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Szene aus der Serie "Liebe in Zeiten von Corona"

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Nah an der Seifenoper: Die Serie „Liebe in Zeiten von Corona“

Seit einem Jahr bestimmt eine mehr oder weniger klar definierte physische Distanz unser Zusammenleben. Und dieses Diktat der Distanz, die Einschränkung der Mobilität, der so genannte Stillstand wurde auch Gegenstand der Kunst. Unter anderem in diesem weich gezeichneten Abbild von Liebes-Beziehungs-Realitäten, angesiedelt in LA. Nun zu sehen in Form von „Liebe in Zeiten von Corona“.

Von Anna Katharina Laggner

Wer glaubt, der Stillstand sei ereignislos, irrt. Die größten Dramen haben sich immer schon in den eigenen vier Wänden abgespielt. Egal ob man Single ist oder in Paarbeziehung, ob lesbisch, schwul, hetero, ob mit oder ohne Kinder, ob jung oder alt: Corona hat gezeigt, was die Liebesdinge taugen.

Alles, was in „Liebe in Zeiten von Corona“ zu sehen ist, kennen wir zur Genüge. Haben es selbst erlebt oder in inflationären Deep-Psycho-Talks davon gehört. Was will ich wirklich, wer bin ich wirklich, war das jetzt alles? Und nebenbei veranstalten wir spontane Wohnzimmerdiscos, amüsieren uns über die online-Konferenz-Krawatte zur Boxershort, beschäftigen uns mit Heimwerken, Kochen, dem gemeinsamen Essen und der Frage: Ist das jetzt der richtige Zeitpunkt für ein Kind? All das sehen wir nun in „Liebe in Zeiten von Corona“, einer Serie, die keine neuen Erkenntnisse bringt und in ihren Dialogen extrem cheesy ist. Gleichzeitig kann sie aber auch Erholung bieten: Das hier Dargestellte ist eine weich gespülte Realität. Dass sie als Comedy ausgewiesen ist, heißt aber noch lange nicht, dass es hier komisch zugeht.

Es geht etwa um Gewalttaten gegen afroamerikanische Bürger*innen, ein Rassismus, der in „Liebe in Zeiten von Corona“ anhand einer afroamerikanischen Familie thematisiert ist und sich im inneren Konflikt eines Vaters manifestiert. Er ist Afroamerikaner und mit einer Afroamerikanerin verheiratet, die beiden haben ein Kind. Er fragt sich, ob er den Mut hat, ein weiteres Kind in diese – gewaltvolle, herausfordernde, ungerechte – Welt zu setzen.

Doch letztlich wirkt dieser Seitenstrang von „Liebe in Zeiten von Corona“ wie ein politisches Feigenblatt in einem auf Quoten abzielenden Bemühen um Diversität.

Vier Haushalte – viele Probleme

Da gibt es den erwähnten Afroamerikaner: Bis vor der Pandemie war er immer weg, als Produzent im Filmbusiness, es war wichtig, seine große Chance, die ihm, wie wir in einem Dialog erfahren, Spike geboten hat. Nun ist er plötzlich im Homeoffice. Und hat natürlich keine Ahnung, wie die dreijährige Tochter ihr Marmeladebrot will (die Ränder weggeschnitten nämlich und in Dreiecke geteilt).

Szene aus der Serie "Liebe in Zeiten von Corona"

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Dann gibt es da den schwulen Ausstatter und seine Singer-Songwriter-Mitbewohnerin: Seelenverwandte, doch plötzlich fangen die beiden, in Ermangelung von Alternativen, eine Affäre an. Geht nicht gut, aber zum Glück gibt’s da noch den an einen Italo-Lover erinnernden Nachbarn, der immer im Freien duscht.

Außerdem ein Ehepaar, das sich vor der Pandemie getrennt hat, aber noch gemeinsam lebt. Dank Lockdown und Distanzlehre zieht die gemeinsame Tochter wieder bei ihnen ein, sie hat Liebeskummer und ist nun auch noch mit den Kalamitäten der Eltern konfrontiert. Da fließen Tränen der Verzweiflung.

Tränen der Rührung fließen eher bei einem alten Ehepaar, das kurz vor dem 50. Hochzeitstag steht. Es sind die Eltern des Filmproduzenten. Die Mutter möchte ein Fest feiern. Der Vater ist dement und in einer Pflegeeinrichtung und vergisst bisweilen die Namen seiner Söhne. Man legt die Hände aneinander, eine Fensterscheibe dazwischen.

Sie alle sind irgendwo in LA, diese Paare, aus der die schwer an der Seifenoper schrammende Serie gestrickt ist. „Liebe in Zeiten von Corona“ möchte etwas reflektieren, das niemand reflektieren kann, weil wir mittendrin stecken.

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