Chilly Gonzales beim FM4 Geburtstagsfest

Jason Beck alias Chilly Gonzales schlüpft in den FM4 Bademantel und komponiert „Happy Birthday“ für uns um. Schließlich ist Älterwerden nicht immer nur was für Gefühle in Dur!

Von Katharina Seidler

Irgendjemand dachte sich irgendwann einmal die zwei vermeintlichen Gegensatzpaare „ernst“ und „unterhaltsam“ zur Unterteilung von Musik aus. Ernst, das bedeutete Streichorchester, Flügel und Soprangesang, „unterhaltsam“, das waren Stromgitarren, Saxophon und Um-Tata. Die strenge und völlig unsinnige Trennung dieser Begriffe ist heutzutage sowieso längst überholt, aber falls jemand noch einen Beweis brauchte, dass ein Symphonieorchester auch rocken kann, dass ein Klavier auch ein Akrobatik-Podest und ein derber Rap-Song auch große Kunst sein können, dann schlage er oder sie im Lexikon unter Jason Beck nach oder unter Chilly Gonzales, denn in dieses Alter Ego - schon wieder eine Yin/Yang-Dichotomie - schlüpft der klassisch ausgebildete, kanadische Pianist und Komponist Jason Beck, wenn er auf die Bühne kommt.

Wenn Chilly Gonzales seinem - pardon, aber das sagen wir jetzt einfach einmal so - Lieblingsradiosender FM4 zum Geburtstag gratuliert, dann spielt er übrigens kein normales Happy Birthday, denn Älterwerden fühlt sich nicht immer nur nach fröhlichem C-Dur an. Seht hier, wie der Maestro in Moll werkt, stilecht gekleidet in FM4-Zwirn.

Hello microphone, it’s me Chilly
No, no, take it again, take it out
Hello microphone, it’s me Jason
I know you prefer me on the piano so be patient...
(„Shut Up and play the piano“)

Als ernthafter Musiker und witzereißender Pop-Entertainer im Bademantel, als musical genius, Rapper und gerngesehener musikalischer Partner wandelt Chilly Gonzales also seit nunmehr über zwanzig Jahren über die Bühnen dieser Welt, in Konzerthäusern und auf Techno-Festivals, klettert in Klaviere oder bespielt sie kontemplativ oder aber er gibt daheim am Instrument den Popsong-Analysten und Musiktheorie-Erklärbären. Unvergessen bleibt jedenfalls seine FM4 Radio Session aus dem Jahr 2011, die er gemeinsam mit dem ORF Radio-Symphonieorchester spielte und die nachher sogar auf DVD herauskam. 2018 kehrte er für eine zweite FM4 Radio Session noch einmal in den Großen Sendesaal des RadioKulturhauses in Wien zurück.

Die Liste seiner Kollaborationen ist geradezu endlos. Chilly Gonzales hat mit abgedrehten Pop-Gleichgesinnten wie Peaches, Feist oder Jamie Lidell gearbeitet, war bei Songs von Größen wie Daft Punk oder Drake involviert und hat mit Jarvis Cocker ein Konzeptalbum über ein Hotel veröffentlicht. Da man bei Jason Beck, respektive Chilly Gonzales, nie weiß, was als nächstes kommt, hat er auch drei Solo-Pianoalben, ohne Raps und ohne Beats, veröffentlicht, und als jüngsten Streich, gerade erst letzte Weihnachten, gab es von ihm das Weihnachtsalbum „A Very Chilly Christmas“.