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Jan Delay

Thomas Leidig

Jan Delay macht die Welt mit Bässen besser

„Earth, Wind & Feiern“ heißt die neue Soloplatte von Jan Delay, mit der er zu seinen Wurzeln zurückkehrt. Zusammen mit Langzeit-Kollabo-Partner Tropf, den Musikern seiner Band Disko No. 1 und Fiji Kris von Kitschkrieg ist ein von positiver Grundstimmung geprägtes, uplifting Album zum Tanzen entstanden.

Von DJ Phekt

Vor 20 Jahren erschien mit „Searching for the Jan Soul Rebels“ die erste Soloplatte von Jan Delay. Geprägt von jamaikanischer Musikgeschichte, Tape-Delay- und Halleffekten, Bläserharmonien und ganz tiefen Bassfrequenzen markierte die Platte den Startschuss für Jan als eigenständigen Popstar mit Breitenwirksamkeit. Spielerisch hievte der (Absolute-) Beginner-Rapper mit seiner damaligen Band das Klangbild deutschsprachiger Dub- und Reggaemusik auf die nächste Ebene.

„Ich möchte nicht, dass ihr meine Lieder singt“ hieß eine der Singles. Das Gegenteil passierte. Mit Alben wie „Mercedes Dance“ oder „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“ leitete Jan Delay die Transformation zum kommerziell erfolgreichen, massenkompatiblen Eventhallen- und Stadion-Performer ein. Dabei wagte er sich mit jedem Projekt in neue musikalische Gefilde: Reggae, Disko, Funk, Udo-Lindenberg-Features und sogar Rock („Hammer & Michel“). Vor allem die gitarrenlastige letzte Platte, die im Vergleich zu den anderen Alben eher als „Flop“ bezeichnet werden darf, leitete das vorläufige Ende der live gespielten Drums in Jan Delays Musik ein.

Back to the roots

Mit dem 2016 erschienenen, sehr erfolgreichen Beginner-Comeback-Album „Advanced Chemistry“ entdeckte Jan wieder seine Liebe für die eigenen musikalischen Wurzeln, den Klang synthetischer Bass-Lines und programmierter Drums. Fiji Kris von Kitschkrieg, der ursprünglich von Denyo in den Beginner-Kosmos geholt wurde, entpuppte sich als wertvoller Neuzugang im Team, um den Sound in die Gegenwart zu holen.

Schon im Jahr vor der Pandemie entstanden die meisten Songskizzen für „Earth, Wind & Feiern“. Ein Glück, denn 2020 hätten Jan höchstwahrscheinlich die Inspiration und Motivation dazu gefehlt, wie er im Interview erzählt. So hatten er und Tropf während der diversen Lockdowns übertrieben viel Zeit für das Ausfeilen der Details, den Mix- und Mastering-Prozess. Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie viel Arbeit da teilweise in einem Instrumental steckt, empfehle ich das „Making of“ vom „Intro“ des neuen Albums.

Den Entstehungsprozess der Musik von „Earth, Wind & Feiern“ muss man sich folgendermaßen vorstellen: Livemusiker von Disko No. 1 wurden zu Sessions ins Studio eingeladen, um mit ihren Instrumenten unzählige Takes einzuspielen. Aus diesen Sessions wurden dann die stärksten und vielversprechendsten Passagen genommen. Minus dem Liveschlagzeug und Livebass, die editiert und nachträglich neu darunter programmiert wurden.

Album-Cover Jan Delay: "Earth, Wind & Feiern", sehr aufgeladen im Comic-Stil

Universal Music

Durch diese Arbeitsweise konnte man laut Jan „das Beste aus beiden Welten“ kombinieren: Harmoniewechsel, organisch gespielte Melodien, dazu modern klingende Beats, die im Club funktionieren und die man als DJ auflegen kann. Fiji Kris war für das Fine-Tuning verantwortlich, das Schrauben an den Frequenzen und die für Kitschkrieg typischen zeitgemäßen Soundeffekte, Nuancen und Akzente.

Von Jamaika zu Nile Rodgers

Gleich drei Songs des neuen Albums wurden im jamaikanischen Ska-Stil produziert. Laut Jan „die einfachste Musik der Welt zum Spielen“, zu hören unter anderem beim Song „Saxofon“, der seinen Eltern gewidmet ist, die durch ihre Plattensammlung und ihren weltoffenen Lebensstil seinen künstlerischen Weg früh geprägt haben und die ihm bis heute immer ehrliches Feedback und Kritik geben.

In Songs wie „Eule“ (feat. Marteria) oder „Spass“ (ft. Denyo) macht Jan Delay eine Zeitreise zurück in die Ära von Studio 54, mit pumpenden Disco-Beats und funky Gitarrenakzenten im Stil von Nile Rodgers.

Für das Video zu „Spass“ ist er mit seinen Beginner-Kollegen in die norddeutsche Peripherie gefahren, um ein bisschen Farbe in die Tristesse zu bringen.

Ich glaub, auch ich wär voller Hass, gäb es Musik nur ohne Bass.

Bässe machen die Welt besser

„Weiß doch jedes Kind“, antwortet Jan lachend auf die Frage, ob man das so sagen kann, „in dem Sinn, dass Tanzen die Welt besser macht, weil Menschen dadurch fröhlich und gut gelaunt werden, und so positive Energie ausstrahlen.“ Je mehr Bass ein Song hat, desto vereinnahmender (vorausgesetzt der Tieffrequenzbereich der Anlage klingt gut) wird der Sog, der von dem Song ausgeht. Eine durchaus plausible Theorie.

Neben Ska, Reggae, Dancehall (z.B. „Kinginmeimding“ feat. Summer Cem) und Disco wurde das neue Album auch von modernen, afrikanischen Musikstilen („Zurück“) und aktuellen Hip-Hop-Sounds beeinflusst.

Im Song „Lächeln“ widmet er sich dem allgegenwärtigen Selbstoptimierungstrend, ohne sich dabei selbst auszunehmen.

Alle wollen Yoga. Und alle wollen fit sein. Alle wollen Koka. Und alle wollen Bitcoin.

„Earth, Wind & Feiern“ klingt wie der Soundtrack für einen Sommer, in dem das „normale“ Leben wieder zurückkehrt. Das Ziel, von Grund auf positive, gut gelaunte Songs für die Tanzflächen zu produzieren, ist erreicht. In den kommenden Monaten darf Jan Delay mit Band bei Strandkorb-Konzerten schonmal testen, wie das neue Album live funktioniert. So richtig entfalten werden sich diese Songs dann hoffentlich bald im Rahmen größerer Shows und Festivals.

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