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Studieren in der Pandemie: „Die Grenze ist erreicht“

Digitale Lehre, alleine im Zimmer statt unter Kolleg*innen im Hörsaal. Und so wie es derzeit aussieht, wird das noch für eine Weile so bleiben. Student*innen lassen ihr Corona-Studienjahr unter Krisenbedingungen Revue passieren.

Von Gersin Livia Paya

Allein sein statt in Gemeinschaft. Auf den Bildschirm starren, statt in der Mensa mit anderen zu essen. Die Pandemie hat vor allem den lebendigen Teil des Student*innenlebens stark verändert.

Ein Jahr lang haben Studierende jetzt schon durchgehalten, größtenteils ohne persönlichen Kontakt zu Kolleg*innen, nur in Online Seminaren wurde gemeinsam gelernt. Auch in WG’s war vielerorts Stillstand, weil einige zurück zu den Eltern gezogen oder gar nicht erst ausgezogen sind. Viele Studierende können sich so auf Dauer nur schwer konzentrieren oder leiden unter fehlenden persönlichen Kontakten. Jetzt gibt es viele Öffnungsschritte, aber im Alltag der meisten Studierenden keine Neuerungen. Ob es wieder Präsenz-Lehrveranstaltungen mit Eintrittstests gibt und wie der Studienalltag anhand der aktuellen Richtlinien gestaltet wird, ist dem Rektorat der jeweiligen Uni oder Fachhochschule selbst überlassen. Wir haben uns unter Studierenden umgehört, wie es ihnen damit geht.

Kein Kontakt, kein Job

„Mein Institut macht nicht auf, wir haben immer noch Distance Learning, wir tun uns alle sehr schwer Kontakt zu halten und mit den Unterrichts-Einheiten per se, da alles online stattfindet“, so Malin, die Kultur- und Sozialanthropologie Studentin an der Uni Wien. Sie studiert im zehnten Semester, bei ihr hat es ein Semester gebraucht, bis sich alle „eingegrooved“ haben, sowohl Lehrende als auch Studierende. Am meisten fehlt ihr immer noch ein richtiges Feedback und „viele fühlen sich recht einsam“. Malin hat sich einzelne Kolleg*innen rausgepickt und Kontakt aufgebaut. „Ich habe im Online Tool aktiv die Leute angeschrieben, mir hat der Austausch sehr gefehlt.“

„Ich habe viel recherchiert, gelesen und geschrieben, aber auch hinterfragt, wie viel Wert es denn hat, wenn man es isoliert und alleine macht?“

Ihr Studenten-Nebenjob ist auch komplett weggebrochen. Malin hat im Eventmanagement ihr Geld verdient. Mittlerweile kommt sie ganz gut über die Runden, da sie auch weniger Möglichkeiten hatte, um überhaupt Geld auszugeben. Sie hofft auf eine Rückkehr in den Job sobald Events wieder stattfinden.

Studentin zuhause vor ihrem Laptop mit Lernunterlagen und einer Tasse Tee

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Auch Vorteile

Ein Blick nach Linz auf die FH zeigt Klara, eine Studentin im zweiten Semester Public Management, die im Distance Learning ihre Vorteile gefunden hat. Ihr Studienjahr war geprägt von 95% Fernunterricht und im Gegensatz zu vielen anderen, hat sie damit eine sehr positive Erfahrung gemacht. "Lernen ist ein individueller Prozess. Ich konnte schon in der Schule kaum stillsitzen und bin darauf gekommen, dass ich mehr vom Video-Unterricht habe wenn ich nebenbei Wohnung putze, Sport mache, spazieren gehe oder sonst was.

