FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Nick Cave hält einen kleineren Nick Cave auf dem Schoß

Nick Cave

„Stranger Than Kindness“ von Nick Cave

Viele Leute konnten die Nick-Cave-Ausstellung in Kopenhagen aufgrund der Coronapest nicht besuchen. Jetzt kann man sie immerhin in Form eines prachtvollen Buches genießen.

Von David Pfister

Spiritualität, Wahrhaftigkeit, Sinnfragen - der australische Musiker, Texter, Dichter, Schriftsteller und Schauspieler Nick Cave hat seine ganze Karriere lang die großen Lebensthemen in seinen Liedern und Büchern verhandelt. Dass Nick Cave eine ewige Rock-Ikone werden wird, war schon vor etwa zwei Jahrzehnten klar. Und seitdem der Australier den frühen Tod seines jungen Sohnes im Jahr 2015 einigermaßen überwunden hat, arbeitet er merkbar absichtlich an seiner eigenen Götzenanbetung.

Notizbuch und Foto von Nick Cave als Kind

Nick Cave | Kiepenheuer & Witsch

Zum Beispiel auf seiner Website The Red Hand Files, auf der Nick Cave Fragen zu seiner Person, seinem Werk oder einfach Fragen zum Leben beantwortet. Auf dieser Plattform kam es schon zu unzähligen berührenden, klugen und lustigen Momenten und Nick Cave verwandelte sich dort kontinuierlich zu einem vertrauenswürdigen Online-Seelsorger.

Auch auf der Bühne verschärfte er seinen Gestus noch mehr in Richtung Gottesdienst und sein letztes reguläres Album „Ghosteen“ war dann überhaupt eine moderne, agnostische Pop-Liturgie. Da war es eben zur Ausstellung über die eigene Person auch nicht mehr weit.

Von Juni 2020 bis Anfang Februar 2021 lief in der Dänischen Königlichen Bibliothek in Kopenhagen die Ausstellung „Stranger Than Kindness“, die das Leben und Werk von Nick Cave dokumentierte. Viele Menschen konnten die Ausstellung aber nicht sehen und ob „Stranger Than Kindness“ in anderen Städten gezeigt werden kann, ist momentan äußerst fraglich. Immerhin wurde nun ein prächtiger Bildband mit ausführlichen und begleitenden Texten auf Deutsch und Englisch veröffentlicht, welcher die Sammlung in Buchform abbildet.

Buchcover: Nick Cave hält einen kleineren Nick Cave auf dem Schoß. Sie sitzen an einem Tisch, auf dem ein Buch mit Zeichnungen liegt. Ein Tintenfass ist umgekippt. Der größere Cave wischt Tinte auf.

Nick Cave

„Stranger Than Kindness“ von Nick Cave ist, übersetzt von Christian Lux, im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.

Zuerst war Nick Cave skeptisch, als er von der Dänischen Königlichen Bibliothek eingeladen wurde, eine Ausstellung über sich und sein Werk zu gestalten. An einer schlichten biographischen Schau war er nicht interessiert. Aber für das Konzept „Lebensabschnitte in Themenräumen“ konnte er sich begeistern. So gab es schließlich einen Raum für den für ihn so wichtigen Katholizismus, einen Raum für den Punk Rock, und es wurde sogar sein Zimmer aus seiner Zeit in Berlin nachgebaut.

Bestückt wurden die Räume mit unzähligen privaten Gegenständen. Wir haben es hier also nicht mit einer Sammlung von Konzertpostern, Gitarren und Schallplatten zu tun, sondern mit intimen Gegenständen wie Tagebüchern, selbstgezeichneten Bildern, handgeschriebenen Songtexten, Familienfotos, seiner Schreibmaschine oder seiner Bibel. Alles akkurat und ausführlich beschrieben. Ein kolossaler Personenkult natürlich, allerdings stets elegant ironisch mit Anmerkungen von Nick Cave abgefedert.

Das die Ausstellung dokumentierende Buch ist prachtvoll gestaltet und ein gutes Substitut, bis die Sammlung hoffentlich in einer besseren Zeit auf Reisen gehen darf.

mehr Musik:

Aktuell: