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ÖH-Debatte 2021

radio FM4/Lukas Lottersberger

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Das war die große Diskussion der ÖH-Spitzenkandidat*innen

90 Minuten lang haben sich die Spitzenkandidat*innen der acht bundesweit kandidierenden Fraktion den Fragen von ZIB2-Moderator Armin Wolf gestellt. Thema waren die Dauerbrenner Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen, aber auch die zerstrittene vergangene Funktionsperiode. Großen Konsens gab es beim Thema Digitalisierung, dazwischen ging es auch um Star Wars.

Von Philipp Emberger

Von 18. bis 20. Mai findet die nächste ÖH-Wahl statt. Zur Vorbereitung hat Kollegin Lena Raffetseder schon mal prüfungsrelevante Pflichtlektüre zusammengestellt: Hier gibt es alle Infos zur Wahl, hier eine Zusammenfassung des Koalitionskrachs der letzten Exekutive und hier Wissenswertes rund um die Wahl zusammengefasst.

Als einer der Höhepunkte in jedem ÖH-Wahlkampf gilt die große Diskussion der Spitzenkandidat*innen. Am 4. Mai 2021 haben sich alle acht bundesweit kandidierenden Fraktionen im Großen Sendesaal im ORF-Funkhaus getroffen. Im Vorhinein waren übrigens nicht alle Kandidat*innen mit der Entscheidung, diese Debatte im Stehen zu veranstalten, glücklich:

Eine FM4-Homebase Spezialstunde am 5.5.2021 fasst die große Diskussion der Spitzenkandidat*innen zusammen.

90 Minuten stehen sollten die Kandidat*innen aber dann doch aushalten, immerhin wird ihnen in der ÖH-Bundesvertretung, und im besten Fall in der Exekutive, sogar gleich zwei Jahre lang Ausdauer und Sitzfleisch abverlangt. Vorausgesetzt die Koalition hält über den gesamten Zeitraum.

Armin Wolf ist nach einer Pause bei der ÖH-Wahl 2019 wieder zurück in die Moderatorrolle gekehrt - und hat zumindest seit der letzten Diskussion nicht noch zusätzliche Studiensemester angesammelt. Zeitsparend findet Wolf die Tatsache, dass aufgrund des fehlenden Publikums dieses Mal keine „Schlachtenbummler und Cheerleader“ dabei sind. Das Anfeuern hat sich dafür in den digitalen Raum verlagert:

Damit ist alles Einführende gesagt. Wir legen los mit einer Zusammenfassung.

Vorstellung der Fraktionen

Jede Fraktion hatte 60 Sekunden lang Zeit für die Vorstellrunde. Armin Wolf: „Was unterscheidet Ihre jeweilige Fraktion am meisten von den Anderen?“

Für den Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) tritt Matthias Kornek an. Sein wichtigstes Thema ist jenes der Freiheit. Er kann mit Zwängen nicht viel anfangen und ist gegen die Pflichtmitgliedschaft, den „Genderzwang“ in wissenschaftlichen Arbeiten und auch gegen den „Testzwang“. (Anm.: Im Vorhinein der Diskussion mussten alle Teilnehmer*innen einen Corona-Test ablegen) an Hochschulen.

Elena Ellmaier vom Kommunistischen StudentInnenverband (KSV-KJÖ) sieht einen „enormen Aufholbedarf“ in Sachen Digitalisierung an den Hochschulen. Ihr Alleinstellungsmerkmal: Dass „Posten in der ÖH und Wunschzettel an das Christkind“ nicht ausreichen, sondern es eine starke Studierendenvertretung benötigt.

Jessica Gasior ist die Spitzenkandidatin des Kommunistischen Student:innenverband – Linke Liste (KSV-LiLi). Sie thematisiert in der Vorstellrunde die finanziellen und psychologischen Belastungen der Studierenden und kritisiert die Regierung, die diese Sorgen nicht ernst genug nimmt.

ÖH-Debatte 2021

radio FM4/Lukas Lottersberger

v.l.n.r.: Gabriele Urban (FLÖ), Sara Velić (VSStÖ), Keya Baier (GRAS) und Moderator Armin Wolf

Die Spitzenkandidatin der Unabhängigen Fachschaftslisten (FLÖ) Gabriele Urban beantwortete dann als Erste zumindest im Ansatz die gestellte Frage. Ihre Fraktion sei bei dieser Wahl „die einzige parteiunabhängige Fraktion“.

