FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

A couple kisses during the 11th Gay Pride Parade in downtown Sofia on June 9, 2018

AFP PHOTO / Dimitar DILKOFF

mit akzent

„Liebe ist stärker als Hass“

Todor Ovtcharov erzählt von der Pride Parade in der bulgarischen Hafenstadt Burgas. Die Gegen-Demonstration war um vielfaches größer, aber das ändert sich mit jedem Jahr.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Nadja ist eine LGBTQ+ Aktivistin aus Bulgarien. Die Menschen unter der Regenbogenflagge werden in meinem Geburtsland von vielen Leuten wirklich als „anders“ wahrgenommen und sogar für gefährlich gehalten. Vor einigen Wochen wurde in der Küstenstadt Burgas eine Pride Parade durchgeführt, und Gegendemonstranten zündeten dort eine Regenbogenflagge an.

Logo Podcast Mit Akzent

Radio FM4

Mit Akzent gibt es jede Woche auch als Podcast.

Bei der Parade gab es um die 30 Teilnehmer*innen, einige von ihnen waren wie Nadja extra aus der Hauptstadt Sofia angereist. Gleichzeitig fand eine „Gegenpride“ statt mit mehr als 400 Teilnehmern, die sich als Bewahrer der „traditionellen christlichen Werte“ ausgaben. Um die beiden Gruppen zu trennen, mussten einige hundert Polizisten mit Wasserkanonen vorrücken. Die beiden Gruppen beleidigten einander und die Gegen-Demo bewarf die Pride-Teilnehmer mit Eiern, Gurken und Wasserflaschen. „Auf meinem T-Shirt steht „Fearless““, sagt Nadja, „aber ich kann nicht behaupten, dass ich mich nicht fürchte. Die Gesellschaft in Bulgarien will uns genauso bekämpfen wie die Inquisition damals die Hexen. Sie wollen uns verbrennen!“

Die bulgarische Orthodoxe Kirche betete eine Woche davor gegen die Parade. Unter den Teilnehmern der Gegenpride gab es Viele, die Kreuze in die Luft hielten. Laut den LGBTQ+-Aktivist*innen interessieren sich diese Menschen nur dann für die „christlichen Werte“, wenn sie die queere Parade auflösen wollen. „Liebe ist stärker als Hass“, stand auf den Plakaten der Pride Teilnehmer. Das hinderte sie aber nicht daran, die Gegendemonstranten heftig zu beschimpfen und sie als „Menschen mit niedrigem Intellekt und Bildung“ zu bezeichnen, was noch mehr Öl ins Feuer goss.

Fast alle politische Parteien in Bulgarien positionieren sich klar gegen Rechte für homosexuelle Paare. Darunter auch die bulgarische sozialistische Partei, deren Position sich von der Position der Parteien rechts außen kaum unterscheidet.

Nach der Pride in Burgas mussten die Teilnehmer mit Taxis und Polizei nach Hause eskortiert werden. Beide Seiten glauben, dass sie ihre Ziele erreicht haben. Die Antipride-Leute meinen, sie hätten die „Genders“ in ihre Löcher zurückgedrängt. (In der bulgarischen öffentlichen Debatte ist das Wort „Gender“ zum Synonym der LGBTQ+-Bewegung und somit zu einem Schimpfwort geworden.) Die Aktivist*innen sehen die erste Pride in Burgas auch als Erfolg, da sie gezeigt hat, dass sie keine Angst haben. Die Lage in Sofia war vor 15 Jahren die gleiche, aber mit jedem Jahr werden die Pride-Teilnehmer mehr und die Gegendemonstranten weniger.

Aktuell: