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Golden Globes 2021

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Videocall-Extravaganza bei den Golden Globes 2021

Verspätet wurden gestern Nacht zum 78. die Golden Globes vergeben, 25 Preise, aufgeteilt in TV- und Filmkategorien. Die Gewinner sind „Nomadland“ und der „Borat“-Nachfolger mit zwei Preisen, die Verlierer die Veranstalter selbst. Die veranstaltende Hollywood Foreign Press Association (HFPA) war bereits vor der Verleihung mit heftiger Kritik konfrontiert.

Von Philipp Emberger

Normalerweise sollten wir zu diesem Zeitpunkt schon wissen, an wen Faye Dunaway und Warren Beatty dieses Jahr fälschlicherweise den Oscar vergeben, aber weil dieses Filmjahr irgendwie ganz anders als alles bisher Gekannte ist, müssen wir uns damit bis Ende April gedulden. Zumindest die Golden Globes sind vergangene Nacht nun vergeben worden und haben die Award Season eröffnet.

Die Golden Globes waren ja schon immer ein bisschen das verhaltensauffällige Kind unter den Preisverleihungen, und deshalb gab es auch dieses Jahr bereits im Vorfeld Einiges an Drama. Der veranstaltenden Hollywood Foreign Press Association (HFPA), einem Zusammenschluss von in Hollywood arbeitenden internationalen Filmjournalist*innen, wird schon seit Längerem mangelnde Diversität und Intransparenz vorgeworfen. Eine sehr elitäre Gruppe von knapp 90 Personen entscheidet so über den Filmpreis. Zum Vergleich: Die Oscars werden von über 9000 Stimmberechtigten vergeben.

Zu der ohnehin schon vorhanden Kritik kommt noch, dass die Nicht-Nominierung der vielfach gelobten BBC-Serie „I May Destroy You“, die sexuellen Missbrauch thematisiert, für Aufregung gesorgt hat. Im Gegensatz dazu wurde die eher durchschnittliche und klischeebeladenen Serie „Emily in Paris“ mit zwei Nominierungen bedacht. Einen Grund dafür will zuletzt die „Los Angeles Time“ aufgedeckt haben. So wurden über 30 Mitglieder der HFPA von Paramount Pictures, dem Studio hinter „Emily in Paris“, großzügig mit Geschenken überhäuft. In dem prall gefüllten Geschenkskorb soll unter anderem ein Trip ans Set nach Paris inklusive teurem Abendessen und Übernachtung im Luxushotel gewesen sein.

Tina Fey und Amy Poehler die Vierte

Die beiden Moderatorinnen Tina Fey und Amy Poehler waren ziemlich sicher nicht unter den glücklichen Paris-Reisenden und haben die Golden Globes auch gar nicht aus Paris moderiert. Nein, bei ihrem vierten gemeinsamen Moderationsgig waren die Komikerinnen pandemiebedingt noch nicht einmal am selben Ort. Poehler war in Beverly Hills, während Fey live aus New York durch den Abend geführt hat. Obwohl die beiden schon ein eingespieltes Team sind, hat sie an diesem Abend doch mehr getrennt als nur der Trennstrich des Splitscreens. Die Produktion wollte die Distanz mit möglichst harmonischen Hintergründen kompensieren, was eher schlecht als recht geklappt hat.

In ihrem Eröffnungsmonolog haben Fey und Poehler dann, wie man es erwarten durfte, auch gleich die mangelnde Diversität innerhalb der HFPA angesprochen.

The Hollywood Foreign Press Association is made up of around 90 international, no-Black journalists who attend movie junkets each year in search for a better life.

Einige der sonst eher als öffentlichkeitsscheu geltenden HFPA-Mitglieder haben sich kurze Zeit darauf mit eingezogenen Schultern auf die Bühne getraut und sich in einem Statement zu den Vorwürfen geäußert. Wer sich dabei noch an die Zeit der Schulreferate und das anschließende Feedback der Klassenkamerad*innen erinnert, muss an diesem Abend zum selben Feedback für die HFPA-Mitglieder kommen: „Ich finde, ihr habt sehr flüssig und frei gesprochen!“ Leider war bei den auswendig gelernten Stehsätzen für mehr Vielfalt dann doch überhaupt nichts Konkretes dabei und an anderer Stelle haben wir die Sätze sicher auch schon gehört.

Einen Überblick mit allen Gewinnerinnen und Gewinnern gibt es auf der Website der Golden Globe Awards.

2x2x2 = 2

Preise wurden auch vergeben und in den Film-Kategorien war zwei die magische Zahl. Es gab es keinen dominierenden Film, der so wirklich alles abgeräumt hat.

