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Devotion: Horror, banned in China

Das eigentlich schon 2019 veröffentlichte taiwanesische Horrorspiel „Devotion“ ist erst durch Chinas unterdrückende Zensur zum Politikum geworden. Jetzt kann es wieder gekauft werden - es lohnt sich.

Von Rainer Sigl

Vor etwas mehr als zwei Jahren ist das Horrorspiel „Devotion“ erschienen. In dem First-Person-Game wandere ich wieder und wieder durch ein eigentlich recht kleines Appartment in der taiwanesischen Großstadt Taipeh. Schritt für Schritt erfahre ich so in Rückblenden alles vom ebenso unheimlichen wie tieftraurigen Schicksal einer Familie, die in den 80er-Jahren auf eine Tragödie zusteuert.

Bei Erscheinen im Februar 2019 war das Echo bei Medien und Spielern sehr positiv: Wunderschön und faszinierend, aber auch wirklich unheimlich und berührend sei das Spiel. Leider konnten sich nur wenige Spieler*innen davon überzeugen, denn nur vier Tage nach Release verschwand „Devotion“ aus den Downloadstores.

Vom Review-Bombing zum Verbot

Der Grund dafür war die Politik: Weil im Spiel eine eigentlich recht harmlose Karikatur des chinesischen Präsidenten Xi Jinping zu finden war, wurde „Devotion“ zuerst zum Ziel erboster chinesischer Steam-Kunden, die das Spiel mit Negativrezensionen überschwemmten. Und offensichtlich wurde hinter den Kulissen auch von offizieller Seite Druck auf Steam und die Entwickler ausgeübt, obwohl das Studio versicherte, die Karikatur wäre nicht absichtlich, sondern versehentlich im Spiel gelandet und die Grafik schnell entfernte.

Das reichte Peking offenbar nicht: Nur vier Tage nach Release musste das kleine taiwanesische Studio sein Spiel in China von Steam entfernen. Und einen Tag später verschwand das Spiel sogar weltweit von der Verkaufsplattform. Was hinter den Kulissen geschah, ist unklar.

„Devotion“, entwickelt und vertrieben von Red Candle Games, kann DRM-frei für Windows und Mac direkt von der Homepage gekauft werden.

Im Frühsommer 2019 wurde dann zusätzlich dem chinesischen Publisher des Spiels auch die Geschäftslizenz entzogen - deutlicher konnte China sein Exempel nicht statuieren. Bis Dezember 2020 war es ruhig, dann verkündete überraschend die polnische Downloadplattform GOG, das Spiel wieder zu veröffentlichen. Doch scheinbar wurde abseits der Öffentlichkeit sofort wieder Druck aufgebaut: Schon nach wenigen Stunden (!) ruderte GOG zurück und verlautbarte, dass man angeblich „wegen zahlreicher Nachrichten von Spielern“ nun doch auf die Veröffentlichung verzichten würde.

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Wieder da - und immer noch ein tolles Spiel

Jetzt, zwei jahre nach Verschwinden und drei Monate nach dem Rückzieher von GOG, ist es nun doch noch so weit: Wer will, kann „Devotion“ seit kurzem direkt von der Webseite der Entwickler beziehen, als DRM-freie Version. Und das zahlt sich immer noch aus, denn „Devotion“ ist ein wirklich gutes Spiel - perfekt inszeniert, ist es einer der gelungenen Erben der Horrortradition von „P.T.“ und wegen seines sehr dichten Lokalkolorits in etwa die Entsprechung zum exotischen Independent-Horrorfilm, wie er auf Festivals wie dem Slash zu sehen ist.

Ende gut, alles gut? Nicht ganz: Das Bedrückende an der Affäre um dieses Spiel bleibt, wie stark der chinesische Staat schon bei minimaler Kritik zensierend eingreift, und dass seine Macht offenbar nicht an den Grenzen Chinas endet. Grund zur Freude ist hingegen „Devotion“ selbst: Das zu gleichen Teilen melancholische wie furchterregende Horrorabenteuer ist noch immer absolut einen Kauf wert.

Man könnte sagen: Nach zwei Jahren politischer Unterdrückung ist „Devotion“ nun zum zweiten Mal erschienen. Wer sich dafür interessiert, sollte schnell zugreifen - man weiß ja nie.

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