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Crack Ignaz über Alltagsrassismus: „Für mich ist das allgegenwärtig“

Der Salzburger Rapper sendet mit seinem Song „Nicht von hier“ eine wichtige Message. Im Interview spricht Crack Ignaz über Alltagsrassismus, politische Repräsentation und Cultural Appropriation.

Von Alica Ouschan

Crack Ignaz ist am 18.2. ab 19.00 im FM4 Soundpark zu Gast.

Crack Ignaz aus Salzburg hatte 2015 mit „König der Alpen“ seinen Durchbruch. Mittlerweile rappt er seltener im Salzburger Dialekt, seine Musik ist zunehmend ernster geworden. Nach seinem Album „Sturm und Drang“, das letzten August erschienen ist, hat er im November den Song „Nicht von hier“ veröffentlicht. Crack Ignaz, der in seiner Musik eher selten politisch wird, hat damit einen subtilen, aber eindrucksvollen Song über Alltagsrassismus geschrieben und dafür den The Message Award für die „Message des Jahres“ verliehen bekommen. Im FM4 Interview spricht Crack Ignaz über „Nicht von hier“, Alltagsrassismus und erklärt, warum ihm Kommunikation wichtiger ist als politische Repräsentation.

Alica Ouschan: Anfang Februar sind die diesjährigen The Message Awards vergeben worden und du wurdest für deinen Song „Nicht von hier“ mit dem The Message Award für die Message des Jahres ausgezeichnet. Welche Message steckt hinter „Nicht von hier“?

Crack Ignaz: Ich mag’s gern, Sachen eher offen zu lassen. Aber ich schildere eine Erfahrung, die glaube ich viele kennen und die einige mit mir teilen. Aber ich glaube am besten ist, man hört sich das selbst an.

Du hast mit dem Song eine Thematik aufgegriffen, die zwar viele Menschen schon sehr lange beschäftigt, aber in der Mainstream-Diskussion erst im letzten Jahr so richtig angekommen ist, in erster Linie durch die Black-Lives-Matter-Proteste. War das auch etwas, was dir den Anstoß gegeben hat, einen solchen Song runterzuschreiben?

Ehrlich gesagt seh’ ich mich und den Song ein bisschen separat von der Sache. Für mich ist das Thema so allgegenwärtig, dass die Black-Lives-Matter-Sache in mir nicht das Gefühl ausgelöst hat, dass ich mich damit konkret musikalisch beschäftigen sollte. Es ist einfach da für mich und dieses Mal ist es ein bisschen in den Song geflossen.

Wir haben vor ein paar Monaten im Rahmen unserer Rubrik Lieder die die Welt bedeuten über „König der Alpen“ geredet und da hast du gesagt, dass du auch mit dem Song darauf abgezielt hast, Leute zu provozieren, die es stört wenn du dich als König der österreichischen Alpen bezeichnest…

Lieder, die die Welt bedeuten

Crack Ignaz über König der Alpen

Ja, auf jeden Fall. Ich arbeite sehr gerne mit politischen Themen, aber ich lasse die Leute gerne danach suchen oder im Idealfall lasse ich die Leute es am besten empfinden. Bei „König der Alpen“ wollte ich eine Irritation und damit dann vielleicht ein Nachdenken auslösen: „Wieso finde ich das weird, wenn jemand, der Schwarz ist, König von den Alpen sein kann?“ Das möchte ich auslösen und das mache ich eigentlich auch schon länger. Ich glaube, das entgeht leider den Meisten. Ich möchte Leute ein bisschen zum Denken bringen, aber halt subtil.

Die Frage, die du in dem Song „Nicht von hier stellst“: „Woher kommst du?“, ist nur eine von vielen Gesichtern, von Alltagsrassismus. Hast du das Gefühl, dass der Alltagsrassismus in Österreich sich in den letzten Jahren verändert oder zugenommen hat?

Ich muss ehrlich sagen, dass es für mich persönlich eigentlich immer stetig abgenommen hat. Witzigerweise war aber auch ein starker Schlüsselpunkt, dass ich mir die Haare blond gefärbt hab’. Ich weiß nicht, was genau das in den Leuten ausgelöst hat, aber ab dem Punkt sind mir Sachen seltener passiert.

„Allgemein, wenn ich so zurückdenke, so an die Neunziger, das ist gar kein Vergleich zu jetzt. Die Neunziger waren schon heavy.“

Ich sehe das ganze gerne optimistisch und habe das Gefühl, dass viel mehr Verständnis insgesamt herrscht und vor allem viele Sachen nicht mehr so einfach durchgehen, wie das früher möglich war und das finde ich gut.

