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Filmstill "Billie Eilish: The World's A Little Blurry"

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Aus dem Leben eines Superstars

Die neue Musikdoku „Billie Eilish: The World’s A Little Blurry“ versucht, den bisherigen Weg der Ausnahmekünstlerin nachzuzeichnen. Mit unzähligen Einblicken, etwa Musiksessions im Kinderzimmer, ergibt sich so das Bild einer ganz privaten Billie Eilish.

Von Philipp Emberger

Single des Jahres, Album des Jahres, Song des Jahres, Best Newcomer. Dazu noch die Auszeichnung für das beste Pop-Gesangsalbum und eine Trophäe für ihren Bruder und Produzenten Finneas als Produzent des Jahres. Das Team #BillieEilish ist bei der letztjährigen Grammy-Verleihung vollgepackt mit vielen goldenen Grammofontrophäen von der Bühne stolziert. Die neue Doku „Billie Eilish: The World’s A Little Blurry“ versucht nun einen Bogen zu spannen von Eilishs erstem, mit 13 Jahren geposteten Song „Ocean Eyes“ bis zum Megaerfolg als 18-Jährige bei den Grammys 2020.

Die Musikdoku ist dabei weniger eine streng chronologische Erzählung ihres Aufstiegs, vielmehr eine filmische Huldigung. Fragmentiert zeigt Regisseur R. J. Cutler wichtige Stationen auf und abseits der Bühne, darunter die Produktion des Erfolgsalbums „When We All Fall Asleep Where Do We Go?“. Mit Homevideos untermauert erzeugt die Doku so einen sehr nahbaren Eindruck der Künstlerin und schafft Verständnis, wieso Eilish für viele junge Menschen auf der ganzen Welt eine Identifikationsfigur ist.

Billie, Finneas & Justin

Häufig geht es in der Doku auch um Billie Eilishs Beziehung zu anderen Menschen – etwa zu ihrem Bruder, ihrem damaligen Freund und zu ihren Eltern. Es ist ihr Umfeld, das Billie bisher Halt gibt, sie erdet und sie den Megaerfolg verarbeiten lässt. Abschreckende Beispiele für Totalabstürze gäbe es ja gerade in der Musikwelt einige.

Trotzdem spart die Doku auch tragische Bilder, etwa zu Eilishs Gesundheitszustand, nicht aus. Es sind bedenkliche Bilder, wenn Billie von ihrem Vater auf die Bühne getragen werden muss, weil ihre Beine die Belastung der Tour nicht mehr mitmachen.

Filmstill "Billie Eilish: The World's A Little Blurry"

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Finneas und Billie Eilish auf der Bühne

Erstaunlich oft geht es auch um ihre Freundschaft zu Sänger Justin Bieber. Regisseur Cutler zeigt, wie Billie Eilish, selbst Justin-Bieber-Ultra, zum ersten Mal ihr Idol trifft. Gefühlt vor ein paar Tagen war sie selbst noch ein Belieber und hat sich eine imaginäre Beziehung mit dem kanadischen Superstar im Kopf zusammengezimmert, und zack - schon steht sie auf dem Coachella-Festival in Schockstarre vor ihrem großen Idol und ist sichtlich überfordert mit der Situation. Der Moment ist gewissermaßen ein Symbol für den ultraschnellen Aufstieg der Musikerin.

Plakat "Billie Eilish: The World's A Little Blurry"

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„Billie Eilish: The World’s A Little Blurry“ ist auf dem Streamingkanal AppleTV+ zu sehen.

Schlafzimmer-Folklore

Am stärksten ist „Billie Eilish: The World’s A Little Blurry“ immer dann, wenn Billie im Kinderzimmer sitzt und die Zuseher*innen an ihren Gedanken teilhaben lässt. Sie erzählt beispielsweise von ihren mentalen Herausforderungen und wie sie diese zuerst in Zeichnungen, später in Musik und Musikvideos verwandelt.

Zusammen mit den Erzählungen ihrer Familie offenbart sich so ein umfangreicher privater Einblick in das Leben des Superstars. In einer Szene etwa steht ihr Bruder und Produzent Finneas umgeben von Schneebesen und Töpfen in der elterlichen Küche und spricht offen über Billies Abneigung, neue Musik zu schreiben, und wie die Angst vor öffentlichen Anfeindungen ihr Schaffen blockiert. Es ist das Bild einer Künstlerin, die sich phasenweise schwertut, zufrieden und stolz auf ihre Arbeit zu sein.

In diesen sehr intimen Schilderungen liegt auch die große Stärke der umfangreichen Musikdoku. Cutler, der in der Vergangenheit bereits Dokumentationen über Bill Clintons Präsidentschaftskampagne („The War Room“) und „Vogue“-Chefredakteurin Anna Wintour („The September Issue“) vorgelegt hat, drängt seine Erzählung nicht auf, sondern lässt Eilish ihre Geschichte selbst erzählen. Häufig war die Kameracrew gar nicht dabei, Billie und Finneas haben sich selbst bei den unzähligen Musik-Sessions in ihrem Schlafzimmer gefilmt und die Aufnahmen zur Verfügung gestellt.

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Billie Eilish in „Billie Eilish: The World’s A Little Blurry“

Lediglich ein zusätzlicher Blick eines Cutters hätte der mit knapp zwei Stunden und 20 Minuten doch ziemlich ausufernden Doku gutgetan. Am Ende bleiben von der Doku, deren Name eine Songzeile aus dem Song „ilomilo“ ist, einige schöne Musik-Sessions und der bis jetzt wohl privateste Einblick in das Leben der Ausnahmekünstlerin. Und das, obwohl sie in einem Interview einmal gesagt hat, dass sie niemals will, dass die Welt alles über sie weiß. Zumindest ein paar neue Erkenntnisse kommen nach der Doku dazu.

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