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Nahaufnahme beim Frisör: Haare, Hand und Schere

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Über die Wichtigkeit des Frisörbesuchs

Was dahinter steckt, dass sich plötzlich alle Menschen testen lassen, weil für einen Frisörbesuch ein negativer Antigentest notwendig ist.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Ich habe mich immer gefragt, was Österreich am meisten braucht. Jetzt weiß ich es – einen Besuch beim Frisör. Nachdem verordnet wurde, dass man für eine neue Frisur einen negativen Antigentest vorweisen muss, hat sich alles verändert. Die öffentlichen Testzentren, wo früher gähnende Leere herrschte, haben sich gefüllt. Alle sind zur Erkenntnis gelangt, wie wichtig eine schöne Frisur ist.

Die ersten Männer im Lande haben es vorgemacht. Kanzler Kurz und Finanzminister Blümel waren perfekt frisiert, selbst als die Frisiersalons zu hatten. Man kann sich weder den einen noch den anderen mit einem wuscheligen Kopf vorstellen.

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Habt ihr schon daran gedacht warum zum Beispiel Tarzan, der ein Kind des Dschungels ist, immer perfekt frisiert und glatt rasiert sein konnte? Egal ob Johnny Weissmüller in den 1930-er Jahre oder die animierte Version. Vielleicht weil Tarzan von einer adeligen Abstammung ist und ein Adeliger darf nicht bärtig sein, selbst wenn er unter Affen aufgewachsen ist.

Es gibt auch diese Hollywoodschönheiten, die stets perfekt frisiert und geschminkt aus dem Bett steigen. Ich selbst habe mich zwar noch nie in meinem Leben geschminkt, aber ich habe gesehen, wie eine Person, die am Abend stark geschminkt war, am frühen Morgen aussieht. Es gibt anscheinend einen ungeschriebenen Vertrag zwischen Filmemachern und Zusehern: Wir werden eure Vorstellungen von Wahrheit nicht in Frage stellen und ihr dürft uns weiter ein schöneres Leben vorzeigen. Zwischen Politikern und Wähler herrscht (womöglich) eine ähnliche Vereinbarung.

Ich will aber keine weitere Parallele zwischen Filmwelt und politischer Realität ziehen. Wir sind brave Bürger, die alle Regeln befolgen und müssen glauben, dass die Regeln auch für alle gelten. Sonst müssten wir daran zweifeln, ob Regierungsmitglieder immer die Wahrheit sagen, was wir nicht machen wollen.

Ich bin sicher, dass der Finanzminister einen riesigen Stapel von negativen Coronatests für jeden Frisörbesuch vorweisen könnte. Ich bin sicher, dass er immer die Wahrheit sagt.

Bei mir hingegen ist alles leicht – ich schneide mir die Haare selber zu Hause. Damit leiste ich zwar keinen Beitrag zur Belebung der Frisörbranche, aber in Krisenzeiten ist es leichter und billiger.

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