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Filmstillcollage aus "Synchronic" und "Alone"

Well Go USA / Magnolia Pictures

FILM

Thrills für das Heimkino: „Synchronic“ und „Alone“

Einmal NeoNoir mit Sci-Fi-Touch, einmal Survival-Action. Zwei Empfehlungen für Fans ambitionierter Spannungsfilme.

Von Christian Fuchs

Die omnipräsente Dunkelheit, die latente Großstadt-Melancholie, morbide Leichenfunde. In manchen Momenten erinnert „Synchronic“ an David Finchers düsteres Meisterwerk „Se7en“. Auch im neuen Werk von Justin Benson und Aaron Moorhead wirkt die Tristesse ziemlich stylish und bildgewaltig in Szene gesetzt. Mit relativ sparsamen Mitteln gelingt den beiden Regisseuren eine abgründige Neo-Noir-Stimmung.

Seit einer Dekade stehen Benson und Moorhead für visionäre Sci-Fi-Thriller abseits des Mainstreams. In billig produzierten Genre-Meisterwerken wie „The Endless“ vermischen sich Zeitreise-Ideen und Horror-Elemente auf unverwechselbare Weise. Mit „Synchronic“ legen die beiden US-Filmemacher nun ihre bislang aufwändigste Arbeit vor, die mangels Kinostart nun via BluRay, DVD und bei diversen Streaminganbietern verfügbar ist.

Statt einem Polizistenduo wie bei Mr. Fincher folgen wir in dem Film zwei Rettungssanitätern durch trostlose Nächte. Auch Steve (der fantastische Marvel-Star Anthony Mackie) und Dennis (der in „50 Shades of Grey“ stets unterforderte Jamie Dornan) sind ein ungleiches Paar, von ihrem extrem belastenden Job abgebrühte Männer.

Filmstills aus "Synchronic". Zwei Rettungssanitäter

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„Zurück in die Zukunft“ in der Albtraumvariante

Als es zu einer Reihe bizarrer Todesfälle kommt, wirft es aber auch die routinierten Sanitäter aus der Bahn. Mackie und Dornan spielen die Verstörung glaubwürdig. Sämtliche Opfer, zu denen Steve und Dennis gerufen werden, haben anscheinend mit einer Designerdroge namens Synchronic experimentiert.

Die Protagonisten beginnen, Nachforschungen auf eigene Faust anzustellen. Als Steve eine hoffungslose Hirntumor-Diagnose erhält, ist ihm das Drogen-Risiko egal: Er nimmt eine Synchronic-Pille und wartet auf die Wirkung. Ab diesem Moment verwandelt sich der finstere Thriller in eine Art „Zurück in die Zukunft“ in der Albtraumvariante. Und letztendlich in eine Reflexion über die Flüchtigkeit des Lebens und die Wichtigkeit des Moments.

Wer die vorherigen Werke von Justin Benson und Aaron Moorhead kennt und liebt, wird zunächst ein bisschen enttäuscht sein. In Sachen Mindfuck-Kino haben die Amerikaner schon Eindringlicheres gedreht. Statt in surreale Abwärtsspiralen abzudriften, hat „Synchronic“ einige (Pseudo-) Erklärungen parat und kokettiert mit Hollywood-Dramaturgien.

Losgelöst aus dem Gesamtschaffen seiner Schöpfer hat der Film aber viel zu bieten. Berauschende Effekte, sinistre Stimmungen, ein existentialistisches Pathos, das noch länger nachhallt. Und jede Menge Spannung.

Filmstills aus "Synchronic". Zwei Rettungssanitäter

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Nervenzermürbende 90 Minuten

Wer wirklich auf puren, hochkonzentrierten Suspense steht, ohne Ablekungen durch überkomplexe Handlungsgerüste, sollte sich unbedingt „Alone“ anschauen, via Streaming oder Silberscheibe. Ein schlichter und durchaus verwechselbarer Titel, hinter dem ein kleiner, feiner und sehr gemeiner Thriller steht.

Im Mittelpunkt steht Jessica (Jules Willcox), eine Frau, die anscheinend genug vom urbanen Alltag hat. Wovor sie genau flüchtet, das erfahren wir erst im Laufe dieses Films. Aber schon in den ersten Szenen wird klar: Jessica will erstmal weg aus der Großstadt, raus in die Natur, durchatmen, allein sein.

Der Filmtitel bezieht sich aber nicht nur auf Jessicas selbstgewählte Einsamkeit, wir haben es hier mit keinem Aussteigerinnen-Epos zu tun. Die Protagonistin ist schon nach kurzer Zeit alleine mit dem Grauen, draußen in den Wäldern, ohne einen Hauch von Hilfe. Ziemlich nervenzermürbende 90 Minuten lang.

Filmstills aus "Alone". Eine junge Frau am Fluss und ein mittelalter Mann mit Bart und Brille

Kochfilms

Perfekt inszeniertes B-Movie

Das Böse hat ein höchst durchschnittliches Gesicht. Ein mittelalter Mann in einem schwarzen Jeep hindert Jessica beim Überholen, sie begegnet dem Wagen und seinem Besitzer mehrmals auf ihrem Roadtrip ins Nirgendwo. Irgendwann wird aus dem Szenario ein bedrohliches Katz- und Maus-Spiel. Jessica muss, ganz auf sich gestellt in der Wildnis, um ihr Leben kämpfen.

Wer nun meint, so eine Geschichte wurde auf ähnliche Weise schon zu oft erzählt, hat natürlich recht. Erst im Vorjahr schaffte es „Unhinged“ mit Russell Crowe kurz in die Kinos, in dem eine junge Frau ebenfalls von einem brutalen Stalker auf vier Rädern verfolgt wird. Aber der war schauspielerisch und formal ziemlich missglückt. „Alone“ dagegen ist großartig.

Filmstills aus "Alone". Eine junge Frau am Fluss und ein mittelalter Mann mit Bart und Brille

Kochfilms

Was zum einen an Jules Willcox und Marc Menchaca liegt, die darstellerische Klischees von Männer-Monster und weiblichem Opfer mit geballtem Realismus unterlaufen. Und sich zum anderen John Hyams verdankt, einem Low-Budget-Künstler, der dem Genrekino seinen ganz eigenen Stempel aufdrückt. Der Regisseur schafft es, dieses perfekte und schnörkellos inszenierte B-Movie in eine Reflexion über maskuline Gewalt zu verwandeln. Fesselnd bis zum Ende ist „Alone“ ohnehin.

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