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Wallners

Tim Cavadini

fm4 soundpark act

Wallners: „We’re gonna live free and live wild“

Wallners schreiben sanft-hypnotische Popsongs Marke Klavierträumerei. Und sie machen es sehr gut: Unser FM4 Soundpark Act im März.

Von Lisa Schneider

Es ist ein kleiner Raum, im Haus ganz oben gelegen, da, wo die Dachschrägen zum Kopfanstoßen gemacht sind und sich in den Ecken gute, alte Geheimnisse angesammelt haben. Beatles-Köpfe grinsen von den Wänden, Platten aus den 70ern, aus den 80ern liegen stapelweise bereit. Und sonst? Computer, Verstärker, Boxen, Gitarren, sehr viele Mikrophone und ein Klavier. „Das totale Chaos“, lachen Wallners. Dieser kleine, gemütliche, gut vollgestopfte Ort, das ist der Ort, an dem ihre Lieder entstehen.

Cover EP "Prolog 1" Wallners

Universal

„Prolog 1“ heißt die erste EP von Wallners und erscheint via Universal Music Austria.

Die Band Wallners ist, man muss es so sagen, eine Familienangelegenheit: die vier Geschwister Anna und Laurenz, Max und Nino haben pragmatisch den Familiennamen zum Bandnamen gemacht. Hier fügt sich alles aufs Natürlichste, Naheliegendste, so auch das Aufwachsen bei Eltern, die ein Klaviergeschäft leiten. „Es war schon praktisch und gut, immer stand bei uns irgendwo ein Klavier herum, auf dem jemand gespielt hat“, erzählt Laurenz im FM4-Interview. Das Auf- und Hineinwachsen in eine Band hat sich im Laufe der letzten zehn Jahre entwickelt, man darf sich vorstellen, wieviele unveröffentlichte Lieder die vier Geschwister im Desktop-Ordner „Stuff“ geparkt haben. Es sind viele. Mit „Prolog 1“ dürfen fünf von ihnen jetzt an die Öffentlichkeit. Ihre erste EP haben Wallners Ende Februar veröffentlicht.

Die Debüt-Single „in my mind“ ist vor sechs Monaten erschienen, und sie hat die Weichen gelegt. Selten ist in letzter Zeit ein Lied gelungen, das sich das lang gehütete Pop-Hit-Rezept der Wiederholung nicht auf-, aber eindringlich gut zu eigen macht. Alles kreist um und kehrt zurück zu dieser einen Zeile „in my mind“; das ist minimalistisch und es ist klug gemacht, spielt es doch in genau jene Herz- und Hirngegenden hinein, wo sich der Wunsch nach Sicherheit versteckt hat. Weise gealtert klingt dieses Lied, das liegt an der wunderbar dunklen Stimme von Anna Wallner. Jung und frisch klingt dieses Lied, weil Wallners am Anfang stehen und alles wollen: „we’re gonna live free / and live wild“.

„Wir wollten diese Single als erste veröffentlichen, und weil sie so viel offen lässt, weil sie sich nicht ganz einordnen lässt“, erzählt Anna Wallner. Dieses Lied ließ sich für ein Major-Label jedenfalls so weit einordnen, als dass sie Wallners damit unter Vertrag genommen haben. Und das ist, gerade im Bereich Indie-Pop und gerade in Österreich, keine zu unterschätzende Sache.

Drei der fünf Lieder, aus denen die erste EP „Prolog 1“ besteht, sind schon als Singles vorab erschienen, darunter die mystisch-schöne Seefahrtsgeschichte „Ships“ und das einmal mehr vom Klavier getragene „All Again“. Da alle Geschwister Wallner sich noch in ihren jungen 20ern befinden, darf man diese erste Liedersammlung durchaus noch als „Coming-Of-Age-Platte“ bezeichnen: Es sind fünf Lieder, die sich mit Erinnerungen, mit Sehnsuchtsorten, vor allem aber mit dem Verlaufen der Zeit beschäftigen. Saftig und dick wie Honig fließt sie nicht nur bei Salvador Dali über die Leinwand, sondern auch hier:

„may days they were hard
when I was young you grew older
and many times we would part
many years since you’re gone“

Das Leben, wie es davonläuft und doch wieder zurückkommt. Situationen, die sich auf ewig wiederholen, obs zum Guten ist oder zum Schlechten. Wir waren alle da, wo Beziehungen zerbrechen, wo die Eltern immer älter werden. Wo die Fragen nach der eigenen Karriere, der eigenen Zukunft mal lauter, mal leiser sind. Das sind Texte, die kollektive Erfahrungen beschwören, und die auch deshalb großteils ohne Protagonist*innen auskommen. An den stärksten Stellen kippen die Texte ins Surreale und öffnen damit ein Schlupfloch ins Unbekannte. Auch das passt sehr gut zum musikalischen Traumcharakter dieser Lieder.

Daft Punk haben sich aufgelöst, Daft Punk leben für immer weiter. Es ist ein seltsamer Zufall, dass die Lieblingsband von Anna, Laurenz, Nino und Max just dann ihr Ende ankündigt, wenn sie selbst ihre eigene, erste EP veröffentlichen. Und dann wären wir da wieder beim Thema Zeit und wie sie verrinnt, wie sie ständig Neues verlangt - vor allem in der Musikwelt. Der EP-Titel „Prolog 1“ ist dem geschuldet gut gewählt, hier sitzen vier Musiker*innen in den Startlöchern. Bereit für die große Karriere sind viele, das Zeug dazu haben nicht alle. Wer aus einem ersten Vorwort zur eigenen Karriere die besten ersten Zeilen macht, dem stehen die Sterne gut.

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