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Marjana Gaponenko, Nava Ebrahimi und Matthias Gruber

Miriam Kreiseder / Clara Wildberger / privat

FM4 Gästezimmer

Im Gästezimmer spielt die Wortlautjury Songs zu „Aussicht“

Marjana Gaponenko, Nava Ebrahimi und Matthias Gruber haben in ihren Plattensammlungen und Playlists nach passenden Songs zum Thema „Aussicht“ gesucht. Sie sind fündig geworden: Von Daft Punk zu Voodoo Jürgens, von New York ins Weltall, von Songs zum Autofahren zu Liedern zum Tanzen – das Ergebnis ist eine feine Stunde Musik.

Von Zita Bereuter

„Aussicht“ ist heuer das Thema von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Grund genug, dass einige aus der Wortlautjury - die Schriftstellerinnen Nava Ebrahimi und Marjana Gaponenko sowie der Vorjahresgewinner Matthias Gruber – in ihren Plattensammlungen und Playlists, vor allem aber in ihren Erinnerungen nach passenden Songs gesucht haben. Sie sind fündig geworden: Von Daft Punk zu Voodoo Jürgens, von Space Oddity zu New York, von Songs zum Autofahren zu Liedern zum Tanzen – das Ergebnis ist eine feine Stunde Musik und vielleicht die eine oder andere gute Idee zu einer Kurzgeschichte für Wortlaut ...

Marjana Gaponenko

privat

Marjana Gaponenko ist in Odessa geboren, lebt derzeit in Mainz (und selten in Wien). Veröffentlicht neben Gedichtbänden und Erzählungen die Romane „Annuschka Blume“, „Wer ist Martha?“, „Das letzte Rennen“, „Der Dorfgescheite“. 2019 zu Gast im Doppelzimmer (Die Liebe zur Erde ist Heuchelei ohne die Liebe zum Mond).

David Bowie – „Space Oddity“

Marjana Gaponenko: Ich bin in der ehemaligen Sowjetunion aufgewachsen und ein Kind der 80er Jahre. Und ich gehöre auch zu den Mädchen, die in den ersten Mann im Weltall verliebt waren, in Juri Gagarin. Ich war wirklich schwer verliebt in ihn - er hat ein süßes Lächeln und ein sehr hübsches Gesicht. Ich finde es wichtig, auch in diesen Zeiten vom Weltall träumen zu können und den Blick von der Erde zu lösen und in den Himmel zu richten. Mit diesem Song fühle ich mich in meine Kindheit zurückversetzt, in die Zeit, in der ich vom Weltall geträumt habe und Raketenstart in einem Holzfass geübt habe. Es war eine unbeschwerte, glückliche, sehr optimistische Zeit, und dieser Song gibt mir Kraft und ändert meinen Blickwinkel. Als Kind hätte ich David Bowie natürlich nicht hören können, aber er hätte fantastisch zu meiner Schwärmerei gepasst.

Jonny Cash – „Hurt“

Marjana Gaponenko: Ich habe nachgedacht und eine Aussicht ist ja etwas, was dem Blick zugänglich ist, auch dem inneren Blick. Die Vorfreude auf etwas. Im Russischen heißt das Wort Aussicht вид (vid). Es gibt einen Ausdruck, ein sehr schöner Ausdruck, wie ich finde, видать виды (vidat vidy), was so viel bedeutet wie Aussicht, manche Aussichten gesehen zu haben, nicht von vorgestern zu sein, Erfahrungen im Leben gesammelt zu haben oder, auf einen Gegenstand bezogen, abgenutzt zu sein. Da passt Johnny Cashs Song „Hurt“ meines Erachtens sehr gut dazu, weil er von den letzten Dingen handelt. Von Schuld, Verlust und Schmerz eines an der Todesschwelle stehenden Menschen und von dem, was wirklich zählt im Leben. Der Tod ist eine unausweichliche Aussicht, der wir uns alle früher oder später stellen müssen, und es ist wichtig, dass man die Augen nicht verschließt.

Lana del Rey – „Change“

Marjana Gaponenko: Ein weiterer Song, den ich sehr gerne mag und der gut zum Thema Aussicht passt, in meinen Augen, ist „Change“ von Lana Del Rey. Dieser Song erzählt über die Notwendigkeit und Ahnung der Veränderung. Leben ist Veränderung und der Mensch soll sich nicht fürchten und bereit sein und gespannt auf neue Aussichten. Darum geht es.

Nava Ebrahimi

Clara Wildberger

Nava Ebrahimi ist in Teheran geboren und lebt in Graz. Sie ist Journalistin und Schriftstellerin. Ihr Debütroman „Sechzehn Wörter“ wurde unter anderem mit dem Österreichischen Buchpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschien „Das Paradies meines Nachbarn“.

