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Zwei Männer umarmen sich

Serpentwithfeet

Serpentwithfeet, euphorischer Prediger der queeren Liebe

Waren Schmerz und Verdamnis im elektronischen R&B von Josiah Wise aka Serpentwithfeet bisher sehr präsent, sind solche Qualen auf seinem neuen Album „Deacon“ nur mehr ein Echo der Vergangenheit. Insgesamt liegt sein Fokus nun auf Freude und Erfüllung in inniger Zweisamkeit; die biblische Größe der von Gospel geprägten Sprache ist aber geblieben.

Von Natalie Brunner

Hinter dem biblischen Namen Serpentwithfeet steckt der 32-jährige Josiah Wise. Er ist in Baltimore geboren, in Brooklyn aufgewachsen und hat einen Großteil seiner Kindheit mit dem Singen in der Kirche verbracht. Josiah ist ausgebildeter Jazz- und Opernsänger, diese Laufbahn hat er jedoch verweigert. Björk und auch unlängst der Off-White-Designer Virgil Abloh haben mit Serpentwithfeet zusammengearbeitet.

Der elektronische R&B von Serpentwithfeet ist auf seinen früheren Releases mit biblischer Größe und Grausamkeit über uns gekommen. Tod und Verdammnis waren auf „Soil“, dem ersten Album, die ständigen Konsequenzen der Artikulation von queerer Liebe und Begehren. Sex ohne Qualen, Körpersäfte, die nicht toxisch sind, gab es nicht.

Auf „Deacon“, dem soeben erschienenen, neuen Album, hat sich die Düsternis verzogen. Beschreibungen infernalischer Seelenpein sind Beschreibungen sonnendurchfluteter Nachmittage in inniger Zweisamkeit gewichen. Es sind Zeugnisse, so aufrichtig und empathisch, dass auch der zynische Knochen, der hier schreibt, sich freut und mitschwelgt, dass Serpentwithfeet sich und seinen Mann, seine Männer gefunden hat. Er kann sehr präzise das Gefühl beschreiben, wenn nicht nur das Gegenüber, sondern die ganze Welt umarmt sein will.

Serpentwithfeet

Braylen Dion

Serpentwithfeet

„Maybe it’s the blessing of my 30s I’m spending less time worrying and more time recounting the love“, singt er in dem Song „Fellowship“, einer Nummer, die Wärme und die Geborgenheit feiert. Es ist eine Hymne auf das Angekommen-Sein im eigenen Leben, als die Person, die man sein will, in der Welt, in der man leben will. Sampha und Lil Silva singen den Refrain der Hymne auf die romantische, erotische und freundschaftliche Liebe.

Anekdoten von zufälligen Begegnungen in Club, One-Night-Stands werden zu großen, wunderbaren, sonnigen Erzählungen, die Liebe, Sex und Begehren feiern. Serpentwithfeet ist euphorisch und klingt teilweise auch erstaunt über seinen eignen Endorphinrausch. Diese Leichtigkeit ist lustig und albern wie Verliebtheit. In der bluesgeprägten Nummer „Malik“ heißt es:

Blessed is the man who wears socks with his sandals.

Schuhwerk als Zeichen der Verbundenheit, banal und doch wichtig, taucht auch in „Same Size Shoe“ auf. Hier erkundet Serpentwithfeet die Zufriedenheit und Erfüllung einer Beziehung mit dem gleichen sprachlichen Instrumentarium, das er auf seinen vorherigen Releases der Verdammnis und dem Schmerz gewidmet hat: „My auntie’s right, don’t fuck a man / If his shoes are two times the size of your hand / Now that I’m grown, I understand / Chill, I got some good news / Me and my boo wear the same size shoe.“

Liebe ohne Tragödie, unkompliziert und kostbar, das ist die Gospel, die uns Serpentwithfeet predigt.

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