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Patrick Fraubaum in seiner Radwerkstatt Velo Wien

Simon Welebil / Radio FM4

Wie wird mein Rad frühlingsfit?

Mit den ersten warmen Frühlingstagen kommt bei vielen auch das Rad wieder aus dem Keller. Spätestens, wenn es nicht mehr so rund läuft wie zuvor, ist es Zeit für einen Frühjahrscheck. Was man dabei selber beurteilen und erledigen kann, und wo man sich besser Hilfe holt, erklärt uns ein Profi.

Von Simon Welebil

Die Radwerkstatt von Velo Wien im 10. Wiener Bezirk ist fast komplett gefüllt mit Rädern, gebrauchten Rädern. Wenn man genauer hinsieht, kann man erkennen, dass die meisten von ihnen schon vor 1990 produziert worden sind. Darauf hat Patrick Fraubaum nämlich geachtet, als er sie im letzten Jahr zusammengekauft hat. Die Räder von vor 1990 seien nämlich von besserer Qualität als die moderneren und seien deshalb auch reparabler. Bei den Rahmen hätte man damals etwa vornehmlich auf stabilen Stahl gesetzt und bei den Verschleißteilen auf lange Haltbarkeit. Die Kette nennt Fraubaum als bestes Beispiel:

„Früher hat eine gute Kette 20.000 Kilometer gehalten, heute nur mehr 2.000.“ (Patrick Fraubaum)

Patrick Fraubaum hat die Räder in seiner Werkstatt großteils über den Winter, in der Off-Season der Radwerkstätten, saniert und repariert, um sie bald wieder in den Verkehr zu bringen.

Dass er alle loswird, darüber macht er sich keine großen Gedanken. Die Corona-Pandemie hat das Radfahren so sehr beflügelt, dass letztes Jahr das Angebot an Rädern knapp geworden ist. Und Fraubaum erwartet Ähnliches für dieses Jahr, sobald die Temperaturen wieder steigen.

Patrick Fraubaum in seiner Radwerkstatt Velo Wien

Simon Welebil / Radio FM4

Antriebscheck

„Bremsen checken, Antrieb checken, schmieren“

Wenn es wieder wärmer wird, dann holen auch die „Saisonradler*innen“ ihre Räder aus den Kellern. Und viele von ihnen werden draufkommen, dass sie nicht mehr so rund laufen wie davor. Wer nicht sofort mit dem Rad zum Service gehen will, dem oder der empfiehlt Patrick Fraubaum ein paar essentielle Checks für das Bike nach der Winterpause:

„Ich würde einmal für die Verkehrssicherheit sorgen. Stehenbleiben im Verkehr ist einmal das Allerwichtigste“. Als erstes also einmal fest die Bremsen ziehen und überprüfen, ob man überhaupt noch ausreichend Bremswirkung hat. An den Markierungen der Bremsbeläge kann man außerdem schnell erkennen, ob noch genug Belag drauf ist.

Patrick Fraubaum in seiner Radwerkstatt Velo Wien

Simon Welebil / Radio FM4

Die Kerben sind die Markierung am Bremsbacken.

Dass der Reifen vor der Fahrt genug Luft hat, sollte man auch kontrollieren. Wie viel Luft in den Reifen soll, steht in der Regel an der Flanke des Reifens. Der untere Wert steht dabei für mehr Komfort beim Fahren, je härter aufgepumpt wird, desto weniger Rollwiderstand bietet der Reifen und dementsprechend mehr Geschwindigkeit.

Von den Reifen geht’s zum Antrieb. Hier ist das Schmieren der Kette mit Kettenöl nie verkehrt. Dabei sollte man aber auch darauf achten, überschüssiges Öl wieder abzuputzen, damit der Antrieb nicht zu sehr verdreckt.

Beurteilen ja, tauschen und einstellen eher nein

Schon etwas kniffliger ist danach die Kontrolle des Antriebs selber, aber auch hier gibt es eine Überprüfungsmethode für Fahrrad-Laien, wenn auch eine recht grobe. Man schaltet in den schwersten Gang, tritt voll in die Pedale und achtet darauf, ob man ein Rucken spürt. Dann rutscht die Kette nämlich über die Ritze der Zahnräder drüber und man könnte sich überlegen, dass man sich den Antrieb in einer Werkstatt genauer anschauen lässt.