Du sagst in „Nicht von hier“ in einer Zeile „Crack Ignaz ins Parlament“. Wie politisch bist du und wie wichtig ist dir politische Repräsentation?

Also die Line ist eigentlich ein Seitenhieb, sie geht ja: „Kriminell / Ignaz K ins Parlament“, also quasi ein Seitenhieb in Richtung der unsauberen Politik, die in Österreich grad sehr beliebt zu sein scheint. Was die Repräsentation betrifft, das brauche ich in dem Sinne nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass jemand, bloß weil er mir ähnlich schaut, wirklich was bewirkt. Es ist schön, allgemein repräsentiert zu sein. Aber in der Politik heißt das ja nicht, dass diese Person auch die entsprechenden Ideen vertreten würde, deswegen ist das für mich eher sekundär. Ich meine, es ist schön, Leute zu sehen, die ausschauen wie man selbst. Aber das heiß halt nicht allzu viel. Das ist ja eigentlich die ganze Sache: Es sagt nichts aus, wie du aussiehst.

Du sagst, Repräsentation ist für dich nur sekundär, andere Dinge sind wichtiger. Was ist dir wichtig?

Dass man sich zuhört und dass eine Offenheit entsteht, für jede Seite. Und dass kommuniziert wird, dass gewisse Sachen ansprechbar sind bzw. ansprechbar werden. Das ist das Wichtigste. Das ist meiner Erfahrung nach die Sache, die am meisten Fortschritt erzeugt bei solchen Themen.

Der Februar ist Black History Month. Hast du Empfehlungen für Kunst von BIPOC Personen oder Kunst, die Black History thematisiert?

Ich finde das persönlich ein bisschen schwierig. In einem amerikanischen Kontext macht Black History Sinn, da hast du auch einen ganzen Teil einer Bevölkerung. Aber außerhalb von Amerika ist es schwierig, Black History zusammenzufassen, weil du so viel Unterschiedliches, so viel hast, das Black ist, was nicht unbedingt zusammengehört. Die Geschichte von dem einen Land ist ja komplett anders wie vom nächsten. Und auch, wenn die Leute in beiden Ländern Black sind, ist das nicht unbedingt verbunden. Aber ja, da gab es ein Buch, das hab’ ich mal gelesen. Ich glaube, das hieß „Black Like Me“ oder so, da bin ich mir nicht sicher. Ich kann mich auch gar nicht mehr so genau erinnern, was drin passiert. Ich glaube, der Typ nimmt Melanin-Tabletten. Das ist so ein weißer Südstaaten-Typ und der frisst dann diese Tabletten, damit er richtig schwarz wird und geht dann halt so durch den Süden Amerikas und gönnt sich mal die Perspektive von der anderen Seite und erlebt Erschreckendes.

Das klingt interessant und spielt irgendwie auch ein bisschen auf die Thematik der Cultural Appropriation an. Ist das auch ein Thema, das du beobachtest und sagen kannst, was für dich in der Hinsicht okay ist und was wiederum gar nicht geht?

Ich finde, die ganze Cultural-Appropriation-Debatte ist überspitzt. Natürlich können es Leute ausnutzen, aber im Endeffekt sehe ich da drin was Verbindendes, wenn Leute von anderen Kulturen Sachen übernehmen. Ich denke mir, dass das auf lange Sicht Leute näher bringt und für mehr Verständnis sorgen kann. Wenn sich zum Beispiel - der Klassiker - hellhäutige Frauen Cornrows machen, dann kann man das negativ sehen. Man kann sich aber auch denken, dass dadurch ein Verständnis für diesen Hairstyle entsteht. Es ist nicht mehr so ein alienhaftes, fremdes Ding. Dadurch löst es dann eben vielleicht nicht mehr seltsame Reaktionen aus, sondern eher ein „Okay, verstehe. Das sind Haare. Das ist ein nicer Hairstyle“. Also so sehe ich das persönlich. Und das mit den Faschingsverkleidungen... Mit Lendenschurz und schwarz angemalten Gesichtern... Ja, das ist halt einfach nur disrespectful.

Was ist dir bei dieser ganzen Thematik und wenn du mit Leuten darüber sprichst, wichtig?

Ich finde man sollte den Leuten die Chance geben, Sachen lernen zu dürfen. Ich finde es passiert viel zu selten, dass man die Leute, die etwas nicht wussten oder etwas anscheinend noch nicht verstanden haben, einfach lernen lässt, oder dass man sie dabei motiviert, etwas zu lernen. Ich finde es falsch, wenn jemand attackiert wird, obwohl er versucht sich zu verbessern.

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