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Luminous Kid

Olof Grind

„An album to wake up or to fall asleep to“

Meet Luminous Kid: Olof Grind ist ein schwedischer Fotograf, der mit „at the end of the dream“ sein erstes Album veröffentlicht hat. Sein queerer Folkpop ist zum Träumen schön. Die Reisen, von denen er im FM4-Interview erzählt hat, auch.

Von Lisa Schneider

Paris. Kolumbien. Irgendein Hausdach in Mexiko. Die nördliche Küste Schwedens im Sommer. Es fühlt sich an wie eine andere Welt, von der Olof Grind erzählt, wenn er die zahlreichen Orte aufzählt, die er in den letzten Jahren bereist hat. Der heute 29-jährige ist gern unterwegs. Die Inspiration wartet überall auf ihn.

Luminous Kid Photo Book

Olof Grind

Mehr Fotos von Olof Grind gibt’s hier.

Olof Grind wächst im ländlichen Schweden auf, in einem „nicht konservativen“ Elternhaus, wie er sagt. Ganz im Gegensatz zum Örtchen selbst, das er damals sein Zuhause nennt.

Der kreative Ausdruck war schon immer da und wichtig, seine Eltern sind beide Künstler*innen. Mit 12 Jahren hat er angefangen zu fotografieren, „it felt like my call in life“. Personen, Landschaften, und wie beide zusammengehören: Die Natur und die Rolle des Menschen darin soll ein wichtiger Bezugspunkt in seiner Kunst bleiben. Olof Grind zählt gute, bekannte Kunden zu seinen Auftraggebern, er hat unter anderem für das VOGUE Magazin fotografiert und schon einige eigene Ausstellungen bestritten. Dann kam irgendwie Phoebe Bridgers ins Spiel - aber zuvor noch, was sonst, eine weitere, lange Reise.

„Creative exploration“ in Südamerika

Olof Grind ist sechs Monate lang durch Südamerika gereist. „I felt a bit stuck within, I’ve been doing photography for so many years, I needed some chance of scenery. I embarked in this jounrey and wasn’t really sure what I would get out of it, I wasn’t planning on writing an album.“ Und trotzdem ist es so gekommen. „It all came out of like joy and curiosity which is a nice jump up point to create from.“

In einem kleinen kolumbianischen Ort kauft sich Olof Grind eine Gitarre, und sie ist nicht das einzige, was er von dort mitnehmen soll: „Luminous kid“, so hat ihn jemand genannt, den er dort getroffen hat, „your energy is so luminous“, hat der gesagt. Der Name ist hängengeblieben sowie die Finger an den Seiten der billigen, guten Gitarre. Am Ende dieser schönen, langen, warmen Tage hat Olof Grind aka Luminous Kid 25 fertiggeschriebene Songs in der Tasche. Mit ihnen reist er zurück nach Schweden.

Gute Bekanntschaften, gute Zufälle

Es ist Frühling 2019, die Welt ist noch normal und Konzerte finden statt. So spielt die sehr gute Band von Phoebe Bridgers und Conor Oberst, Better Oblivion Community Center, ein Konzert in Schweden. Man lernt sich kennen, trinkt ein paar Bier, ist sich sympathisch. Olof Grind wird wenig später in L.A. gemeinsam mit Phoebe Bridgers das Coverfoto ihres fantastischen Albums „Punisher“ machen. Mitten in der Nacht, in der Wüste, Phoebe im obligatorischen Skeleton-Suit, den Kopf leicht nach oben geneigt, mittig platziert, allein zwischen den hinten hoch aufragenden Bergen und dem flutenden, roten Licht.

Phoebe Bridgers Albumcover "Punisher"

Olof Grind

Und da sind wir wieder beim Kern von Olof Grinds Arbeit. Die Natur und der Mensch, da steht er, von allem umgeben und trotzdem isoliert. Ein verrückter und trotzdem ganz ursprünglicher, dreamy state of mind:

„I’ve always worked with that ephemeral, dreamy state of being, with an analogue, vintage feel. I felt like my goal with the whole music project was to translate my visual world into a soundscape. It came pretty naturally to land in the sound that was a bit dreamy and floaty and flowing.“

Auf einer gemeinsam besuchten Party bei Conor Oberst (Olof Grind über die mögliche Starstruckness: „wasn’t too bad, I’ve think I’ve outgrown that age“) schreibt er weiter an einem ganz bestimmten Lied. Es ist das Lied, das in den Pop-Feuilletons überall aufblitzen wird, weil es sehr gut ist und auch, weil Phoebe Bridgers ein Feature gibt. Das Lied heißt „Mountain Crystals“, Christoph Sepin hat ihn auch schon als einen Song zum Sonntag beschrieben.

