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Tricky Women/Tricky Realities

animation

Ein paar Tipps zum Festival Tricky Women/Tricky Realities

Es ist in der weltweiten Filmfestivallandschaft einzigartig: Das Tricky Women/Tricky Realities zeigt Animationsarbeiten, die mehrheitlich von Frauen realisiert wurden und dabei nicht nur von Frauen erzählen, aber definitiv einen anderen, einen weiblichen, oft feministischen, immer nicht-patriarchalen Blick auf die Welt werfen. Das Festival wird seit 20 Jahren in Wien veranstaltet, dieses Jahr findet es online von 10. bis 14. März statt und ist damit einer größeren Öffentlichkeit zugänglich als sonst.

Von Anna Katharina Laggner

Ob in schematischen Schnipseln, in reduzierten Schwarz-Weiß-Zeichnungen oder in aufwändigen Plastilin-Modellen: Der Animationsfilm ist von vornherein immer das Andere, die Alternative zu einer realistischen, filmisch-fotographischen Darstellung. Seine Form allein ist die andere Möglichkeit, ist der fantastische, der surreale, der poetische Blick. Oft (und in meiner liebsten Form) ist er ein verdichtetes visuelles Ereignis.

Animation: Fahrradfahren

Tricky Women/Tricky Realities

„Stunting Cunts“

In „Stunting Cunts“ zeigt die Künstlerin Gina Kamentsky in knapp drei Minuten, welche Überforderung es bedeutet, etwas (in Kamentskys Fall Künstlerisches) zu schaffen. „I’m going to create another film“, heißt es am Anfang. Und wenige Frames später: „torture yourself, if that is what you want“. Doch was folgt, ist keine selbstmitleidige Künstlerinnen-Nabelschau, sondern ein Strich-Weibchen, das bei dem Versuch, irgendwohin zu gelangen, permanent slapstickartig auf die Schnauze fällt. Es ist nicht schwer, sich mit der stunting cunt zu identifizieren.

Im Animationsfilm können Dinge gezeigt werden, die als reale Bilder viel zu verstörend wären. Ein eindringliches Beispiel dafür ist „Dans la rivière“ („Step Into the River“) von Weijia Ma und da bereits die ersten 50 Sekunden: Das Bild zeigt ein Dorf am Wasser, man hört ein Baby schreien und sieht, wie es ein Mensch in den Fluss gleiten lässt. Sofort ist es still. Die Ein-Kind-Politik Chinas war bis 2015 eine ganz reale Sache, die Herausforderungen, die diese Politik für Ehepaare darstellten, und die Lebensgefahr, die allein das Geschlecht für neugeborene Mädchen bedeutete, davon erzählt Weijia Ma in „Dans la rivière“ anhand zweier Mädchen. Ruhig und in einfachem, detailverliebtem Stil gezeichnet, erinnert „Dans la rivière“ an schöne Kinderbücher. Sicherlich nicht unabsichtlich.

Ein Mann und ein Kind an einem Ufer

Tricky Women/Tricky Realities

„Step Into The River“

Jedes Jahr hat Tricky Women/Tricky Realities auch einen Langfilm im Programm, dieses Jahr ist es „My Favorite War“ der in Lettland geborenen und in Norwegen lebenden Regisseurin Ilze Burkovska-Jacobsen. „My Favorite War“ hat eine fast zehnjährige Entstehungsgeschichte und handelt von Burkovska-Jacobsens Kindheit in der Sowjetunion. Sie ist ein Mädchen mit einer Haarmasche so groß wie ihr Kopf und sie lebt an der westlichsten Grenze der Sowjetunion, wo kein Mensch an den Strand darf. Es könnte ja einer davonschwimmen.

Animation: Schulklasse, alle tragen eine Schuluniform

Tricky Women/Tricky Realities

„My Favorite War“

In „My Favorite War“ fließen real gefilmte Aufnahmen in gezeichnete über, der Film arbeitet mit historischem Archivmaterial und erzählt ausgehend von Burkovska-Jacobsens persönlichen Erinnerungen von einem europäischen Land, Lettland nämlich, über das wir erstaunlich wenig wissen.

Tricky Women, das Festival, das seit 2019 Tricky Women/Tricky Realities heißt, um einmal mehr die Realität alles Weiblichen zu betonen, ist dieses Jahr 20 Jahre alt und findet heuer online von 10. bis 14. März statt. Man kauft sich entweder einen Zugang für sämtliche Festivalprogramme, die jeweils 48 Stunden online sind, oder bucht einzelne Programme. In jedem Fall wird man belohnt mit Filmen, die viel mehr erzählen als eine bloße Handlung. Filme, die sich unmittelbar in unsere visuelle Wahrnehmung einhaken.

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