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Alexander Gehrig

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„Besondere Zeiten bringen besondere Alben hervor“

Fasten your seatbelts: Die Indie-Formation Fotos nimmt uns mit auf einen Trip, mit dem Sound-Spaceshuttle geht es auf dem fünften Album „Auf zur Illumination!“ ab in die Schwerelosigkeit und wieder zurück, in die unbekannten Gefilde des Unterbewusstseins.

von Michaela Pichler

Ende der Nuller Jahre stapelten sie Ziegelstein auf Ziegelstein, bauten eine Ohrwurm-Mauer, sie feierten mit uns am FM4 Geburtstagsfest und mit einem Überraschungskonzert und tourten vom Heimathafen Hamburg bis nach Indien: Das Quartett Fotos hat zwar einen ungoogelbaren Namen, mit ihrem deutschsprachigen Indie-Rock haben sie sich allerdings in die Herzen zahlreicher Indie-Kids gespielt. Einige Jahre war es still um die Band, jetzt erscheint ihr fünftes Langspielwerk.

Auf der Suche nach der inneren Stimme

Die neue LP trägt den strahlenden Titel „Auf zur Illumination!“ - und um die erleuchtende Bedeutung des Wortes Illumination geht es auch darauf, wie Fotos-Gitarrist und Sänger Tom Hessler erklärt: „Es geht um das Thema einer Reise, auf der Suche nach der inneren Stimme. Und das ist ja dann letzten Endes auch eine Form von Erleuchtung, wenn man bei sich ankommt.“

„ Die Reise fängt gerade an / nimm nochmal Anlauf gegen die Wand“

Fotos machen sich auf eine Reise und tauchen ab ins Unterbewusstsein. Besser gesagt, in die unbekannten Gefilde von Sänger und Songschreiber Tom Hessler. Der hat die neun Songs am Album „Auf zur Illumination!“ während des ersten Lockdowns geschrieben, allein in seiner Wohnung in Berlin Neukölln, als die Straßen still waren und es in den eigenen vier Wänden im Home-Studio umso lauter wurde. Tom Hessler bedient sich für die Songtexte an der kreativen Schreibtechnik Écriture automatique, damit die Zeilen ohne Zensur herausfließen können. „Das funktioniert für mich am besten, wenn ich noch so ein bisschen verballert vom Schlaf bin und wenn das Koffein dann langsam in’s Blut schießt. Aber im Kopf ist man trotzdem noch halb im letzten Traum, den man gerade hatte, damit kommen oft schöne und spinnerte Bilder heraus.“

Fotos Album "Auf zur Illumination!"

Fotos

„Auf zur Illumination!“ ist das fünfte Studioalbum der Fotos und ist am 26. Februar 2021 via PIAS Germany erschienen.

„Wir haben auch debattiert, ob es ein Soloalbum sein sollte oder könnte. Aber letzten Endes haben wir uns darauf geeinigt, dass besondere Zeiten besondere Alben hervorbringen. Und so sehen wir es eigentlich als Gewinn an, dass wir ein Album machen konnten, in einer Zeit, in der es eigentlich gar nicht möglich gewesen wäre“, erzählt Hessler im Interview. Als nach dem ersten Lockdown ein Wiedersehen mit den Bandkollegen Deniz Erarslan, Friedrich Weiss und Benedikt Schnermann möglich war, wurden die Songs gemeinsam aufgenommen. Mit an Board ist auch der Produzent Olaf Opal, der schon beim „Porzellan“-Album 2010 für den besonderen Schliff gesorgt hat.

Oszillierende Musikmaschinen

Der flirrende Sound am neuen Fotos-Album kommt nicht von ungefähr: Tom Hesslers bester Freund in der Corona-Isolation war sein Serge Modular System – ein analoger Synthesizer, der in seinem Aussehen mit seinen vielen Kabeln große Ähnlichkeit mit einer Telefonanlage aus grauer Vorzeit hat. „Für mich ist er ein Apparat, mit dem ich mit meinem Unterbewusstsein oder mit dem Universum kommunizieren kann", lacht Tom Hessler. Mit diesem Apparat entsteht auch die elfminütige Single „Silberne Maschine“. „„Silberne Maschine" ist schon für mich definitiv die größte Errungenschaft auf diesem Album, weil sie einfach sämtliche Konventionen der gängigen Indie-Popmusik in Frage stellt.“ Im Musikvideo zum Song-Epos drehen sich die Tortenscheiben, die silberne Maschine wird zur Kuchenfabrik.

In den neuen Fotos-Songs begegnet man Träumen und Ängsten, die sich normalerweise in den unbekannten Regionen des Unterbewusstseins verstecken. Es lauern wilde Wesen dort, die im entferntesten vielleicht an das Freud’sche Es anknüpfen. Doch in manchen Songs wird die introspektive Erzählweise auch konkret und gesellschaftskritisch – wie in „Meise“, an dem Hessler am längsten gearbeitet hat. „Ich wollte mein ganzes musikalisches Leben so ein Lied schreiben. Ein Lied, das nur auf einen Ton basiert und sehr hypnotisch ist. Das eine Geschichte erzählt, mehr als ein Ich-und-Du-Befindlichkeitstext. Das den Kapitalismus in Frage stellt und den Leistungsdruck und den Wachstumsdruck, den wir uns dauernd ausgesetzt fühlen.“

Zurücklehnen und davonschweben

„Auf Zur Illumination!“ ist ein musikalischer Trip: Die 60s- und 70s-Vibes sorgen für psychedelische Melodien, entschleunigter Shoegaze katapultiert einen in die Schwerelosigkeit. Vom weitentfernten All geht’s wieder zurück ins Innerste – dort, wo Fotos bereits ihre Erleuchtung gefunden haben. „Während ich in der Vergangenheit mir oft selbst im Weg stand und oft anstrengende Umwege genommen habe, macht mich dieses Album sehr zufrieden. Ich habe auf meine innere Stimme gehört und zugelassen, was aus mir raus fließen kann.“

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