Und da schließt sich ein schöner Kreis. Mit „at the end of the dream“ hat Olof Grind als Luminous Kid Ende April sein erstes Album veröffentlicht. Auf die Frage hin, wie er seine Musik in Bildern beschreiben würde, hat er diese beiden Fotos per Mail geschickt:

Luminous Kid

Olof Grind

Das Debütalbum

„Together we stand at the end of the dream“, so lauten die ersten Zeilen des Albums. Das Eröffnungslied heißt „Nocturna“ und die besagte Zeile ist aus dem Spanischen übersetzt. Angelehnt an diese ursprüngliche Reise durch Südamerika war es wichtig, logisch, klar, eine kleine Zusammenfassung und gleichzeitig Einführung ins Album in der Sprache zu geben, die Olof Grind beim Schreiben umgeben hat. Er spricht fließend Schwedisch, Englisch, Spanisch und Französisch.

Dem Shakespearesken Titel „Nocturna“ folgen nicht ein, sondern viele große und kleine Dramen. Leben und Liebe. Dass sich Olof Grind auf seinem Album oft fürs Sprechen statt fürs Singen, bzw. für eine gemurmelte Version dazwischen entschieden hat, war eine sehr gute Idee. Da sitzt jemand und erzählt, er teilt seine Geschichten von einer dreiwöchigen Liebesaffäre in Paris („The Gutter Of Our Ecstasy“), von der schwer erklärbaren Intensität einer Beziehung („Mountain Crystals“), von der Suche nach dem richtigen, oder vielleicht auch dem falschen Platz in der Welt („Kjelkvik, Nordland“). Mit dem unaufdringlich schönen Angebot, in eine andere, eben mit ihm in seine Welt hineinzuschlüpfen, erinnert Luminous Kids’ Musik nicht selten an den Outsider-Charme des erwähnten großen Poeten Conor Oberst. Auch, wenn dessen typisch trocken-lakonischer Gitarrenvortrag musikalisch weit entfernt ist vom spährisch gedachten Dreampop auf „at the end of the dream“.

Man will sich vorstellen, wie nahe Olof Grind bei den Aufnahmen des Albums in einem Sommerhäuschen an der schwedischen Küste ans Mikro herangerückt ist, um die Zeilen hineinzuflüstern. Er wünscht sich, erzählt er im FM4-Interview, dass die Menschen sich Kopfhörer aufsetzen, wenn sie das Album hören, dass seine Stimme ganz nah bei ihnen ist. Wie es sein muss bei Liedern, die das Persönlichste teilen, oder die, wie Olof Grind es formuliert, perfekt sind „to fall asleep or to wake up to“.

Albumcover Luminous Kid "at the end of the dream"

The Satchi Six

„at the end of the dream“ von Luminous Kid erscheint via The Satchi Six . Und dazu gibt’s auch ein umfangreiches Kunstbuch mit Fotos, die auf Luminous Kids Reisen - gemeinsam mit den Liedern dieses ersten Albums - entstanden sind.

Und jetzt, Erwachsensein?

Und so ist es auch mit dem Traum, der da endet. „I’m not enternig a nightmare now“, lacht er am anderen Ende der Leitung, „I’m enterning just another dream, I’m standing in front of this big transition, where I found peace with my being and my body and my mind, priorities shifted a little bit.“

Das, was hier endet, ist ein Teil der Jugend, die guten zehn Jahre zwischen 20 und 30, in denen einem alles offen und die zugehörige Verantwortung endlich zusteht. Man findet die Freund*innen, mit denen man vielleicht den Rest seines Lebens verbringt, man schließt die Ausbildungen ab, die man sich vorgenommen hat, man feiert viel und zu viel und irgendwann kommt man irgendwo an. Bisschen Sturm und Drang, bisschen Romantik. Noch lang keine Klassik.

Die Rückkehr zur Natur verbindet sich in Luminous Kids Liedern mit Gedanken zu Bewusst- und Unbewusstsein und schließlich mit der Flucht in (musikalische) Traumwelten. Sie werden außerdem um einen queeren Aspekt erweitert. "I listened to so much music and to so much lovestories being told, but I never really found something within this genre that was talking about queer experiences and for me it was really important to get that message through in the record, to contribute with some queer experiences within the pop culture. If a confused 14 year old hears the songs and feels like „Oh, I might be okay, I’m not strange" - then it’s worth everything.“

Es war nicht immer einfach und schon gar nicht die Intention, das Innere so nach außen zu kehren. „But, sharing is caring, they say“ lacht Olof Grind einmal mehr ins Mikro. Und da sind wir wieder bei der ursprünglichen Idee seiner Kunst und gleichzeitig bei der letzten Zeile des Albums angekommen. „Forever alone/ forever together with it all“ lautet eine von vielen existenzialistischen Betrachtungen auf „at the end of the dream“. Natürlich gibt es auch zu diesem Lied eine spezielle Reisegeschichte, Norwegen und seine beeindruckend langen Nächte und grell-schönen Nordlichter gehören dazu. Ja! Klingt schon wieder wie im Märchen! Darf, soll, kann auch mal so sein.

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