Die meisten goldenen Welttrophäen, zwei an der Zahl, konnten der Borat-Nachfolger “Borat Subsequent Moviefilm” (Beste Komödie & Bester Hauptdarsteller Sasha Baron Cohen) mitnehmen. Cohen nutzte sein kleines Zeit- und Bildschirmfenster dann auch gleich, um Ex-Präsident Trump und die HFPA in einem abzuwatschen.

In der Drama-Kategorie schreibt Regisseurin Chloe Zhao Geschichte. Sie gewinnt als zweite Frau nach Barbara Streisand und erste Women of Colour den Preis für die beste Regie. Ihr Roadmovie „Nomadland“ über das nomadische Leben in den USA, mit der unfassbar guten Frances McDormand in der Hauptrolle, wurde auch als bestes Filmdrama ausgezeichnet. Ebenfalls zwei Preise, darunter den als bester Animationsfilm, kann der Pixar-Streifen „Soul“ einheimsen. Trent Reznor, Atticus Ross und Jon Batiste gewinnen dazu noch den Preis für die beste Filmmusik in „Soul“.

Mit Jodie Foster auf der Couch

Ansonsten hat die virtuelle Verleihung vor allem dazu geführt, dass wir viele Promis gemeinsam mit ihren Liebsten in ihren Wohnzimmern oder in vollgeräumten Büros gesehen haben. Honorable Mention: Die Tochter des „Minari“-Regisseurs (Bester fremdsprachiger Film), die ganz laut „I prayed!“ in die Kamera gerufen hat. Das hat sich wohl ausgezahlt für den Papa, der einen Film über eine koreanisch-amerikanische Familie gedreht hat, die versucht, sich mit einer Farm eine neue Existenz aufzubauen.

golden globes 2021

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Regisseur Lee Isaac Chung mit seiner Tochter bei den Golden Globes 2021

Die Kategorie Beste Nebendarstellerin-Film ging dann mit deutscher Beteiligung über die Bühne und hat zu einem Wiedersehen mit Jodie Foster geführt. Die ist ebenso überrascht, dass sie wieder bei einer Filmverleihung dabei ist und gewinnt dann auch prompt die Kategorie. Jodie Foster back in business - ausgezeichnet als beste Nebendarstellerin in „The Mauritanian“. Als Unterstützung auf die Couch hat sie sich ihre Lebensgefährtin und ihren Hund geholt. Die 12-jährige deutsche Systemsprengerin Helena Zengel schafft dagegen nicht die Sensation und muss sich damit begnügen, dass sie im Roadmovie-Western „News of the World“ Tom Hanks die Show gestohlen hat. Zwischen ihr und der ältesten Nominierten in der Kategorie, Glenn Close, liegen übrigens 61 Jahre oder anders ausgedrückt - knapp einmal Jodie Foster (58 Jahre).

Im Fall vom besten Nebendarsteller, Daniel Kaluuya für „Judas and the Black Messiah“, hat das mit der Videokonferenz übrigens nicht so gut geklappt. Während seiner Rede hatte die Produktion mit erheblichen Tonproblemen zu kämpfen, was nicht die einzigen technischen Probleme an diesem Abend blieben. Kaluuya reagierte daraufhin so:

Golden Globes 2021

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Daniel Kaluuya reagiert mit Humor nachdem er gemutet wurde

Emotionaler Höhepunkt war sicherlich die Trophäe für den verstorbenen „Black Panther“-Star Chadwick Boseman. Seine Frau Simone Ledward hat den Award für seine Rolle im Musikfilm „Ma Rainey’s Black Bottom“ angenommen und unter Tränen darüber gesprochen, welche Worte Boseman wohl an diesem Abend gewählt hätte.

Golden Globes 2021

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Chadwick Boseman gewinnt posthum den Preis als Bester Hauptdarsteller, seine Frau Simone Leward nimmt den Preis entgegen

In den Darstellerkategorien wurden darüber hinaus noch Andra Day (Beste Hauptdarstellerin – Drama für „The United States vs. Billie Holiday) und Rosamund Pike (Beste Hauptdarstellerin – Komödie/Musical für „I Care a Lot“) ausgezeichnet.

Bei den Serien ist die britische Serie „The Crown“ mit vier Goldtrophäen im Gepäck nach Hause gegangen. Und Jane Fonda hat das getan, was Jane Fonda immer tut, sobald sie auf einer Bühne steht: liefern. In ihrer Rede - sie wurde mit dem Cecil B. DeMille-Award ausgezeichnet - nahm sie die Filmbranche, und einmal mehr die HFPA in die Pflicht, für mehr Diversität zu kämpfen und endlich Verantwortung zu übernehmen. Jetzt liegt es an der HFPA, zu liefern, um wieder eine zeitgemäße Veranstaltung auf die Beine zu stellen.

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