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Eine Trainerin misst am Donnerstag, 28. Mai 2020, mit einem Massstab den Abstand zwischen Trainingsgeräten anl. letzter Vorbereitungen zur Wiedereröffnung eines Fitnesscenter in Wien

APA/GEORG HOCHMUTH

Wie geht’s den Fitnessstudios und Boulderhallen im Lockdown?

2021 hat noch kein Indoor-Sportbetrieb für Publikum öffnen dürfen. Insgesamt 8 Monate sind Fitnessstudios, Boulder- und Kletterhallen im letzten Jahr geschlossen gewesen. Können sie das finanziell überleben?

Von Simon Welebil

„Anstrengend ist es“, sagt Christian Hörl, der Branchensprecher der Fitnessbetriebe in der Wirtschaftskammer, der selbst 16 Fitnessanlagen betreibt, aber die finanzielle Situation sei im Moment durch die Hilfen der Regierung noch bewältigbar. Die Fixkosten werden zu einem Großteil ersetzt, die Angestellten seien in Kurzarbeit. Dennoch schaut er angespannt auf die nächsten Wochen.

„Die große Herausforderung für die Fitnessstudios beginnt mit der Eröffnung.“ (Christian Hörl)

Was auf den ersten Blick komisch erscheinen mag, dass die Wiedereröffnung der Fitnessstudios für einige ein Problem werden könnte, wird schnell verständlich, wenn man sich die Angebote der Fitnessstudios ansieht.

Ein Drittel der Fitnessstudios bedroht

Die Fitnessstudios setzen fast ausschließlich auf Abo-Modelle, bei denen die Kund*innen monatlich ihre Beiträge bezahlen. Im letzten Jahr hätten etwa 20-30% der Kund*innen allerdings ihre Verträge gekündigt, was laut Hörl nicht unbedingt auf die Pandemie zurückzuführen ist, sondern in etwa einer natürlichen Fluktuation entspricht, weil sich etwa die Lebensumstände oder der Wohnort ändern. Im Gegensatz zum Normalbetrieb hätten Fitnessstudios aber diesmal kaum die Möglichkeit gehabt, wieder neue Kund*innen zu gewinnen, was beim Aufsperren zum Problem werden kann.

Denn wenn auf einen Schlag zwar alle Kosten zurückkommen würden, bei geschätzt 20-30% weniger Umsatz, werde das für viele Studios nicht zu stemmen sein. Dabei macht jeder Monat Lockdown, der näher Richtung Sommer geht, die Situation noch herausfordernder, weil in der warmen Jahreszeit Fitnessstudios weniger attraktiv sind. Die Fitnessstudios hoffen deshalb auf weitere staatliche Hilfen, etwa auf eine temporäre Mehrwertsteuersenkung, um das abzufedern. „Wenn’s keine Unterstützung gibt, wird es sicherlich ein Drittel nicht schaffen“, schätzt Hörl.

Christian Hörl hofft darauf, seine Betriebe Mitte Mai wieder aufsperren zu können und setzt auf die Corona-Präventionskonzepte, die in Fitnessstudios schon zur Anwendung gekommen sind, von vergrößerten Abständen über Contact Tracing etc. Dennoch werde es wohl mindestens bis Herbst dauern, bis die Fitnessstudios wieder Schwung aufnehmen könnten, wobei die günstigen Anbieter mit einem jungen Zielpublikum wohl am schnellsten wieder besucht würden.

Boulderhalle Bloc House in Graz

C Bender / Bloc House

Bloc House Graz

Positiver Ausblick bei Boulderhallen

Etwas anders ist die Situation in den Boulder- und Kletterhallen, wie Stefan Tscherner, der Geschäftsführer des Bloc House Graz, schildert. Zwar habe es während dieser Lockdown-Monate bei ihm Zeiten gegeben, an denen er zum Zweifeln begonnen und sich bereits Exit-Strategien überlegt habe, „doch dann sieht man wieder auf Facebook/Instagram Nachrichten ‚He, gibt’s euch noch? Wie geht’s euch? Wir können’s kaum erwarten, dass wir wieder bouldern kommen.‘ Das ist dann schon was, was einen aufbaut“, erzählt Tscherner.

Im Bloc House Graz machen Kund*innen mit Zeitkarten nur einen kleinen Teil des Umsatzes aus, der Großteil kommt aus dem Tagesgeschäft. Und dass die Kletter*innen nach dem Lockdown schnell zurück kommen kann, hätten sie in der ganzen Branche schon 2020 nach dem ersten Lockdown erfahren. Der sonst eher schwächere Monat Juni sei umsatzmäßig nahe an die starken Herbstmonate herangekommen. Stefan Tscherner geht dieses Jahr von einer ähnlichen Situation aus. Wie der Sommer laufen wird, hängt natürlich auch davon ab, ob es dann noch Reisebeschränkungen gibt, „aber ich rechne trotzdem damit, dass das urbane Publikum schon gerne bouldern kommen wird.“

Obwohl noch kein offizieller Wiedereröffnungstermin für die Boulderhallen in Sicht ist, kommt gerade wieder ein bisschen Leben in das Bloc House zurück. Leistungssportler*innen dürfen ja trotz Lockdown trainieren, der steirische Kader, einzelne Nationalteamathlet*innen oder das slowenische Nationalteam nutzen das öfter. Und die Stimmung steigt auch wieder ein bisschen, weil es wieder Termine gibt, auf die man hinbauen kann, Mitte Mai wird etwa der Jugend Europacup im Bloc House stattfinden.

Doch nicht nur für seine Halle ist er positiv gestimmt, sondern für die ganze Branche. Hallen, die erst kurz vor der Pandemie eröffnet hätten, hätten unfairerweise zwar Schwierigkeiten bei den finanziellen Hilfen, aber nur Einzelfälle würden nach dem Lockdown wohl nicht mehr aufsperren:

„In Österreich bin ich guter Dinge, dass ein Großteil der Hallen über die Runden kommt.“ (Stefan Tscherner)

Schwierige Lage für die freie Szene

Im Moment sieht es so aus, als ob die Betreiber*innen von Sportanlagen wohl mit einem blauen Auge aus der Pandemie kommen. Viele, die in diesen Anlagen gearbeitet haben, haben weit größere Sorgen. Zwar sind die meisten angestellten Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit, doch mit der Branche verbunden sind ganz viele Einzelunternehmer*innen, von Personal Trainer*innen über Kurstrainer*innen bis zu Routensetzer*innen. Christian Hörl schätzt ihre Anzahl in Österreich auf etwa 8.000 Personen. Denen sei mit dem Betretungsverbot der Sportstätten ihre Lebensgrundlage entzogen worden, die sie bis jetzt nicht durch Online-Trainings oder Ähnliches ersetzen konnten, die mehr der Kundenerhaltung dienen würden, als ein eigenes Geschäftsfeld zu bilden, so Hörl.

Gerade diese Einzelunternehmer*innen im Sportbetrieb werden die Öffnung also noch mehr herbeisehnen als alle anderen.

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