„Ich kann mich dabei besser konzentrieren.“

Gleichzeitig wohnen viele ihrer Studienkolleg*innen relativ weit weg, und ersparen sich durch die Fernlehre die zeitintensive Anreise, so Klara. Langsam kehrt an ihrer FH aber wieder Normalität ein. Dieses Semester fand ihr erster Präsenzunterricht nach einem Jahr und das gemeinsam mit all den Studierenden statt, die sie sonst nur von mehreren Whatsapp Gruppen kennt. Trotzdem sagt sie, „Ich habe zwar an meinem Ziel gearbeitet, meinen Titel zu erreichen, vielleicht erfolgreicher als ohne Fernunterricht aber ich habe jetzt das erste Mal das Gefühl bekommen, ich bin in einem Studiengang und studiere mit jemanden gemeinsam.“

Teststraße und Präsenzunterricht

Für Eva, die an der Angewandten in Wien, Kunst und Werken studiert, gibt es seit dem Sommersemester auch wieder Präsenzunterricht. Ihre Hochschule hat eine eigene Teststraße. „Diese Tests gelten nur für die Uni selbst, damit kann man nicht ins Kino oder sowas. Das hat für eine extreme Erleichterung bei allen Student*innen gesorgt, man wusste einfach alle im Raum sind getestet. Deswegen hat sich mein Sommersemester wie ein eher normales Semester angefühlt. Und das obwohl wir 8-9 Stunden durchgehend die Maske tragen mussten.“

Die Online Kurse sind trotzdem auch bei ihr nicht ausgeblieben: „Malerei ging am Anfang schon gut, wir haben zu Hause gemalt und die Bilder abfotografiert und dann mit den Professor*innen besprochen. Aber dieses alleine zu Hause... da fehlt mir die Inspiration.“

„Es hat eine Grenze erreicht, wo man sich sehr freut, wenn es wieder in Präsenz stattfinden kann.“

Auch für Höhersemestrige wie Sonia, die Philosophie im Doktorrat an der Uni Wien studiert, gibt es Vor- und Nachteile im Distance-Learning. Sie hat beobachtet, dass Dynamiken aufbrechen: Viele, die sonst ruhiger waren, haben sich durch die Distanz zu anderen häufiger zu Wort gemeldet. Auch die Vorlesungen wurden bei ihr durch Gast-Speaker*innen, die es sonst nicht zur Uni Wien geschafft hätten, um einiges internationaler. Aber trotzdem hat „es eine Grenze erreicht, wo man sich sehr darauf freut wenn es wieder in Präsenz stattfinden kann“, sagt sie. Wie es weitergeht? „Es gibt noch keine offiziellen Statements. Das steht alles noch in den Sternen.“

gut befüllter Hörsaal

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Effizienz versus Spaß

Volle Hörsäle und eng beieinander im Seminar sitzen? Eine Vorstellung, die Malin, der Kultur- und Sozialanthropologie Studentin, eher Angst macht. Und das, obwohl sie betont, die soziale Komponente beim Studieren zu vermissen: „Wir haben immer große Platzprobleme. Ich glaube, es könnte jetzt sehr gefährlich sein, wenn jetzt wieder alle beisammen sitzen würden. Aber ich hoffe stark auf eine hybride Lehre und hoffe auf Impfungen für uns Studierenden, damit wir uns im Wintersemester zumindest im kleineren Rahmen begegnen können.“

Sie führt weiter fort, was sich bestimmt viele Studierende und Lehrende auch denken:

„Ich würde sagen, ich war sehr effizient in den letzten Semestern, aber lustig war es nicht.“

FM4 Auf Laut: Macht Studieren noch Spaß?

Seit einem Jahr sitzen die Studierenden allein in ihren Zimmern. Gerade Studierende im ersten Studienjahr, klagen darüber, dass sie in den letzten Monaten eine Universität oder Fachhochschule kaum von innen gesehen haben.

Die Aussicht auf ein Stück Normalität ist zurückgekehrt, während die Situation für Studierende unverändert bleibt. Wie wird sich das Studium in Zukunft, zumindest in den kommenden Monaten gestalten? Wird Distance Learning weiterhin Teil der Lehre bleiben? Wie sollen junge Menschen, die finanziell darauf angewiesen sind, in Zukunft ihren Nebenjobs nachgehen, um die Kosten für ihr Studium aufbringen zu können? Macht ein Studium unter diesen Umständen überhaupt noch Spaß - und Sinn?

Darüber diskutieren wir mit Studierenden in FM4 Auf Laut, am Dienstag, 12.1. ab 21 Uhr on air und 7 Tage lang im FM4 Player. Erzähl uns davon, wie es dir gerade geht, was dir Sorgen bereitet und was du dir für die Zukunft wünscht. Anrufen und mitdiskutieren unter 0800 226 996.

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