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Doku Everybody's Everything Lil Peep

Netflix

Zwei Stunden lang Lil Peep pur in der Doku „Everybody’s Everything“

Die 2019 erschienene Dokumentation „Everybody’s Everything“ ist ein persönliches, einfühlsames Porträt über den Cloudrapper Lil Peep, der mit seiner Musik Genregrenzen überwunden und seinen Fans Mut gemacht hat.

Von Philipp Emberger

„Dear grandson, my prophet, my tattooed poet, and sweetheart (…)“ Mit diesen Worten verabschiedet sich Lil Peeps Großvater von seinem Enkel Gustav Elijah Åhr, so der bürgerliche Name des Musikers. Der Großvater war eine wichtige Bezugsperson für den Rapper, ein Umstand, der in der Doku mehr als einmal deutlich wird. Der Großvater fungiert in der Doku auch als Off-Erzähler und liest Briefe vor, die er seinem Enkel Gus geschrieben hat. Das setzt gleich von Beginn an den sehr persönlichen Ton der Doku und gibt im weiteren Verlauf private Einblicke in das Leben des Cloudrappers, der im Alter von nur 21 Jahren verstorben ist.

Thema sind dabei unter anderem sein schwieriges Verhältnis zum Vater, sein Umgang mit Depressionen und sein auffälliges Erscheinungsbild als gesellschaftspolitisches Statement. Seine Mutter sieht darin eine Solidarisierung mit den Unterdrückten und eine Geste, um sich selbst zum Außenseiter zu machen.

Von seiner Kindheit über die ersten Versuche als Rapper bis hin zum weltweiten Erfolg zeichnet die zweistündige Dokumentation ein sehr detailliertes Bild von der Person und der Karriere des Cloudrappers. Seine Familie, musikalische Weggefährt*innen und Freund*innen kommen zu Wort und erzählen von einem Menschen, der für Andere da war, sich dabei aber selbst vergessen hat. Lil Peeps Aufopferung für sein Umfeld ging dabei so weit, dass er die Miete seiner Freund*innen bezahlte oder sie auf Kosten seiner eigenen Privatsphäre bei sich wohnen hat lassen.

Doku Everybody's Everything Lil Peep

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Lil Peeps Manager Chase Ortega

Dieser Charaktereigenschaft widmen die Macher*innen der Doku viel Zeit. Lil Peeps Manager Chase Ortega erzählt beispielsweise von der Dualität in Lil Peeps Charakter. Da gab es auf der einen Seite den zurückhaltenden und schüchternen Gus und auf der anderen Seite den extrovertierten und flamboyant auftretenden Lil Peep mit pinken Haaren, auffälligen Gesichtstattoos und einem Hang zu Exzessen. Eine Dualität, die viele selbst spüren, hatte bei dem Musiker zwei Namen.

Doku Everybody's Everything Lil Peep

Netflix

„Everybody’s Everything“ ist 2019 erschienen und ist bei uns auf Netflix zu sehen.

Verschwommene Genregrenzen

Beim musikalischen Urteil sind sich die Interviewten, darunter Kolleg*innen der Gothboiclique, einig und sprechen von einem Genie, das Genregrenzen überwunden hat. Kritiker*innen haben sich schwergetan, den jungen Musiker einzuordnen. In Zusammenhang mit seiner Musik sind die Genres Hip Hop, Alt Rock, Emo-Trap und viele mehr gefallen. Ein Umstand, der Lil Peep selbst wohl nicht wichtig war, für ihn stand im Vordergrund, seine Gefühle in Songzeilen zu packen. Seine Fans haben sich in den Texten, die häufig die Themen Depression, Liebeskummer und Trauer behandelt haben, wiedergefunden.

„Everybody’s Everything“ setzt erzähltechnisch auf die üblichen Musikdoku-Elemente: Konzertaufnahmen, Homevideos und viele Talking Heads. Die Doku ist zwar phasenweise etwas chaotisch, aber insgesamt doch ein würdiger Nachruf auf den Künstler. Es ist deutlich, dass die Regisseure Sebastian Jones und Ramez Silyan ernsthaftes Interesse an der Person Lil Peep haben. Sie haben versucht dieses Interesse filmisch zu verpacken und sezieren einfühlsam Lil Peeps Persönlichkeit. Als Namen für die Dokumentation haben sie einen seiner letzten Instagram-Posts vom November 2017 verwendet.

Doku Everybody's Everything Lil Peep

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„Everybody’s Everything“ ist aber ein Mahnmal für den Umgang mit Suchtmitteln in der Musikindustrie. Schuldige werden in der Dokumentation keine gesucht, und doch bleibt der bittere Nachgeschmack, dass hier ein ganzes System versagt hat, und dass Lil Peeps Umfeld zu leichtgläubig war. Am Ende ist „Everybody’s Everything“ vor allem aber eines: Ein einfühlsames Porträt über einen jungen Menschen, der alles für alle sein wollte.

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