ÖH-Debatte 2021

radio FM4/Lukas Lottersberger

v.l.n.r.: Sabine Hanger (AG), Sophie Wotschke (JUNOS) und Matthias Kornek (RFS)

Die Spitzenkandidatin der JUNOS, Sophie Wotschke, studiert Volkswirtschaftslehre und beginnt ihre Vorstellungsrunde mit einer Liebeserklärung ans Studieren. Sie sieht überforderte Hochschulen in der Pandemie. Grund dafür ist die „mangelnde Digitalisierung“. Sie sieht eine überforderte ÖH in der Krise und möchte eine Alternative sein.

Sara Velić vom Verband sozialistischer Student_innen (VSStÖ) bezeichnete sich selbst „statistisches Wunder“ aufgrund ihrer migrantischen Wurzeln. Sie ist übrigens nicht nur hier, weil sie eine „interessierte Powi-Studentin“ ist, sondern weil sich ihre Fraktion für Chancengerechtigkeit einsetzt, damit auch Menschen mit Migrationshintergrund den Weg an die Hochschulen schaffen.

ÖH-Debatte 2021

radio FM4/Lukas Lottersberger

v.l.n.r: Elena Ellmaier (KSV-KJÖ), Jessica Gasior (KSV-LiLi) und Gabriele Urban (FLÖ)

Für die Grünen & Alternativen Student_innen (GRAS) bewirbt sich die Salzburger ÖH-Vorsitzende Keya Baier um die Gunst der Wähler*innen. Sie benennt drei Krisen: „Coronakrise, Klimakrise und Bildungskrise“. Die GRAS habe die Lösungen dafür und sie nennt Klimaschutz als Kernkompetenz ihrer Fraktion.

Als letzte Fraktion ist die Aktionsgemeinschaft (AG) an der Reihe. Sabine Hanger ist Spitzenkandidatin und sieht die AG als „die einzige Fraktion, die in der Krise Verantwortung übernommen hat“. Sie verweist auf den Ausbau der psychologischen Studierendenberatung in der Krise. Sie ist derzeitige ÖH-Vorsitzende und ist „gekommen, um zu bleiben“.

Nach der Vorstellungsrunde folgte noch eine Einführungsrunde. Armin Wolf stellte auf die Fraktionen zugeschnittene Fragen. Große Überraschungen gab es dabei keine. Der Unterscheid der beiden kommunistischen Fraktionen ist immer noch nicht ganz klar, der RFS ist „felsenfest“ von Zugewinnen überzeugt, die JUNOS finden sich selbst mutiger als die AG und die AG wiederrum ist gar nicht so ÖVP-nahe wie alle anderen immer tun. Die FLÖ bedauern die Verluste bei der letzten Wahl und sowohl VSStÖ und GRAS nehmen die Frauenförderung in ihrer Fraktion sehr ernst.

Thema #1 ÖH

Nach der Vorstellrunde und der fraktionsbezogenen Einführungsrunde ging es dann in den ersten Themenblock und der beschäftigte sich mit dem Lieblingsthema der ÖH: Der ÖH selbst. In einem von der Pandemie geplagten schwierigen Studienjahr ist die Koalition auseinandergebrochen. Armin Wolf will wissen: „Was ist da passiert?“

Gabriele Urban von der FLÖ, deren Fraktion als Auslöser für die gesprengte Koalition gilt, bedauert den Bruch, verweist aber auf die fehlende Gesprächsbasis innerhalb der Exekutive mit GRAS und VSStÖ. Urban bereut den Schritt im Nachhinein nicht. Sophie Wotschke (JUNOS) widerspricht und wirft der FLÖ vor „sich rausgestohlen zu haben“. Eine neue linke Koalition wünscht sich Velić vom VSStÖ aber auch nach der Wahl. Keya Baier (GRAS) betont wenig überraschend, dass sie lieber über andere Themen sprechen möchte und hebt hervor, dass sie selbst bei den Streitereien nicht beteiligt war. Ihr Ziel nach der Wahl: Eine stabile linke Koalition.

Sabine Hanger ist aus dem „Kuddelmuddel“ (O-Ton Wolf) als ÖH-Vorsitzende rausgekommen und ist von einer zukünftigen Mehrheit in der Exekutive aber so weit weg wie das Podium von Einigkeit bei der Frage, was denn in der letzten Funktionsperiode eigentlich passiert ist. Hanger widerspricht dem Argument, dass die ÖH unter ihrem Vorsitz nicht vehement genug für die Studierendeninteressen aufgetreten ist und sich lieber um Selfies mit dem Wissenschaftsminister Faßmann gekümmert hat (Vorwurf vom KSV-KJÖ).

Thema #2 Was nehmen wir aus der Pandemie mit?

