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APA/BARBARA GINDL

Warum Kampagnen gegen Femizide wenig Wirkung zeigen

Nach jedem Femizid verspricht die Politik rasche Maßnahmen. Manchmal liegen zwischen den Femiziden und den Versprechen der Politik nur wenige Tage. Warum wirken die Maßnahmen nicht?

Von Ali Cem Deniz

Letztes Jahr wurden in Österreich 43 Menschen ermordet. Das war ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 2019 mit 65 Mordopfern. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass 31 von den 43 ermordeten Menschen Frauen waren. Damit hat Österreich eine Art Alleinstellungsmerkmal, denn in kaum einem anderen Land werden mehr Frauen ermordet als Männer. In den meisten Ländern richtet sich männliche Gewalt öfter gegen Männer.

Ungleichheit und fehlender Schutz

Auch in einer anderen Statistik herrscht Ungleichheit: In Österreich sind Frauen höher gebildet als Männer, aber verdienen weniger. Für die Soziologin Laura Wiesböck ist diese ökonomische Ungerechtigkeit ein Faktor für die hohe Femizid-Rate in Österreich. „Wir leben in einer patriarchalen Kultur, die darauf abzielt, ungleiche Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern herzustellen. In der alle Mittel dafür eingesetzt werden, um männliche Machtstrukturen aufrecht zu erhalten. Gewalt ist darin fest verankert“, schreibt die Soziologin in einem Instagram-Posting.

Es seien auch diese patriarchalen Strukturen, die dazu führen würden, dass gewalttätige Männer von Behörden nicht rechtzeitig als Gefahr eingestuft werden. Eine Kritik, die auch Klaudia Frieben vom Österreichischen Frauenring teilt: „In erster Linie ist es so, dass jetzt der Staat dafür zu sorgen hat, dass Frauen geschützt werden“, sagt sie in einer gemeinsamen Pressekonferenz der Frauenhäuser und Gewaltschutzzentren.

Kampagnen allein reichen nicht

Kampagnen allein würden nicht reichen, sagt Frieben. Es gehe auch darum, dass Expert*innen aus den betroffenen Bereichen mehr miteingebunden werden. Die mutmaßliche Ermordung einer Frau in Wien durch ihren Ex-Mann, der als „Bierwirt“ Prominenz erlangt hatte, hat einen großen medialen Aufschrei ausgelöst.

Bei einem Sicherheitsgipfeltreffen am darauffolgenden Tag im Innenministerium haben sich Innenminister Karl Nehammer und Frauenministerin Susanne Raab, beide ÖVP, mit den Landespolizeidirektionen beraten. Nicht eingeladen waren Vertreter*innen von Frauenhäusern. Beim Gipfel wurde beschlossen, dass der Datenaustausch zwischen Einrichtungen verbessert werden soll, Tatmotive sollen genauer untersucht werden. Die Polizeiinspektionen sollen mit speziell ausgebildeten Präventionsbeamt*innen ausgestattet werden. Opferschutzorganisationen haben einen Teil der Pläne begrüßt, doch in einem entscheidenden Punkt würden die neuen Maßnahme zu kurz greifen.

Jeder Femizid und jede anschließende Kampagne führen dazu, dass sich mehr Frauen bei Anlaufstellen melden. Das ist ein positiver Effekt, doch das Personal und die Ressourcen der Frauenschutz-Organisationen wachsen nicht im gleichen Maße. Deshalb würde bei der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt mittlerweile eine Beraterin allein 300 Opfer betreuen, sagt die Geschäftsführerin der Stelle, Rosa Logar. Es bräuchte 3.000 zusätzliche Arbeitsstellen und 228 Millionen Euro, um den Bedarf angemessen abzudecken.

Dabei hat der Bedarf im Corona-Jahr 2020 abgenommen. Auch die Zahl der Mordfälle und Femizide ist insgesamt gesunken. Für die „Autonomen Österreichischen Frauenhäuser“ ist das aber kein Grund zur Freude. Der Rückgang sei darauf zurück zu führen, dass Frauen in den Lockdowns noch mehr unter der Kontrolle gewalttätiger Partner stehen würden.

Die Folgen der Corona-Pandemie haben also genau jene Faktoren verstärkt, die zu Femiziden führen. Damit das Jahr 2020 nicht ein Ausreißer bleibt und die Femizid-Rate weitersinkt, bräuchte es genau jetzt Maßnahmen, die Betroffene vor Gewalt schützen.

FM4 Auf Laut – Männergewalt und Femizid: Was läuft falsch bei Österreichs Männern?

Österreich ist das einzige EU-Land, in dem mehr Frauen als Männer ermordet werden. Nach dem elften Femizid des Jahres verspricht die Politik rasche Maßnahmen, so wie schon nach dem neunten Femizid vor wenigen Tagen. Wie müssen diese Maßnahmen aussehen? Was lässt sich mit Präventionsarbeit verhindern? Warum werden in Österreich so viele Männer gewalttätig gegen Frauen?

Rainer Springendschmid diskutiert am 11.5. ab 21:00 in FM4 Auf Laut mit Betroffenen, Expert*innen und Hörer*innen.

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