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Die Geschichte der Schimpfwörter

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Nicolas Cage und „Die Geschichte der Schimpfwörter“

In der sechsteiligen Dokuserie „Die Geschichte der Schimpfwörter“ wird Nicolas Cage zu Nicolas Rage und begibt sich im Anzug auf eine Reise durch das Feld der Etymologie und Verwendung von sechs beliebten Schimpfwörtern. Das Ergebnis ein unterhaltsamer und lehrreicher kulturgeschichtlicher Trip.

Von Philipp Emberger

Fuck, Shit, Bitch, Dick, Pussy und Damn. In der sechsteiligen Dokuserie „Die Geschichte der Schimpfwörter“ wandelt Netflix auf den Spuren des 2008 verstorbenen Comedians George Carlin, der zu Beginn der 70er mit seinem Stand-up „Seven Words You Can’t Say on TV“ noch Tabus gebrochen hat. Mittlerweile ist das 1978 erteilte Verwendungsverbot der „seven dirty words“ wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben und diese Wörter sind wieder häufiger in Radio und Fernsehen zu hören. Knapp 50 Jahre nach Carlin sind in der Doku aus den damaligen sieben Wörtern nun sechs zum Teil andere geworden.

Schauspieler und Oscar-Preisträger Nicolas Cage sitzt im Anzug vor einem Kamin, zu seiner Rechten steht ein gut befüllter Globus mit Barfunktion bereit. Cage kann als Erzähler der Dokumentation nun, mit sichtlicher Freude und ohne gepiepst zu werden, die Schimpfwörter zum Besten geben und von der schier endlos erscheinenden Formbarkeit des Wortes fuck schwärmen. Jede der sechs Folgen ist einem anderen Wort gewidmet und thematisiert Etymologie sowie heutige Verwendung des Schimpfwortes. Die ausgewählten Wörter stammen alle aus der englischen Sprache, aber einige haben mittlerweile auch bei uns Eingang gefunden.

Etymologische Reise

In der High-tempo-Dokuserie wird im Namen der Wissenschaft ordentlich geflucht. Comedians, die allesamt mit dem Streamingdienst verbandelt sind, und Wissenschaftler*innen geben in den rund 20-minütigen Folgen ihr Wissen und ihre Einschätzung der Schimpfwörter ab und erzählen unter anderem von der kathartischen Wirkung und der kulturgeschichtlichen Entwicklung des jeweiligen Wortes.

Die Geschichte der Schimpfwörter

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Comedian London Hughes in „Die Geschichte der Schimpfwörter“

Dabei lernen wir, dass fuck das meistbenutzte Schimpfwort der englischen Sprache ist und dass es eine urbane Legende ist, dass fuck als Akronym auf die notwendige königliche Erlaubnis für Geschlechtsverkehr hingewiesen haben soll.

An anderer Stelle lernen die Zuseher*innen von Melissa Mohr, Autorin des Buches “Holy Sh*t: A Brief History of Swearing“, dass Wörter nicht einfach als Schimpfwörter auftauchen, sondern im Laufe der Zeit diese Bedeutung bekommen. Das trifft auch auf die ausgewählten Wörter in den weiteren Folgen zu. So soll fuck etwa seine Ursprünge im niederländischen Wort für „schlagen“ und bitch die Ursprünge im früheren Wort für eine Hündin haben.

Cover zu Die Geschichte der Schimpfwörter

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Sprache formt Realität

„Die Geschichte der Schimpfwörter“ könnte es sich leichtmachen und auf oberflächliches Schimpfwortgeplänkel setzen, tut dies aber nicht, sondern geht darüber hinaus. Die Macher*innen bemühen sich um eine ernsthafte kulturelle und politische Einordnung.

So thematisiert die Dokuserie die transformative Kraft Schwarzer Kultur, der wir es zu verdanken haben, dass shit heutzutage eine zusätzliche, positive Bedeutung hat und Dinge als heißer Scheiß bezeichnet werden können. An anderer Stelle werden die Bemühungen angesprochen, das Wort bitch von seiner sexistischen Bedeutung zu befreien. An vorderster Front kämpfen dabei Musiker*innen wie Megan Thee Stallion mit ihrem Song „WAP“ oder Lizzo mit „Truth Hurts“, in dem es heißt: „I just took a DNA test, turns out I’m 100% that bitch.“

Popkulturelle Verknüpfung

Showrunnerin Bellamie Blackstone verknüpft in „Geschichte der Schimpfwörter“ faktisches Wissen, unterlegt es mit bunten und unterhaltsamen Erklärstücken und unterstreicht den Einfluss der Wörter auf die Popkultur mit Ausschnitten aus Filmen und Musikstücken.

Isiah Whitlock Jr. in Die Geschichte der Schimpfwörter

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Schauspieler Isiah Whitlock Jr. in „Die Geschichte der Schimpfwörter“

Zu sehen sind Samuel L. Jackson, Dauerabonnent des Wortes fuck in Tarantinos „Pulp Fiction“ oder Isiah Whitlock Jr. („shit has become a huge part of my career“). Der Schauspieler, dessen Schimpfometer aber am häufigsten ausschlägt, ist Jonah Hill. Vor allem der 2013 erschiene Film „The Wolf of Wall Street“ bugsiert ihn auf Platz 1 dieser männlich dominierten Liste, kommt er doch allein in „The Wolf of Wall Street“ auf über 100 Schimpfwörter.

Diese dichte Verknüpfung von Geschichte, Popkultur und Politik ist gelungen und macht „Die Geschichte der Schimpfwörter“ zu einem lehrreichen und unterhaltsamen Werk, ohne ausufernd zu werden.

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