Matthias Kornek (RFS) beschäftigte sich zunächst damit, was er nicht mitnehmen möchte: Die vorhin angesprochenen Zugangstest für die Hochschulen. Er steht für einen offenen Hochschulzugang, „Zwangstest“ gehören nicht dazu. Danach gibt es das erste Mal sowas wie ansatzweise Einigkeit auf dem Podium, das Zauberwort lautet Digitalisierung. Die JUNOS wollen innovative Lernkonzepte vorantreiben, dazu zählen beispielsweise Podcasts. Die GRAS stimmt zumindest teilweise den JUNOS zu und sieht auch, dass die Digitalisierung nach der Pandemie beibehalten werden soll. Alle Fraktionen sind an diesem Punkt einig und wollen, dass Digitalisierung beibehalten wird, wenn auch in unterschiedlicher Intensität.

Thema #3 – Ja oder nein?

Armin Wolf verweist darauf, dass diese Diskussion (und damit auch diese Zusammenfassung) ziemlich lange dauern würde, wenn jede Fraktion zu jedem Thema sprechen würde. Deshalb werden nun Positionen mit der Hilfe von JA/NEIN-Taferln abgefragt. Sehr gut: Wir lieben Taferln und mit dem Abgang von Rudolf Anschober von der Politbühne sind diese ja auch drastisch weniger geworden.

Frage #1 – Sollen Studiengebühren für die letzten zwei Corona-Semester zurückerstattet werden?

Es herrscht Einigkeit auf dem Podium. Alle Fraktionen sind dafür.

Frage #2 – Soll die Pflichtmitgliedschaft bei der ÖH bleiben?

Die JUNOS und der RFS sind dagegen, alle anderen Fraktionen halten ihr orangenes JA-Schild in die Höhe.

Wotschke (JUNOS): „ÖH ist superweit von den Studierenden entfernt“. Den Grund sieht sie darin, dass die ÖH automatisch zu ihrem Geld kommt. Ihr Gegenvorschlag wäre, dass nach einem ersten verpflichtenden ÖH-Mitgliedschaftssemester die Studierenden freiwillig entscheiden sollen, ob sie dabeibleiben wollen oder nicht. Gabriele Urban (FLÖ) kontert und sagt, dass vor allem das Krisenjahr gezeigt hat, wie wichtig die Pflichtmitgliedschaft in der ÖH ist und sieht das als Stärke.

Frage #3 – Soll an den Universitäten sämtliche Studiengebühren abgeschafft werden?

Diese Frage bringt uns einen deutlichen Unterschied zwischen den links und rechts positionierten Fraktionen (natürlich nur auf ihren Standplatz am Podium bezogen). Der RFS, die JUNOS und die AG sind für die Beibehaltung der Studiengebühren, alle anderen Fraktionen sind dagegen.

Sara Velić (VSStÖ) sieht „Bildung als Menschenrecht“ und ihr Conclusio ist dementsprechend, dass auch der freie Hochschulzugang ein Menschenrecht sein muss. Sie fordert eine vollkommene Ausfinanzierung des Hochschulsystem und schlägt vor, dass 2% des BIP in das Hochschulsystem fließen sollen.

Frage #3 ½ Sollen an den Fachhochschulen die Studiengebühren abgeschafft werden?

Das Ergebnis ist wie bei der Frage davor: GRAS, VSStÖ, FLÖ, KSV-KJÖ und KSV-LiLi sind dafür, die restlichen drei Fraktionen sind dagegen.

Frage #4 - Soll es in bestimmen Fächern Zugangsbeschränkungen geben?

AG und JUNOS für Zugangsbeschränkungen, alle anderen Fraktionen sind dagegen.

Der RFS möchte „im Optimalfall“ keine Zugangsbeschränkungen und verweist darauf, dass es aber nicht immer möglich ist und in solchen Fällen sind Zugangsbeschränkungen als Selektion in Ordnung (Wolf vermutet, dass Kornek das falschs Taferl erwischt hat). Die Vertreterin vom KSV-LiLi sieht, dass Zugangsbeschränkungen die Menschen von Bildung abhält und ist für eine Ausfinanzierung.

Bei dieser Frage wurde dann allgemein am Podium über die soziale Durchmischung an Fachhochschulen diskutiert und ob Studiengebühren nun zur sozialen Durchmischung beitragen oder eher nicht. Fazit: Es ist kompliziert.

Frage #5 - Soll das allgemeinpolitische Mandat der ÖH abgeschafft werden?

Sabine Hanger (AG) erzählt von einer Plakataktion vergangenen Sonntag bei der sie von der ANTIFA attackiert worden ist („Das sind Radikale“). Sie will nicht, dass solche Organisationen mit ÖH-Geldern finanziert werden und ist für die Abschaffung des allgemeinpolitischen Mandats. Jessica Gasior vom KSV-LiLi hält dagegen und sagt, dass in den letzten Wochen Mitglieder von gesellschaftlich diskriminierten Minderheiten attackiert worden sind und dass es Aufgabe der ÖH sei diese Missstände zu thematisieren. Keya Baier (GRAS) fragt an Sabine Hanger von der AG gerichtet, ob es etwa nicht Aufgabe der ÖH sei Studierenden bei Problemen wie sexueller Belästigung zu helfen.

