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It’s A Sin

Eine neue TV-Serie erzählt mit viel Witz und Liebe von den schwulen 80er-Jahren in London und dem Trauma der AIDS-Krise.

Von Martin Pieper

„Queer As Folk“, eine britische TV-Serie der 90er-Jahre, war ein Meilenstein. Dieser Einblick in die damals aufblühende queere Community von Manchester war in seiner Unverblümtheit etwas ganz Neues für schwule Repräsentation in der alten Tante Fernsehen. Mehr als 20 Jahre später hat der Erfinder von „Queer As Folk“, Russell T. Davies, erneut eine Miniserie mit queerem Inhalt produziert. „It’s A Sin“ heißt nicht nur diese mit 6 Folgen schlanke Serie, sondern auch einer der größten Hits der Pet Shop Boys aus den 80er-Jahren. Und genau dieses Jahrzehnt nimmt das Ensemble-Stück unter die Lupe.

Die 80er-Jahre, das waren aber nicht nur Synthie-Pop, lustige Frisuren und London als die Hauptstadt der Pop-Moderne, sondern auch der Beginn einer zu Beginn rätselhaften tödlichen Viruserkrankung aus den USA, die scheinbar vor allem sexuell aktive schwule Männer betraf. Die AIDS-Krise mit ihren tausenden Toten sollte für die LGBTQ-Community, ihre Freund*innen und Angehörigen zur traumatischen Wende werden.

Olly Alexander hat zu Ehren der TV-Serie „It’s A Sin“ auch eine Pianoversion des gleichnamigen Klassikers von den Pet Shop Boys aufgenommen.

„It’s a Sin“ erzählt über die Jahre 1981 bis 1991 anhand einer bunten Gruppe junger Menschen, die in einer großen WG in London zusammenfinden und alle aus ihren Herkunftsfamilien in die schillernde Großstadt aufgebrochen waren, um dort endlich befreit leben zu können.

Die neue selbstgewählte Familie wird von Ritchie angeführt, einem lebensfrohen Schauspieler in spe, der von Ollie Alexander gespielt wird. Der ist im echten Leben als Sänger der Years & Years ein richtiger Teenie Star, selbst schwul, und man sieht ihm an, mit welcher Begeisterung er diesen Ritchie verkörpert. Rund um ihn herum sieht man einer schillernden und diversen Gruppe von jungen Menschen dabei zu, wie sie ein ganz neues Leben mit oder ohne Coming-out beginnen, sich zum ersten Mal verlieben, Fehler machen, Erfolge und Partys feiern, Freundschaften schließen und mitunter einfach so wegsterben. Denn eine HIV-Infektion war fast immer mit einem viel zu frühen Tod verbunden. Zurück blieben ratlose Familien, trauernde Freundeskreise, wütende Queer-Aktivist*innen und eine homophob grundierte Politik, die die tödliche Gefahr viel zu spät ernst nahm.

Eine Gruppe fröhlicher, junger Leute

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Wer andere Serien von Russel T. Davies kennt, wie „Queer As Folk“ oder auch „A Very English Scandal“ (Hugh Grant als konservativer Abgeordneter, der über eine Affäre mit einem jungen Mann stolpert), der ahnt es vielleicht: „It’s a Sin“ wird bei aller Tragik nie allzu dunkel. Es geht eben auch um den Überlebenswillen, den Optimismus, den Humor und die Liebe und Freundschaft dieser Gruppe von Menschen, die man als Zuschauer*in sofort ins Herz schließt.

„It’s a Sin“ verzichtet auf allzu plakativ eingesetzte Signifier von (schwulem) 80er-Jahre-Style und Popkultur und bleibt trotzdem authentisch. Man merkt jedem Musikeinsatz, jeder Frisur und jedem Pullover an, dass Russell T. Davies hier auch einen Teil seiner eigenen Jugend verfilmt hat. Neben „The Crown“ oder Steve McQueens Filmzyklus „Small Axe“ kommt mit „It’s a Sin“ eine weitere sehr sehenswerte Vermessung britischer (Pop-)Geschichte der 80er-Jahre ins Fernsehen.

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