv für die Juni Events Anfang März weil sonst wird es ganz, ganz schwer werden, diese Dinge umzusetzen.“

FestivalbesucherInnen am Nova Rock 2019

Franz Reiterer

Das Lineup 2021 steht und auch die Verkaufszahlen sind für die Veranstalter erfreulich: zu 70% ist das Nova Rock Festival schon ausverkauft. Die meisten Besucher*innen haben ihr Ticket von 2020 auf 2021 umschreiben lassen. Ewald Tatar: „Ich geh jetzt seit 40 Jahren entweder als Besucher oder als Veranstalter auf Konzerte und Festivals und will dieses Leben auch zurückhaben. Ich bekomme immer wieder die Frage 2021 auf welches Konzert freust du dich am meisten? Und ich sag aufs Erste! Ich freue mich einfach nur auf das erste Konzert und ich glaube, so geht es vielen Leuten da draußen. Ich glaube auch, dass war mit der Grund, warum sich viele Leute einfach ihre Karte behalten haben, weil sie das Festival so schnell wie möglich, sag ich jetzt einmal, wieder erleben wollen und dieses Feeling auch so schnell wie möglich wiederhaben wollen.“

Zittern bis dahin

Die nächsten zwei Monate werden entscheidend sein, die Veranstalter von Barracuda Music sind in regem Austausch mit ihren internationalen Partner, Agenten, Managements und Bookern. Alle warten nun gemeinsam, wie sich die Lage entwickeln wird: „Die (Managements) wollen momentan gar nichts entscheiden. Das heißt letztendlich habe ich für ein Nova Rock oder für ein Frequency noch keine einzige Absage, weil die meisten Bands jetzt voraussichtlich bis Februar, März warten. Auch die sind momentan von der ganzen weltweiten Impf-Institution in einer gewissen Weise abhängig. Was ich so mitbekommen habe, wollen die schon alle auf Tour gehen. Es wird wahrscheinlich in diese Richtung gehen, dass der gesamten Tour Tross geimpft sein muss, weil sonst werden sie die Tour nicht starten. Und ich denke mal, dass das so weit gehen wird, dass auch uns Veranstaltern jetzt auferlegt wird, dass alle die Backstage z.B. arbeiten, auch geimpft sein müssen. Also in diese Richtung wird es gehen und werden wir sehen, ob man das dann auch so umsetzen kann und vor allem wie die ganzen Reisebedingungen und Reisebeschränkungen dann ja im April, Mai, Juni sein werden. Das ist alles noch sehr, sehr viel Kaffeesudlesen.“

„Das ist alles noch sehr, sehr viel Kaffeesudlesen.“

Ewald Tatar hofft, dass alle mithelfen, damit „so bald wie möglich wieder Normalität eintreten kann im Konzert Geschäft, damit wir diese Pandemie gemeinsam besiegen. Wie auch immer oder was auch immer jeder dazu beitragen möchte.“

Fast Lane und Tests am Eingang?

77 Tage liegen zwischen dem ersten Nova Rock Tag und dem ersten Festivaltag am FM4 Frequency Festival. Harry Jenner ist „vorsichtig sehr optimistisch“ und verwendet beim Ausblick auf die Open Air Saison das Wort Hoffnung: „Die Hoffnung und der Wunsch ist, dass wir spätestens ab Juni eigentlich mehr oder weniger wieder more or less back to Reality und back to Normality kommen können. Schau ma mal wie sehr das passieren wird. Das kann man jetzt noch nicht sagen. Wir sind leider nicht in Israel, sondern wir wohnen eher so in Schlumpfenhausen und dort dauert es alles ein bisschen länger.“

FM4 Frequency 2019 Publikum 1. Reihe

Franz Reiterer

Harry Jenner glaubt, dass die Impfbereitschaft bei Musiker*innen und jenen, die in der Live-Industrie arbeiten, sehr hoch sein wird, damit die Künstler*innen und Crew überhaupt ihren Job ausführen kann. Stichwort lange Fahrten im Tourbus oder Nightliner. Hinter den Kulissen überlegt man verschiedene Szenarien wie ein Post-Corona-Festival logistisch aussehen kann: „Eine Überlegung ist, dass man z.B. eine Fast Lane macht also für Leute, die geimpft sind und es sozusagen auch nachweisen können, die gehen normal rein „wie immer“ und die anderen werden wahrscheinlich, schätz ich mal, getestet werden müssen. Man weiß es nicht! Vielleicht ist alles back to normal und vielleicht dürfen wir gar nicht."