Star Wars, Machtgeilheit und Klimaschutz

Nach knapp einer Stunde kommen wir nun zu einem neuen Modus in der Diskussionsrunde. Jede Fraktion darf zwei konkrete Fragen an eine andere Fraktion stellen. Das waren am Ende des Tages ziemlich viele Fragen, deshalb hier ein Best-Of:

(Die Frage war von der AG an den RFS, welche Star-Wars-Figur der Spitzenkandidat Matthias Kornek wohl sei. Es gab aber keine Auflösung, das letzte Mal Star Wars habe er mit 6 Jahren gesehen, antwortete Kornek).

In den kommenden Tagen gibt es auf FM4 Fraktionsportraits der einzelnen Fraktionen zu hören und zu lesen:
- 6.5.: JUNOS
- 7.5.: RFS
- 10.5.: KSV-LiLi
- 11.5.: AG
- 12.5.: VSStÖ
- 13.5.: KSV-KJÖ
- 14.5.: GRAS
- 17.5.: FLÖ

#Schlussrunde

Damit sind wir bei der Schlussrunde der Diskussion angelangt. Die Frage von Armin Wolf: „Mit wem würden Sie gerne koalieren, wenn sie in die Situation kommen und mit wem auf keinen Fall und was wäre die eine wichtigste Forderung?“

Wir fassen zusammen: Niemand will mit dem RFS in eine Koalition. Praktisch: Matthias Kornek vom RFS will selbst erst überhaupt nicht in die Exekutive und sieht sich auch weiterhin als Teil der Opposition. Wichtigste Forderung bleibt, wie den gesamten Abend über, die Abschaffung des „alternativlosen Testzwang“ und Moderator Armin Wolf verortet „empfindliche Nasenlöcher“ beim Spitzenkandidaten des RFS.

Elena Ellmaier (KSV-KJÖ) möchte keine „Steigbügelhalterpolitik“ für Politik der Parlamentsfraktionen sein. Deshalb schließen sie „studierendenfeindliche Fraktionen“ wie AG und JUNOS sowie den rechtsextremen RFS aus. Sie sagt, dass Posten in der ÖH und Gespräche mit dem Minister nicht reichen, um eine Öffentlichkeit für die Interessen der Studierenden zu schaffen.

Für Jessica Gasior vom KSV-LiLi gibt es eine Koalition nur mit den linken Fraktionen. Spitzenkandidatin Jessica Gasior möchte die Studierenden in den Mittelpunkt stellen und die Prekarität der Studierenden thematisieren.

Gabriele Urban (FLÖ) schließt „am rechten Rand“ den RFS aus. Eine Forderung, die mit FLÖ fix im Koalitionsvertrag stehen würde, ist die Förderung der lokalen Vertretungsarbeit seitens der ÖH-Bundesvertretung.

Sophie Wotschke (JUNOS) schließt die beiden kommunistischen Fraktionen sowie den RFS aus. Beihilfen und Stipendien ausbauen ist die wichtigste Forderung.

Sara Velić (VSStÖ) will mit allen außer dem RFS sprechen. Oberste Priorität ist immer die „soziale Situation der Studierenden“.

Keya Baier von der GRAS schließt außer dem RFS „selbstverständlich“ niemanden aus. Besonders wichtig ist ihrer Fraktion die klimaneutrale Hochschule bis 2030.

Sabine Hanger (AG) möchte die linke ÖH verhindern und schließt für die kommende Exekutive den „links- und rechtsextremen Rand“ (KSV-KJÖ, KSV-LiLi und RFS) aus. Die wichtigste Forderung ist das österreichweite Studierendenticket um 365 Euro im Jahr.

Für alle, die diese Zusammenfassung an dieser Stelle bis zum Ende gelesen haben und passend zum Tag an dem diese Diskussion stattgefunden hat ein Star-Wars-Zitat von Leia Organa: „Irgendjemand muss doch was für unsere Rettung tun!“

Geht wählen!

In diesem Sinn: Vom 18. – 20. Mai findet die ÖH-Wahl statt, bis zum 11. Mai können noch Wahlkarten beantragt werden. In den kommenden Tagen bis zur Wahl gibt es auf FM4 einen Schwerpunkt zur ÖH-Wahl, unter anderem mit Portraits der kandidierenden Fraktionen.

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