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Uploadfilter werden noch vor dem Sommer in Österreich umgesetzt

Plattformen im Internet müssen in Zukunft dafür sorgen, dass ihre User*innen keine Inhalte hochladen, die das Urheberrecht verletzen könnten. Die Bürgerrechts-NGO Epicenter Works kritisiert den Entwurf.

Von Christoph Weiss

Erinnert ihr euch an die Proteste gegen Uploadfilter? 2018 und 2019 sind in ganz Europa Menschen auf die Straße gegangen, um gegen von der Europäischen Kommission geforderte Uploadfilter im Internet zu protestieren. Sie sollten Teil einer großen Urheberrechts-Richtlinie der EU werden. An einer der größten Demos, die in Köln stattfand, nahmen sogar rund 100.000 Protestierende teil.

Protest

APA/dpa/Sebastian Gollnow

Demo gegen Uploadfilter in Köln.

Die Demos haben die Urheberrechts-Richtlinie nicht verhindert. Sie wurde 2019 vom Europaparlament beschlossen, inklusive Uploadfiltern. Für viele Menschen war das ein dunkles Kapitel in der Geschichte des freien Internets in Europa.

Plattformen im Internet müssen in Zukunft dafür sorgen, dass ihre Userinnen und User keine Inhalte hochladen, die das Urheberrecht verletzen könnten. Allerdings haben die meisten Mitgliedsstaaten der EU die Urheberrechts-Richtlinie noch nicht umgesetzt - auch Österreich nicht. Jetzt ist es aber bald soweit. Mehrere Organisationen haben einen ersten Entwurf des Gesetzes analysiert, darunter auch die Bürgerrechts-NGO Epicenter Works. Sie sieht viele gute Ansätze aber auch offene Fragen.

Thomas Lohninger

CC BY 4.0 von Hanna Prykhodzka

CC BY 4.0. Thomas Lohninger ist Geschäftsführer von Epicenter.works

Wer fällt darunter?

Gut sei etwa, dass bei der Frage, ob eine Online-Plattform ins neue Urheberrecht fällt, auch die Größe der Plattform eine Rolle spielen soll. Trotzdem sei nicht ganz geklärt, ob etwa auch ein Diskussionsforum wie Reddit oder eine Dating-Plattform wie Tinder betroffen sein wird.

Im Gesetzesentwurf steht auch, dass eine Plattform nur dann nicht für Verletzungen des Urheberrechts der User*innen verantwortlich gemacht werden kann, wenn sie “alle Anstrengungen” unternommen hat, die Rechte von Urheber*innen zu schützen. Dabei, sagt Thomas Lohninger von Epicenter Works, sei unklar, ob etwa eine Foto-Plattform wie Flickr sich um Lizenzen von allen Fotograf*innen weltweit kümmern muss, oder nur von einer österreichischen Verwertungsgesellschaft. “Hier ist im Gesetzestext nicht konkret genug festgelegt, worin die Verantwortung des Plattformbetreibers wirklich besteht”, so Lohninger. Plattformen und deren Nutzerinnen und Nutzer würden Rechtssicherheit benötigen.

Pre-Flagging-System gegen übertriebene Filterung

Damit es nicht zur übertriebenen Filterung legaler Inhalte kommt, schlägt Epicenter Works ein sogenanntes Pre-Flagging-System vor. Das würde es beim Upload z.B erlauben, zu kennzeichnen, dass es sich um eine Parodie oder ein Zitat handelt. „Oder auch darum, dass es um eine legale Nutzung geht“, sagt Thomas Lohninger, „weil ich zum Beispiel eine Lizenz gekauft habe für das Musikstück, das in meinem Video vorkommt.“ Es gehe darum, den Fehlern, die Uploadfilter machen werden, etwas entgegenzusetzen.

In dieser Hinsicht für Epicenter Works ebenfalls wichtig, und laut der NGO im derzeitigen Gesetzesentwurf erfreulicherweise vorhanden: eine Bagatellschranke für sehr kleine Inhalte, „denn je kleiner das Musikstück oder Bild ist, das ich mit einem anderen vergleiche, desto höher ist die Fehlerquote. Es steigt also die Wahrscheinlichkeit, dass ein Uploadfilter etwas fälschlicherweise zum selben Werk erklärt“, so Lohninger.

Im Gesetzesentwurf nicht vorgesehen ist ein Beschwerde-Verfahren. Doch wenn eine Online-Plattform etwas löscht, so Lohninger, dann sollen Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit haben, die Sperre zu beanstanden: „Es ist leider davon auszugehen, dass die großen Tech-Konzerne nicht alles richtig machen werden. Der Erfahrung nach werden sie sehr viel falsch machen. Deswegen braucht es eine zuständige Stelle in Österreich, an die ich mich wenden kann, um eine Klärung des Problems herbeizuführen oder einen Missstand abzustellen.“

Denn Uploadfilter seien immer fehlerbehaftet. Den Schaden durch Overblocking könne man auch durch Klagen begrenzen. Deswegen begrüßt Epicenter Works, dass im Gesetzesentwurf Verbandsklagen durch Konsumentenschutz-Organisationen und NGOs ermöglicht werden.

Die Regierung will die Umsetzung der Europäischen Urheberrechtslinie bis Juni abschließen. Zuvor wird es auch noch eine parlamentarische Begutachtung geben. Bürgerrechts-Aktivist*innen in ganz Europa werden allerdings auch versuchen, die Richtlinie beim Europäischen Gerichtshof zu Fall zu bringen.

Anmerkung: Eine frühere Version des Artikel enthielt die Aussage, der Gesetzesentwurf sehe keine Bagatellschranke vor. Eine solche gibt es im vorläufig letzten Entwurf aber.

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