„Vielleicht ist alles back to normal und vielleicht dürfen wir gar nicht.“

"Es ist echt leider ziemlich früh, um über das zu sprechen und wir werden uns auf jeden Fall an die Vorgaben halten. Wir selber werden dementsprechend nicht wirklich welche machen, weil uns wäre es am liebsten, es ist so wie es 2019 war: reinkommen, Bier aufmachen, Spaß haben. Schau mal wie weit wir in die Richtung kommen werden. Das Ziel ist natürlich, dass wir wieder so spielen wie 2019!“

Gemeinsame Konzepte und Strategien

Im Krisenjahr 2020 haben sich heimische Veranstalter erstmals zu einer Interessensgemeinschaft zusammengefunden, um mit Kolleg*innen gemeinsame Strategien zu entwickeln und sich auszutauschen. Angesprochen auf die im Sommer 2020 entwickelten Konzepte für Sitzplatz-Konzerte im Freien und einen Plan B für den Festivalsommer meint Tatar, dass es für ihn momentan keine Option ist, darüber nachzudenken: „Es muss ja irgendwann jetzt besser werden. Irgendwann einmal wird man ja hoffentlich die Pandemie in den Griff bekommen. Das heißt, ich für mich gehe davon aus, dass es 2021 nur mehr besser werden kann und nimmer schlechter!“

Streaming auch in Zukunft als Ersatz?

Wer in den letzten Monaten keine Konzertluft schnuppern konnte, hat sicherlich das eine oder andere Streaming Konzert angeschaut. Veranstalter Tatar findet, dass es eine gute Notwendigkeit war, der man sich bedient hat: „Nichtsdestotrotz glaube ich aber, dass das Erlebnis Live-Konzert, Live-Musik eines ist, das durch ein Streaming Konzert nicht ersetzt werden kann auf Dauer. Und darum bin ich schon davon überzeugt, dass spätestens, wenn das Schiff ganz normal wieder vom Stapel läuft in Bezug auf Konzerte und Festivals, dass die Streaming Konzerte vielleicht nicht ganz, aber schon zu einem großen Teil ausgedient haben werden!“

Auch Harry Jenner hört Musik lieber an der freien Luft als via Bildschirm und glaubt nicht, dass ein Streaming Konzert-Geschäftsmodell die „echte“ Tour einer Band ersetzen wird. Einzig das belgische Tomorrowland Festival, das heuer im Juni digital stattgefunden hat, hebt er als eine „echte, echte“ Ausnahme positiv hervor. Er kann sich vorstellen, dass dem Festival „in Zukunft etwas einfällt“. Das belgische EDM Festival ist nämlich Jahr für Jahr ausverkauft und zieht Fans aus der ganzen Welt an. Eine Art Hybrid-Event oder zusätzliche digital Edition könnte hier im wirtschaftlichen Sinn noch mehr verkaufte Tickets bedeuten.

Im März werden wir jedenfalls erfahren, ob Festivals wie das Nova Rock oder FM4 Frequency Festival heuer stattfinden können und unter welchen Vorraussetzungen.

Letzte Worte von Ewald Tatar an die Festivalfans: „Es geht nur darum, dass ich an alle appelliere oder zumindest mal sagen möchte, dass sie mithelfen sollen, damit so bald wie möglich wieder Normalität eintreten kann im Konzertgeschäft, dass wir diese Pandemie gemeinsam besiegen. Wie auch immer oder was auch immer jeder dazu beitragen möchte.“

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