Patrick Fraubaum in seiner Radwerkstatt Velo Wien

Simon Welebil / Radio FM4

Anschauungsbeispiel für „zuviel geschmiert, zuwenig geputzt“

Sein eigenes Rad kurz begutachten könne jeder mit ein bisschen Hausverstand, meint Patrick Fraubaum. Wenn der eigene Bike-Check dann allerdings dazu führt, dass man mit dem Rad eher nicht mehr auf die Straße soll oder kann, empfiehlt er, nicht allzu viel zu verstellen beginnen, um nichts zu „verschlimmbessern“. „Beim Tauschen oder beim Einstellen würde ich einfach aufpassen und mir Hilfe suchen bei jemand, der ein bisschen Ahnung davon hat, oder in die nächste Werkstatt gehen.“ Schließlich geht es hier auch um sicherheitsrelevante Teile.

Bike-Check vom Profi

Wenn Patrick selbst ein Rad durchcheckt, macht er das natürlich gründlicher und geht das Rad und seine Komponenten von vorne nach hinten durch. Er kontrolliert die Räder auf Schläge, die Felgen, alle großen Lager am Rad, ob sie ein Spiel aufweisen, die Einstellung der Bremsen, und speziell den Antrieb, der mit der Kette ja auch eines der am schnellsten verschleißenden Teile enthält.

Warum der Radmechaniker neben der Reparatur von Defekten auch zu einem regelmäßigen Service rät, kann er an der Kette auch am leichtesten erklären. „Wenn die überdehnt ist und man fährt weiter, dann kann es sein, dass man den ganzen Antrieb tauschen muss, statt nur der Kette. Eine Kette zu tauschen kostet mit Material und Arbeit zwischen 30 und 50 Euro, je nach Qualität. Der ganze Antrieb beginnt bei 120 bis 300 Euro. Das ist einfach eine ganz andere Relation. Wenn man die Kette und den Antrieb ein bisschen im Auge behält, beugt man dem einfach vor, dass große Kosten auf einen zukommen.“

Patrick Fraubaum in seiner Radwerkstatt Velo Wien

Simon Welebil / Radio FM4

Reparieren ist nachhaltig

Doch selbst dann sollte man überlegen, dieses Geld auszugeben, bevor man der Verlockung eines Neukaufs erliegt, meint Patrick Fraubaum, alleine schon aus einem Umweltbewusstsein heraus, einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Patrick, der an der Boku in Wien Umwelt- und Bioressourcenmanagement mit Schwerpunkt Abfallwirtschaft studiert hat, lehnt die Wegwerf- und Obsoleszenzpolitik der Radindustrie ab, und weil es immer mehr Menschen so geht, erwartet er in den nächsten Monaten, dass wieder jede Menge Service-Arbeit auf ihn zukommt.

Dann werden wohl nicht nur die Räder, sondern auch jede Menge Ersatzteile seine Werkstatt verlassen. Er hat sich vorsorglich damit eingedeckt, um keine Kund*innen mit kaputten Rädern heimschicken zu müssen, denn Corona hat auch große Auswirkungen am Ersatzteilmarkt gezeigt. Einerseits hat die große Nachfrage den Markt leergefegt, andererseits kämpft aber auch die Produktion, die fast ausschließlich in China stattfindet, mit wiederkehrenden virusbedingten Fabriksschließungen. Und dann fehlen im Moment auch noch Transportkapazitäten. „Man bekommt weder Räder, noch Ersatzteile“, schildert Patrick. „Vor allem bei Antriebssachen und Verschleißteilen gibt es teilweise monatelange Vorlaufzeiten.“ Wer also auf Nummer sicher gehen will, dass sein Rad diesen Frühling auf die Straße kommt, sollte es möglichst bald unter die Lupe nehmen.

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