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Szenenbild "24 Hour Party People"

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Montag Mitternacht ist Klaus Mitter von Kreisky im FM4 Filmpodcast zu Gast. Als „Film, den viel mehr Leute kennen sollten“, empfiehlt er „24 Hour Party People“. Wie recht er hat.

Von Pia Reiser

Ausgerechnet einen Film, in dem ein Schlagzeuger ziemlich schlecht behandelt wird, nennt Kreisky-Schlagzeuger Klaus Mitter auf die Frage nach einem Film, den viel mehr Leute kennen sollten. In „24 Hour Party People“ (2002) wird Joy-Division-Schlagzeuger Stephen Morris vom so unberechenbaren wie zotteligen Martin Hannett (Andy Serkis) zuerst mit Anweisungen überfordert – play faster but slower – und schließlich samt Schlagzeug aufs Dach des Studios gesetzt. Morris fragt noch nach, wie er denn weiß, wann er aufhören kann zu spielen. Man würde es ihm schon sagen, so Hannett unwirsch. Tut aber keiner und selbst, als schon alle weg sind und es Nacht geworden ist in Manchester, spielt Morris immer noch am Dach. Faster but slower.

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Der FM4 Film Podcast läuft am Montag um Mitternacht auf FM4 und ist auch als Podcast verfügbar. Diesmal ist Klaus Mitter von Kreisky zu Gast.

„24 Hour Party People“ folgt auch Hannetts Anweisungen und einem ganz eigenen Rhythmus, tanzt auf keinen Fall zur Drei-Akt-Struktur und singt nicht die übliche Ballade von Aufstieg und Fall, wie das Filme, die von Musiker*innen-Karrieren erzählen, üblicherweise tun. „24 Hour Party People“ nimmt sich überhaupt mehr vor als eine einzelne Musiker- oder Bandlaufbahn und überhebt sich nicht dabei, eine Bewegung, einen rüttelnden, popkulturellen Moment auf die Leinwand zu bringen. Ein Moment, als Manchester auf der Landkarte der Popkultur aufleuchtete, als Indie-Rock, Dance, Konzert- und Clubkultur zu einem elektrisierenden Ganzen verschmolzen sind. Ein paar Jahre später trug man bucket hats und nannte das ganze Madchester.

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Haupt-Arrangeur dieser herzklopfenden Verschmelzung ist der 2007 verstorbene Tony Wilson. Der Journalist und Moderator sieht Ende der 1970er Jahre ein Konzert der Sex Pistols vor 42 Zuseher*innen und hat einen Moment der Erleuchtung. Factory Records, die Factory als Location und der Aufstieg von Bands wie Joy Division und später den Happy Mondays sind nur einige der Folgen dieser Wilson’schen Erleuchtung. In „24 Hour Party People“ spielt Steve Coogan Tony Wilson mit Verve und leichter Überheblichkeit, immer eine ironieschwere Anspielung auf den Lippen, einen Mann im Trenchcoat, dem kleinen Seidentuch nicht abgeneigt, den Fernsehmoderator, der nachts in der Factory tanzt – oder die Beine der Band A Certain Ratio mit Selbstbräuner einreibt. Sie hätten die gleiche Energie wie Joy Division, seien aber besser angezogen, so Wilson über A Certain Ratio. Mit Bonmots wie diesen wendet sich Steve Coogan immer direkt an uns, die vierte Wand wird gleich in der ersten Szene von „24 Hour Party People“ durchbrochen. „This is Martin, he will later try to kill me“, so stellt uns Wilson Martin Hannagin zu vor, gleich zu Beginn des Films bei besagtem Konzert der Sex Pistols. Ebenfalls anwesend bei diesem Konzert ist Mick Hucknall. Dass Gott kein Fan von Simply Red ist, erfährt man auch in „24 Hour Party People“, wenn Gott zu Wilson spricht: „It’s a pity you didn’t sign the Smiths, but you were right about Mick Hucknell. His music’s rubbish, and he’s a ginger.“

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Der Film von Michael Winterbottom erzählt oft nah dran an einer Mockumentary, wenn die Kamera wackelig Wilson bei seinen Abertausenden Unternehmungen begleitet, und mischt gekonnt auch Archivmaterial der Bands dazu. Glamourös ist hier nichts, sowohl in den kleinen Studios als auch in der Factory – und später der Hacienda – kann man das verschüttete Bier förmlich riechen. Oder das asiatische Schnellgericht, das sich Happy-Mondays-Sänger Shaun Ryder aus dem Mistkübel im Studio fischt, um es zu essen. „24 Hour Party People“ ist ungeschliffen und rau und in jedem Moment pulsierend. Eine Hymne an die Nacht, an verschwitzte Euphorie auf der Tanzfläche und auf die Tony Wilsons dieser Welt.

In der Nacht von 8. auf 9. Februar ist Klaus Mitter von Kreisky zu Gast beim FM4 Filmpodcast und spricht mit uns über seine Lieblingsfilme, Filme, die er kein zweites Mal anschauen will, und über „24 Hour Party People“, einen Film, den definitiv mehr Leute kennen sollten.

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