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Celeste sitzt am Boden

Mia Clark

Best new music

Celeste hat endlich ihr Debütalbum veröffentlicht

„I’m a little old-fashioned, well, in some ways“, sagt Celeste über sich und ihre Musik, mehr Billie Holiday als ein weiterer Castingshow-Soul/Pop-Star. Das ist gut, denn Letztere gibt es ohnehin wie Sand am Meer, neue Billie Holidays hingegen kommen nur selten daher. Aber lassen wir das mit dem Vergleich, den Celeste ist einfach Celeste - Sängerin, Songschreiberin.

Von Eva Umbauer

Als Kind fuhr Celeste Epiphany Waite - so der volle Name von Celeste - oft mit ihrem Großvater im Auto mit, und da lief oft Aretha Franklin, die größte Soul-Sängerin aller Zeiten. Von da an gab es kein Zurück mehr, Celeste hatte sich bereits innerlich der Musik verschrieben.

„I was listening to the music that my grandparents and mum were listening to from around three years old so I was exposed to a lot of the classic jazz and soul singers from early on. Ella Fitzgerald, Billie Holiday, Aretha Franklin and Sarah Vaughan and even male singers like Sam Cooke and Otis Redding. I completely adored them when I was younger and I still do.“

Als Celeste Epiphany Waite dann später auf das College gehen wollte, eigentlich um Mode zu studieren, beschloss sie, die Musik zum Beruf zu machen. Zuvor war der Vater von Celeste gestorben, an Krebs, mit nur 49 Jahren. Dieser Schicksalsschlag verdeutlichte der jungen Frau, dass es keine Garantie auf ein langes Leben gibt, dass man Dinge nicht aufschieben, sondern sie gleich jetzt anpacken sollte.

Der Vater von Celeste hatte jamaikanische Wurzeln. Ihre Mutter wiederum ist Britin, sie arbeitete als Visagistin in Los Angeles, als sie sich dort verliebten. Celeste wurde in Los Angeles geboren, lebte aber nur die ersten paar Jahre dort, dann zog sie mit ihrer Mutter nach England. Die Eltern hatten sich getrennt.

Ein paar Jahre lang hatte Celeste keinen Kontakt zum Vater, erst mit zehn wurde der Kontakt wiederhergestellt, und Celeste liebte ihren Vater. Die beiden verstanden sich richtig gut. Er hatte einen wundervollen Humor und eine gute Ausstrahlung, erinnert sich Celeste an ihren Vater.

Der Song „Father’s Son“ am Album von Celeste ist auch inspiriert von ihrem Vater. Warum nicht „Father’s Daughter“? Celeste sah ein Graffiti an einer Mauer mit den zwei Wörtern Father’s Son, also ließ sie den „son“ und ersetzte ihn nicht durch „daughter“.

„Maybe I’m my father’s son, maybe I’m nothing like you“
(Celeste, „Father’s Son“)

Celeste wuchs in Dagenham auf, ganz im Osten von London, zusammen mit ihrer Mutter und deren Eltern. Später lebte sie nahe Brighton, an der englischen Südküste, wo sie in einem Pub jobbte und auch in einem Second-Hand-Geschäft. Aber sie wollte wieder zurück nach London. Mit nur 100 Pfund in der Tasche tat sie das schließlich.

Eigentlich ist Celeste keine „Newcomerin“, zumindest keine Musikerin, die praktisch über Nacht bekannt wurde. So lieh sie etwa in der Vergangenheit ihre Stimme dem schwedischen Star-DJ und Producer Avicii, veröffentliche Songs beim Plattenlabel von Lily Allen oder sang mit Britpop-Ikone Paul Weller seinen 90er Jahre-Klassiker „You Do Something To Me“ im Duett.

Ein viel größeres Publikum aber hat Celeste jetzt allemal. Erfolg kann schnell eintreten, wenn etwa ein großes Londoner Kaufhaus zur Weihnachstszeit „Strange“ spielt, oder ein Fernsehsender „You’ll Never Stop This Flame!“ in den Werbepausen bei Fußballübertragungen.

2020 wurde Celeste in Großbritannien von der BBC als vielversprechendstes musikalisches Talent ausgezeichnet. Und den Rising Star Award bei den Brit Awards gab es obendrein noch. Ihre Nominierungen verschwieg Celeste Epiphany Waite so lange es ging, erzählte es nur der Mutter und den Großeltern. Man weiß ja schließlich nie. Und überhaupt, so ist Celeste einfach, geerdet und bescheiden, nichts herumschreien, erst einmal abwarten. Nicht immer bringt ein Musikpreis Ruhm und Ehre für den Rest des Lebens.

Ist Celeste eine neue Amy Winehouse? Eine neue Lianne La Havas? Eine neue Billie Holiday oder Ella Fitzgerald gar?

„Comparisons are healthy, and I think they’re helpful as well, particularly in the earlier part of your development. It can help you get to grips with who you want to be. But something I’ve always had instilled from a young age is to just always remain myself. I’ve always been headstrong from a really young age. I do think as an artist and a singer, it’s something that’s always on my mind, to stay in touch with that authenticity.“

Durch die Covid-19-Krise wurde die Veröffentlichung von Celestes Debütalbum verzögert. Aber gut Ding braucht manchmal eben Weile, Corona hin oder her. „Not Your Muse“ nennt Celeste das Album. Nicht deine Muse. „I hold my pose, but I’m not your muse“, singt Celeste im Albumtitelsong. Sie ist selbst die Meisterin, und nicht bloß die Person, die andere zu künstlerischen Meisterleistungen anspornt. Außerdem, so warnt Celeste in „Ideal Woman“: „I’m not the one that’s gonna save you from all your discontent.“

Albumcover von Celeste - "Not Your Muse"

Polydor

„Not Your Muse“ von Celeste ist bei Polydor erschienen.

In einem anderen ihrer Songs - „Tonight Tonight“, mit den dramatischen Streicherarrangements - singt Celeste: „I was listening to love songs no one’s listening to anymore.“ Songs wie sie große Frauenstimmen wie Roberta Flack oder Dusty Springfield früher gesungen haben. So gut, dass es die Großeltern und ihre musikalischen Vorlieben gibt. Aber Celeste hört auch Techno, Rock, Jazz und Soul sowieso, aber auch Folk, vor allem Indie-Folk, weil, wie sie sagt, es im Singer/Songwriter-Genre einfach die besten Texte gibt.

Das Schlagzeug wird bei den Songs von Celeste meist schön mit dem Beserl gestrichen, aber damit es nicht gelegentlich zu gediegen wird, Celeste küsst wild, so heißt es in „A Kiss“ etwa „I bit your lip and left you swollen.“ Rrrrr.

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