Mazzy Star – „Fade Into You“

Nava Ebrahimi: Ein Lied, das ich total mit „Aussicht“ verbinde, ist von Mazzy Star „Fade Into You“. Das ist, glaube ich, aus den frühen 90ern und ich verbinde das total mit Aussicht, weil ich hatte damals gerade den Führerschein, so einen kleinen R5 geschenkt bekommen und wir lebten im Westerwald. Das ist eine eher öde mitteldeutsche, ja so Mittelgebirgslandschaft, eigentlich ziemlich trist, und dann bin ich immer mit meinem R5 über die Landstraßen gefahren und wenn Mazzy „Fade Into You“ lief, was ja eine wahnsinnig schöne, erhabene Stimmung erzeugt, war diese Landschaft irgendwie plötzlich viel schöner.

Daft Punk – „Loose Yourself to Dance“

Nava Ebrahimi: Ich bin ein riesiger Fan von Daft Punk und mein Herz ist natürlich gebrochen jetzt im Frühjahr: Pandemie, Tristesse und dann noch die Nachricht über die Trennung. Ich habe wirklich erstmals nachvollziehen können, wie sich die Take-That-Fans damals gefühlt haben. Dennoch hoffe ich, trotz der Trennung, dass wir bald wieder so Partys feiern können, wie sie in dem Video von Daft Punks „Loose Yourself to Dance“ gezeigt wird. Das ist irgendwie eine wahnsinnig schöne, ausgelassene Stimmung und alle total gut drauf. Dieses Lied ist einfach nur wahnsinnig gut. Und ja, mit der Aussicht auf baldige Partys.

Arcade Fire – „Sprawl“

Nava Ebrahimi: Eine meiner absoluten Lieblingsbands ist Arcade Fire. Ich war auch schon, glaub ich, auf ziemlich allen Konzerten, die ich irgendwie erreichen konnte in den letzten Jahren, also ungefähr seit 15 Jahren. Deshalb musste Arcade Fire natürlich unbedingt dabei sein. Speziell das Lied „Sprawl“ ist wirklich eine Topnummer, um allein im Zimmer darauf herum zu hüpfen. Mach ich regelmäßig. Und es passt auch noch super zum Thema „Aussicht“, weil es eben diese schöne Liedzeile gibt, „Dead shopping malls rise like mountains beyond mountains“, wer sie noch nicht kennt. Sie ist schon ein paar Jahre älter, aber auf jeden Fall sehr empfehlenswert.

Matthias Gruber

Miriam Kreiseder

Matthias Gruber, Wortlautgewinner 2020, lebt in Salzburg. Herausgeber von den Salzburger Stadtmagazinen fraeuleinflora.at und QWANT. Schreibt auch dafür. Stadtführer „In und um Salzburg"mit Eva Krallinger-Gruber. Schreibt an seinem ersten Roman.

Boy – "New York“

Matthias Gruber: Also wie ich von dem Thema „Aussicht“ gehört habe, habe ich sofort an ein Musikvideo denken müssen und zwar an die Akustikversion des Songs „New York“ von Boy. Der Song ist zwar schon ein paar Jahre alt, ich weiß gar nicht genau wie alt, aber ich finde, der passt perfekt zu dieser Zeit voller Social Distancing und Lockdown und Co. Und wenn es ihn nicht schon gegeben hätte, dann hätte man den jetzt schreiben müssen.

Voodoo Jürgens - „Auf da Stroßn“

Matthias Gruber: Das ist, finde ich, so ein richtiges musikalisches Diorama, wo so ein ganzer Schaukasten im Kopf aufgeht. Als ich damals nach Wien gezogen bin, habe ich ganz zu Beginn in Floridsdorf gewohnt, in der Prager Straße. Da bin ich einfach oft Nachmittage lang am Fenster gesessen und habe auf die Straßen runtergeschaut, was sich dort so tut. Und irgendwie alles, was in diesem Song vom Voodoo Jürgens vorkommt, das hätte ich damals auch schon gern so sagen können.

Sonic Youth - „Teenage Riot“

Matthias Gruber: Ich habe den Song deswegen ausgewählt, weil für mich bei dem Wort „Aussicht“ irgendwie immer auch so ein Möglichkeitsraum aufgeht. Also ich finde eine Aussicht, das ist etwas, was irgendwo am Horizont daherdämmert, aber das noch nicht ganz da ist und das auch noch offen ist und auch noch gestaltbar. Ich finde, diese Aufbruchsstimmung, die kann man gar nicht schöner in einen Song verpacken, als Sonic Youth das getan hat mit „Teenage Riot“.

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