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Buchcover von Barbara Kadletz "Im Ruin". Die Zeichung eines Eingangsportals eines Lokals

Edition Atelier

Lost & Found in Favoriten: „Im Ruin“ von Barbara Kadletz

In Barbara Kadletz’ Romandebüt „Im Ruin“ taucht ein Mann unter. Und zwar ausgerechnet in Favoriten. Dreh- und Angelpunkt der durchaus romantischen Geschichte ist eine Bar.

Von Maria Motter

„Die wichtigsten Dinge sind mir eher zufällig passiert. Sie haben einfach im richtigen Moment zu mir gefunden. Dann braucht man eh nur noch zuzugreifen und kann einfach rausspazieren, aus den alten Verhältnissen“, sagt Barbara Kadletz auf die Frage, wie viel Platz für Zufälle in ihrem Leben wäre. Und derart geschmeidig, wie die Buchhändlerin und Autorin ihre Offenheit der Welt gegenüber bekundet, so ist auch der Lauf der Dinge in ihrem ersten Roman „Im Ruin“.

Da sperrt die weibliche Hauptfigur Katharina ihr Lokal „Im Ruin“ nachmittags um fünf auf, serviert Frühstück und legt Musik auf und bemerkt einen neuen Gast. Ein „hollywoodmäßig“ gutaussehender Mann, bestellt das Ungesündeste auf der Speisekarte. „Einmal unser beliebtes Binge-Eating-Breakfast der Herr, kommt sofort!“ Dabei wirkt der Fremde gehetzt und wenn sein Telefon klingelt, geht er nicht ran.

Untergetaucht in Favoriten

Die Thirty-Somethings im Roman „Im Ruin“ sind mit sich beschäftigt, aber sie sind weder durchgeknallt noch abgehoben. Der neue Gast interessiert Katharina und ihre Freundin Sabina. Das Lokal mit den plüschigen Sitzgelegenheiten und den blaugrauen Wänden hatten sie ursprünglich mit einem Freund eröffnet. Dessen Abwesenheit beschäftigt Katharina schwer, sie lebt noch in Gedanken in ihrer letzten Beziehung. Aber der schöne, fremde Mann wird zum Stammgast in der Ecke und schneller, als man eine Seite umblättert, tun sich Momente auf, die romantisch aufgeladen sind.

Die Buchhändlerin und Autorin Barbara Kadletz lächelt.

Edition Atelier Wien

Barbara Kadletz ist Buchhändlerin und sie schreibt. Der Roman „Im Ruin“ ist bei Edition Atelier Wien erschienen. Ihre Geschichte „Kalte Sterne“ landete 2019 auf Platz 2 beim FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb Wortlaut. Alle Infos zu Wortlaut 2021 gibt es hier.

Dabei ist die Leichtigkeit den beiden Hauptfiguren sonst eher abhandengekommen. Katharinas Alltag in Favoriten folgt nur ihrer Arbeitsroutine und der mysteriöse Mann, der sich als Ari vorstellt, versteckt sich vor seinem alten Leben. Was es damit auf sich hat, wird erst am Romanende aufgelöst. Bis dahin wird die Sonne noch einige Male aufgehen, ein Reh am Zentralfriedhof grasen und der Böhmische Prater Schauplatz einer wilden Auseinandersetzung. Wie Barbara Kadletz ihre Romanfiguren über sich selbst nachgrübeln lässt, ist gehobene Chick-Lit aus in Wien.

Barbara Kadletz erzählt mit vielen Dialogen, Begeisterung für ihre Figuren und Verweisen auf Songs. “Bist halt ein Glückspilz, Odysseus… Ich erklär’s dir. Wir spielen Musik-Stille-Post. Einer fängt an, einen Song zu spielen, der nächste musss darauf antworten, so geht das reihum.“

Barbara Kadletz‘ Hauptintention beim Schreiben war, bei den Leser*innen ein Gefühl entstehen zu lassen, wie bei einem guten Song, der einen eiskalt erwischt. Und mit der richtigen Klangfarbe, die Atmosphäre zu beschreiben, die einem diffusen Lebensgefühl Ausdruck verleiht.

Dass sich der Gedankennebel bis zum Ende lichtet und sich viel mehr im Leben der Protagonist*innen tut als in Katharinas Vorstellung, entspricht perfekt dem Genre.

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